Vorfälle verfünffacht

Judenhass: 15 Maßnahmen und ein flammender Appell

Politik
18.03.2024 13:52

Verfünffachung in Österreich seit dem Terrorakt der Hamas am 7. Oktober 2023: Ein israelisch-arabischer Publizist mahnt eindringlich vor dem grassierenden Antisemitismus. Ministerin Karoline Edtstadler präsentierte  mit der israelitischen Kultusgemeinde nun Gegenstrategien.

Die Zahl an antisemitischen Vorfällen bzw. Übergriffen steigt dramatisch. Seit dem 7. Oktober 2023, als die Terrororganisation Hamas in Israel ein Massaker unter Zivilisten anrichtete und einen Krieg auslöste.

Im Schnitt mehr als acht Fälle pro Tag
Auch in Österreich steigt die Besorgnis. „Mehr als verfünffacht haben sich die Vorfälle, insgesamt mehr als acht Vorfälle pro Tag“, so Oskar Deutsch von der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) und Verfassungsministerin Karoline Edstadler (ÖVP) am Montag. Sie präsentierten eine „Antisemitismus-Strategie Online“. Denn vor allem im digitalen Raum steigen die Übergriffe und Angriffe „explosionsartig“.

Onlineplattformen in die Pflicht nehmen
Die Strategie umfasst drei Ebenen, 15 konkrete Maßnahmen und zielt vor allem auf die Kooperation mit den Onlineplattformen, Vernetzung der Player und ein „Couragieren der Zivilgesellschaft“ ab. Hier bezieht sich Edtstadler auf Ahmad Mansour. Der israelisch-arabische Publizist war in der Vorwoche anlässlich der Verleihung des Simon-Wiesenthal-Preises im Kampf gegen Antisemitismus im Parlament zu Gast. Er sagte unter anderem, man dürfe sich nicht allein auf die sozialen Medien ausreden. Es gehe alle an.

„Habe meine Freiheit verloren“
Ahmad Mansour kommt mit Polizeieskorte angereist. Der in Israel geborene Palästinenser spricht in kleiner Runde mit Journalisten und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Auch über sehr Persönliches. „Am 7. Oktober habe ich meine Freiheit verloren. Seitdem geht ohne Polizeischutz gar nichts mehr“, sagt er.

Zurück in Deutschland, ein permanent aufgeladener Emotionspegel. Unversöhnliche, unverhohlene Worte. Und der gewaltig steigende Antisemitismus. Der komme auch von linker Seite, von rechter, und vermehrt von muslimischer. Der sogenannte importierte Judenhass. „In Deutschland gibt es Übergriffe gegen Juden selbst an Universitäten. Es werden Hörsäle besetzt, Professoren ausgeladen.“

„Entwicklungen verschlafen“
Mansour hält wenig von der aktuellen israelischen Regierung, kritisiert aber seit vielen Jahren die Muslime scharf. Er erhält Morddrohungen von vielen Seiten. Der 47-jährige Psychologe und Autor ist seit 2017 deutscher Staatsbürger und lebt in Berlin. Er spürt den Hass überall. Auch in seiner israelischen Heimat, aus der er neulich erst zurückkehrte und eine hochtraumatisierte Gesellschaft vorgefunden habe. „Ich habe diesen Film über den Überfall gesehen. Die unsäglichen Bilder. Ich weiß, man soll vorsichtig sein mit derartigen Vergleichen – aber es erinnerte mich an die Bilder der Holocaustgedenkstätte in Yad Vashem.“

Ein zentrales Narrativ trägt ihm von muslimischer Seite besonders viel Abneigung ein. „Der Islam hat sich nie in eine andere Kultur integriert. Er wird es auch nicht in Europa tun.“ Es fehle eine Reformbewegung, der „Mainstream-Islam“ sei von Öffnung und Veränderung weit entfernt. Eine düstere Bestandsaufnahme. Dennoch müsse man gegensteuern. Zusammenkommen, reden, aufklären. Bildung. Auch für Sobotka der einzige Weg. Mansour differenziert zwischen Muslimen, die vielfältig denken und agieren, auch liberal sind – und dem Islam. Säkulare Staaten hätten die Aufgabe, Muslime zu integrieren, nicht die Religion.

Haben Deutschland und Österreich Entwicklungen durch Zuwanderung verschlafen? Antwort: „Ja“. Viel zu lange habe man eine falsch verstandene Toleranz gelebt. Gefahren verdrängt.

„Menschen begleiten und erreichen“
Dennoch ist Ahmad Mansour überzeugt: „Als ein ehemaliger Antisemit, der in einem solchen Klima aufgewachsen ist, bin sicher, dass wir solche Leute erreichen können.“ Dazu zählten aber auch Pflichten. Jeder, der eingebürgert werden will, muss davor Gedenkstätten besuchen, Andersgläubige treffen. Er weiß, das alles braucht Zeit. Aber: „Wenn man die Menschen begleitet, kann man sie erreichen. Nicht immer, aber oft.“

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