„Krone“-Interview

Nino aus Wien: Elektroboote statt Bergwandern

Musik
12.03.2024 11:00

„Endlich Wienerlieder“ tauft der Nino aus Wien sein neues Werk und geht damit auf große Tour. Im „Krone“-Interview verriet er, warum er trotz seiner Umgebung heute weniger Alkohol trinkt, wieso ihn Gerda Rogers am Wasser wohnen sehen will und wie sich sein Fan-Moment mit ÖFB-Teamspieler Marko Arnautović angefühlt hat.

(Bild: kmm)

15 Jahre ist es mittlerweile her, dass der Nino aus Wien via MySpace und später FM4 sich einen Bekanntheitsgrad über die Stadtgrenzen hinaus erarbeitete. Mittlerweile ist der Liedermacher mit dem Hang zu Melancholie und Humor längst nicht mehr aus der heimischen Szene wegzudenken. Sein neues Album hat er–natürlich doppelbödig ironisch–„Endlich Wienerlieder“ getauft. Darauf huldigt er seinem Opa Rudolf, der einst als Heurigenlied-Sänger firmierte. Klassische Wienerlieder sind auf dem Album natürlich nicht zu hören, das macht aber auch die humoristische Meta-Ebene des Künstlers aus.

Der bekennende Rapid-Wien- und ÖFB-Nationalteam-Fan spielt gerne mit vergessen geglaubten Begrifflichkeiten und erzählt gleichermaßen aus dem harten Beisl, wie durch eine teilromantisierte Liebesbrille. „Endlich Wienerlieder“ ist nicht nur eine ehrfürchtige Verbeugung vor der Stadt und seiner eigenen Familie, sondern auch eine zeitlose Bestandsaufnahme diverser Ticks und Verhaltensweisen der Bewohner von Österreichs Bundeshauptstadt. Wie immer mit viel Augenzwinkern und Ninos ganz besonderem Charme vorgetragen.

„Krone“: Nino, du bist unlängst bei der Gala „125 Jahre SK Rapid Wien“ aufgetreten. Für wie viel Geld würdest du bei der Wiener Austria spielen?
Nino Mandl:
Ich würde nicht bei einer Austria-Gala spielen, spielte aber im Jüdischen Museum bei der Eröffnung der Ausstellung „Superjuden“. Da waren vor allem Austrianer anwesend. Das ganze Trainerteam und das Präsidium und ich habe „Unentschieden gegen Ried“ gespielt, worin Andi Ogris vorkommt. Man würde mich aber auch nicht fragen, ob ich bei einer Austria-Gala spielen würde.

Du bist ein großer Fan des österreichischen Nationalteams. Was sind deine Hoffnungen und Erwartungen für die EM 2024 in Deutschland?
Wir haben mit den Niederlanden und Frankreich eine Wahnsinnsgruppe gezogen. Außerdem könnte theoretisch Estland dabei sein, das ist schon heftig, die waren Gruppenletzter. Komischer Modus. Ich freue mich irrsinnig auf die EM, weil der Sommer ganz anders ist. Es ist auch was Besonderes, weil ich so etwas Jahrzehnte nicht erlebt habe. Die WM 1998 war das erste Turnier mit Österreich, das ich bewusst mitbekam. Das werde ich nie vergessen. Bei der letzten Europameisterschaft waren wir ziemlich stark und hätten fast Italien geschlagen. Es macht im Moment Spaß, der Mannschaft zuzuschauen–siehe das letzte Match gegen Deutschland. Ich halte viel vom Rangnick, der macht das schon. Ich sage, wir machen vier Punkte und kommen ins Achtelfinale. Mein Traum wäre, dann in Deutschland gegen Deutschland zu spielen, da wir da nicht chancenlos wären. Ich will aber nicht zu überheblich werden.

Wirst du dir vor Ort in Deutschland ein Spiel der Österreicher live anschauen?
Der Bewerbungsmodus für die Tickets war mir zu anstrengend. Ich hoffe, dass ich nicht zu viele Konzerte an Matchtagen habe, da wäre ich dann in einem inneren Konflikt. Ich will eigentlich kein Österreich-Match verpassen. Es wird sich schon alles ausgehen.

Kannst du für das Nationalteam genauso viel Feuer aufbringen wie für deinen Verein Rapid Wien?
Mein Manager Charlie Bader ist deklarierter Österreich-Fan. Ich habe die Liebe zum Team nie so stark verspürt wie zu Rapid. Ich war bei Österreich-Länderspielen auch sehr selten im Stadion mit dabei. Im Moment haben wir eine ziemlich starke Mannschaft, vielleicht werde ich nach dieser EM größerer Fan.

Hast du einen besonderen Lieblingsspieler? Vielleicht mehr charakterlich als spielerisch?
Ich stehe schon sehr auf Marko Arnautović und freue mich, dass er so gut bei Inter Mailand angekommen ist. Er war dort schon als junger Bub und gewann die Champions League, ohne zu spielen. Jetzt ist er ungefähr so alt wie ich, ist gereift und schießt als Joker seine Tore. Ich habe ihn mal auf der Straße gesehen und ein Foto mit ihm gemacht. Ich hoffe auch, dass wieder mehr Rapidler ins Team kommen. Matthias Seidl ist eine große Zukunftshoffnung.

Ist die Liebe zu unserem Fußballnationalteam deiner Ansicht nach die gesündeste Form des Patriotismus?
Ich glaube schon. Ich würde aber auch nicht mit der Fahne vor dem Fernseher sitzen oder mich rot-weiß-rot anmalen, auch wenn nichts dagegen zu sagen ist, wenn man das macht. Man muss Respekt vor anderen Ländern habe, ich würde auch nie eines beschimpfen.

Kannst du dir diesen Respekt auf Vereinsebene als Rapid-Fan bewahren oder ist es dort schwieriger?
(lacht) Es gibt viel zu beschimpfen–etwa die Schiedsrichter. Der Hameter, bei Rapid gegen Lustenau, war eine Katastrophe. Einfach furchtbar. Ich bin aber eher ein ruhiger Fußballfan. Mein Bruder schreit vielmehr herum als ich. Ich bin eher stiller Beobachter und es muss schon viel passieren, dass ich mal schimpfe.

Dieser Tage erscheint dein neues Album „Endlich Wienerlieder“, das im Titel natürlich ein bisschen damit spielt, dass dir die Medien und Menschen schon immer Wienerlieder angedichtet haben, obwohl das natürlich nicht der Fall war …
Du hast es verstanden. Es ist ein lustiger Titel und er steht auch so auf Seite 113 in meinem „Kochbuch Take 16“. Man kann ihn mehrdeutig sehen: Endlich macht er Wienerlieder. Oder endlich macht wieder einer Wienerlieder. Aber sind das überhaupt Wienerlieder? Die wirkliche Wienerlieder-Szene ist eine ganz andere und mir war wichtig, nicht zu probieren, traditionelle Wienerlieder zu machen. Jedes Lied hat etwas mit meiner Wahrnehmung und meiner Verbindung zu Wien zu tun–mal mehr, mal weniger offensichtlich. Ich bin sehr froh darüber, dass ich mir dieses Album gerne freiwillig anhöre, das fiel mir in den letzten Jahren schwer. „Endlich Wienerlieder“ wurde an insgesamt vier Orten, in vier verschiedenen Studios, mit verschiedenen Leuten aufgenommen, ich mag die Produktion sehr. Es ist runder als viele andere Alben.

Du huldigst auf diesem Album deinem Opa, der tatsächlich Wienerlieder gesungen hat.
Ich durfte meinen Opa Rudolf leider nie kennenlernen. Er starb 1962, als mein Vater zwei Jahre alt war. Ich habe immer gehört, dass er bei Heurigen Wienerlieder sang, aber es gibt keine Aufnahmen. Vielleicht sang er sogar ähnlich wie ich, das würde ich witzig finden. Mehr wusste ich über meinen Opa gar nicht, selbst die Ursache seines viel zu frühen Todes ist unklar. Er sang früher jeden Abend bei Heurigen und ich weiß noch nicht einmal bei welchen. Ich dachte, es wäre eine nette Geste, ihm ein Wienerlied-Album zu widmen. Es war auch mal an der Zeit als Nino aus Wien ein Wienerlied-Album zu machen. Ich habe nicht viele Informationen über ihn, aber er stammt ursprünglich aus dem steirischen Gleisdorf. Vielleicht recherchiere ich mit meinen zwei Tanten weiter, sie könnten mehr wissen.

Auf dem Opener „Koarl“ hört man auch deinen Papa Günther, der im Gegensatz zu dir und deinem Opa mit Musik nicht so viel am Hut hat.
Da der Opa nicht mehr da ist, habe ich seinen Sohn für einen Satz eingeladen und ich finde, er macht’s gut. „Bist as? Ziag ma weiter?“ hat er schön gesagt und das ganze Album hat etwas Familiäres. Ein bisschen so, wie wenn man mit Freunden zusammensitzt und Musik macht. Die Heurigen-Atmosphäre war vor allem im Studio bei Walther Soyka. Da entstanden die ruhigeren Nummern an zwei, drei schönen Abenden mit Weißwein, Liptauer und Soletti. Dann kam mein Papa auf einen Spritzer und diesen einen Satz vorbei. Die Aufnahmesessions habe ich sehr genossen, es war gemütlich und angenehm. Vielleicht höre ich das Album deshalb so gerne. Beim vorigen Album „Eis Zeit“ war viel mehr Spannung in der Luft und es gab ein paar kleinere Streitereien.

Wirst du mit fortschreitendem Alter ruhiger und gelassener?
Irgendwas passiert im Alter, aber ich bin mir noch nicht sicher, was. Vielleicht werde ich rundum bewusster. Mir früher alles viel egaler und ich habe einfach gemacht. Dort ein Album, da wieder ein Lied und langsam realisiere ich viel stärker, was ich mache. Musik und Konzerte werden mir wichtiger. Früher bin ich auf die Bühne getorkelt und habe mir nichts dabei gedacht. Die „Scheiß-mir-nix“-Zeit war auch wichtig, nur ist es gut, dass sie nicht ewig weitergeht. Ich würde heute nicht mehr auf die Idee kommen, betrunken auf die Bühne zu gehen–das kam anfangs schon oft vor.

Du schreibst deine Alben nie vorsätzlich konzeptionell, aber gab es dieses Mal mit der Familie und Wien nicht doch zwei recht klare Leitfäden?
Die Idee für so ein Wien-Album war schon vor drei, vier Jahren da, noch bevor wir „Eis Zeit“ aufgenommen haben. Ich sammelte Songs und wir haben jetzt welche verwendet, die schön älter sind und damals nirgends rauf gepasst haben. Das Lied „Mehr von Wien“ war ein wirklich bewusstes Wien-Lied, das immer diesen Vorsatz hatte. Vielleicht ist „Endlich Wienerlieder“ ein bisschen konzeptioneller als andere Alben–auch, weil es gleichzeitig mit dem Buch entstand und es Querverweise gibt. Viele Songzeilen und Songtitel kommen im Buch vor. Das finde ich ganz lustig.

Wirst du Lesung und Konzert künftig vermischen?
Nein, es gab nur eine Lesung im Rabenhof-Theater, da hatte ich davor Corona und es war sehr mühsam. Die erste Hälfte habe ich aus dem Buch gelesen und dann ein paar Lieder gesungen. Die Konzerte werden sich eher auf das Album konzentrieren. Vielleicht halte ich das Buch einmal in die Höhe.

Zum Thema „Mehr von Wien“–wovon hättest du in Wien gerne mehr und wovon weniger?
Definitiv ein bisschen weniger Wind. Der Wiener Wind kann einen wahnsinnig machen. Dieser Winter war besonders mild, aber sehr stürmisch. Wobei der Wind einen auch antreibt. In Wien sollte es mehr Hummus-Läden geben. Ich war unlängst in Budapest und da gab es wirklich gute Hummus-Bars. Das fehlt bei uns. Budapest hat ein paar mehr vegane Restaurants als Wien und das sage ich, obwohl ich selbst gar nicht vegan bin. Der Caféhaus-Kaffee wird langsam auch besser bei uns. Normal trinke ich puren Espresso, aber in Wien strecke ich ihn mit Milch, weil er nicht so gut ist. Zudem wird er immer teurer. In Italien kriegt man bessere und günstigere Kaffees. Daheim bei mir in Favoriten kaufe ich türkischen Kaffee, das ist eine gute Abwechslung. Die Atmosphäre in Wiener Caféhäusern ist aber schön und ich sitze gerne stundenlang bei einem Großen Braunen herum.

Wer ist eigentlich der „Koarl“ im ersten Lied? Eine Mischung aus mehreren, klassischen Klischeewienern?
Das ist die Frage, wer der Koarl ist. Ich kenne eigentlich gar nicht so viele, der Name ist ziemlich selten geworden. Das Album ist eine Mischung aus persönlichen und entfernten bzw. erfundenen Geschichten. Der „Koarl“ war früher ein Messerstecher, ganz schön brutal. Es stellt sich die Frage, wo sich das Lied abspielt. Wahrscheinlich in irgendeinem Tschocherl in Favoriten, aber im Endeffekt ist es ein Lied über Saufkumpanei und Freundschaft–ein Liebeslied. Wer der Koarl ist, kann jeder selbst entscheiden.

Das Saufen kann die Menschen noch immer sehr gut miteinander verbinden.
Auf dem Album kommt mehr Alkohol vor als auf den anderen Alben. Das Wien-Klischee mit der Sauferei spiele ich, aber es wird ja wirklich viel getrunken und es ist viel Wahres dran. Zum Glück trinke ich nicht so viel, darüber bin ich sehr froh.

Je nüchterner du deine Live-Shows absolvierst, umso mehr Alkohol zieht in deine Songtexte ein?
(lacht) Anscheinend. Ich trinke gerne mal ein Glaserl Wein, aber so richtig fortgehen bis 6 Uhr in der Früh, das ist sehr selten geworden. Vielleicht verarbeite ich diese Zeiten auf dem Album, das ist durchaus möglich. Etwa die „La Paloma“-Übersetzung „Auf die Wienerinnen“, die sehr düster ist. Es geht um Alkoholismus und vielleicht auch um Depressionen. „La Paloma“ findet auf hoher See statt, aber meine Version in der U-Bahn und im Beisl. Das Lied habe ich im 40er-Jahre-Film „Die große Freiheit Nr. 7“ mit Hans Albers kennengelernt. Der Film wurde nicht von den Nazis zugelassen, sondern erst später gesendet. Ich hatte wochenlang einen Ohrwurm und habe das Lied immer vor mich hin gesummt. Beim Ausräumen des Geschirrspülers habe ich dann einen Wiener Text dazu geschrieben.

Du singst in manchen Liedern mehr im Dialekt, in anderen gar nicht. Hast du das grob gesagt, thematisch aufgeteilt?
Es sind mehr Dialektlieder zu hören als auf allen anderen Alben von mir. Das liegt auch daran, dass noch ein paar Dialektsongs herumlagen, die nicht auf „Eis Zeit“ draufgepasst haben. Ich wollte weg davon, dass alles auf einem Flow basieren muss. Ich gehe von A nach D zu F nach B. Das habe ich beim Buch auch so gemacht. Man wird herausgerissen und woanders hingebeamt, ohne dass es immer eine stringente Linie gibt. Es wirkt trotzdem alles sehr rund, obwohl mir einige Leute sagten, es wäre eine blöde Idee gewesen, das Album an mehreren Orten aufzunehmen. Mit „Mond“ habe ich auch endlich eine Handyaufnahme am Album. 70 Prozent all meiner Ideen nehme ich per Sprachmemo auf und dieses Mal habe ich den Handysound endlich auf ein Album gepresst. Das Lied ist bewusst unfertig, weil es mir so sehr gut gefällt. Es ist eine Aufnahme von 6 Uhr früh, wo ich noch vom Vorabend wach war.

Du könntest mal ein ganzes Album mit Handyaufnahmen veröffentlichen.
Das habe ich mir auch schon überlegt. Da würde ich auch ziemlich viel Geld sparen.

Eine schöne Nummer auf dem Album nennt sich „Urlaub“ - ist das eine sympathische Anleitung zum Tachinieren?
Das Lied ist ein bisschen älter und kommt aus dem ersten Corona-Sommer, wo man nicht weit wegfuhr und lieber zu Hause bleiben sollte. Ich schrieb es in Hirschstetten, als ich meine Eltern besucht habe. Wir gingen damals zur Alten Donau schwimmen. Es ist ein transdanubisches Corona-Urlaubslied und sehr positiv gehalten. Weg mit den Handys, hin zur Erkenntnis, die Dinge mit Freude zu machen und das Leben zu genießen. Man muss nicht weit fahren, um ein Urlaubsfeeling zu bekommen. Auf der Alten Donau Elektroboot zu fahren kann mit einer längeren Reise nach Spanien und Italien mithalten. Ich liebe es, für mich ist das Elektrobootfahren oder Fernsehen daheim mehr Urlaub als das Reisen. Reisen ist für mich eher Arbeit.

Hat man als Wahl-Favoritner wie du manchmal noch Heimweh nach Transdanubien?
Zum Glück gibt es dafür die U1. (lacht) Im Alter will man wieder mehr zurück in die Heimat. Manchmal überlege ich mir, nach Hirschstetten zurückzukehren. Ich bin jetzt lieber dort als damals, als ich dort aufwuchs. Ich wollte früher unbedingt weg, aber das ist auch normal. Es wird in Hirschstetten so viel gebaut, dass es eine neue Skyline hat. Es gibt Hochhäuser, Wohnungen und neue Viertel. Wie wird sich das auf den Hirschstettner Badeteich auswirken, der bislang eine ruhige Idylle war? Die vielen Bewohner werden sich sicher auswirken, aber so entwickelt sich eine Stadt nun einmal.

Irgendwo muss man die Leute hinziehen lassen, die das Urbane schätzen.
Natürlich. Meine Eltern wohnen in einem Haus, das mein anderer Opa in den 60er-Jahren gebaut hat. Das war dort das erste Haus, vorher gab es nur Feld. Sie wohnen direkt im Haus am See. Ich wuchs mit dem Fenster zum Wasser auf und das hatte Auswirkungen darauf, dass ich das Wasser und das Meer so liebe. Gerda Rogers hat mir mal ein Horoskop vorgelesen, in dem stand, dass ich immer am Wasser wohnen müsste. In Favoriten wohne ich jetzt aber nicht mehr direkt am Wasser. Schauen wir mal, ob ich wieder zurückziehe.

Haben Leute, die beim Wasser aufwachsen, deshalb auch immer Sehnsucht nach dem Meer und nicht nach den Bergen?
Berge waren nie so meins, ich verstehe sie nicht.

Eine Fanwanderung in den Bergen à la Hansi Hinterseer ist mit dem Nino aus Wien also eher nicht vorstellbar?
Nicht wirklich, aber dafür eine Elektroboot-Tour auf der Alten Donau. Auf dem neuen Album habe ich sogar die Zeile „Das Meer ist herrlich, aber die Berg‘, die störn mi“. Im Lied „Waschechter Weana“.

Würdest du dich als einen waschechten Wiener bezeichnen?
Das Lied ist ein bisschen ein Witz. Ich fand es lustig, so etwas zu behaupten, denn jeder kann einer sein, der es sein möchte. Ich wollte das Lied unbedingt mit Steirern aufnehmen. Die Tuba und die Harmonika sind aus der Steiermark, um das Lied nicht zu Wienerisch zu machen. Es sagt ja schon der Name, dass ich Wiener bin und ich wollte mit der Nummer noch ein bisschen mehr auf die Wien-Tube drücken.

Du vermischst auf dem Album viele ironische und humoristische Texte mit sehr ernsten und düsteren. Fällt es dir in beiden Welten gleich leicht, zu texten und kreativ zu sein?
Das Lustigere kommt mir manchmal einfacher. Ich mag es, Songs zu schreiben, bei denen ich ein bisschen lachen kann. Das war etwa beim „Koarl“ so der Fall. Man darf sich nur nie vornehmen, ein lustiges Lied zu schreiben, das würde nicht funktionieren. Zum Glück bin ich kein Kabarettist, der davon abhängig ist, dass die Leute lachen. Da würde ich absolut versagen. In den Songs braucht man schon auch ein bisschen Schmäh, aber immer ohne Vorsatz. Viele teilen meinen Humor auch nicht. Selbst in den traurigen Liedern kann ein bisschen was Lustiges drin sein, aber das ist meine Art zu schreiben.

Du reanimierst auch Begriffe, wie das sogenannte „Schnackerl“ aka Schluckauf. Die jüngere Generation ist damit womöglich gar nicht mehr wirklich firm ...
Ich hatte mal stundenlang Schnackerl und fragte mich, wer wohl an mich denkt. Das sagt man ja so und dieses Bild finde ich schön. Als das Schnackerl wegging, musste ich es künstlerisch verarbeiten. Ich habe es dann umgedreht und singe, dass du das Schnackerl hast, weil ich an dich denke. Das Wort ist so lieb und schön. In Deutschland würde man es gar nicht verstehen. Es hat etwas Poetisches. Das Schnackerl kann auch unangenehm sein, wenn es nicht weggeht. Ich las von Leuten, die es jahrelang hatten. Ich hoffe, dass es niemanden, den ich kenne und auch nicht mir selbst, jemals passiert.

Im Song „Diamond Time“ geht es darum, man selbst zu bleiben und unbeirrbar seinem Weg zu folgen. Wem hast du diese Nummer auf den Leib geschrieben?
Das Lied habe ich für einen guten alten Freund geschrieben, es sollte ein persönliches Aufmunterungslied sein. Man kann sich natürlich angesprochen fühlen, wenn man will. Bleib einfach wild, frei, gut und stark. Ich mochte das Lied ganz gerne und es ist das einzige, das ich mit einer Gitalele, einer kleinen Mischung aus Gitarre und Ukulele gespielt habe. Dazu hört man einen kleinen, absurden Synthesizer. Es klingt wie Kinderzimmermusik. Nach Kindern, die das allererste Mal Instrumente ausprobieren. Angeblich nervt der Sound auch einige, aber so ist es jetzt. Das ganze Album ist für meine Verhältnisse fast ein Partyalbum. Es gibt viel mehr positiven Elan als früher. Auch das Negative ist sehr humoristisch verpackt, wie bei „Alles 1 Scheiss“.

Wo ja vor allem das Video sehr gelungen ist. Du in einer Frontalaufnahme, dauernd am Sudern ...
Ich wollte es ganz einfach gestalten. Ich bin kein großer Fan von Videos, weil ich immer finde, dass sie vom Song ablenken. Zumindest bei mir ist das so. Der ganze Prozess hat zehn Minuten gedauert, so mag ich Videos am liebsten.

Und wie steht es um den filmischen Bereich? Zuletzt hast du ja als erfahrener Musiker in Goigingers „Rickerl“ geglänzt.
(lacht) Das war wirklich ein schöner Dreh und ich habe mich sehr über die Einladung gefreut. Ich bin großer Fan von Goiginger und mag seine Filme gerne. Es war ein schöner Ausflug zum Küniglberg. Der Pelzmantel, die große Brille–die Rolle von jemanden, der es geschafft hat, war lustig. Ich weiß nicht, ob ich den Rickerl in der Rolle unterstützte oder verunsicherte. Vielleicht habe ich ihn zum Nachdenken angeregt, dass ich es mit meinem Pelzmantel bereits geschafft habe.

War das ein echter Nerz?
Voll, aber so etwas würde ich sonst nicht tragen. Wir haben bei der Szene viel geraucht, weil wir sie etwa zehnmal drehten und ich mir immer eine neue anstecken musste. Ich rauche heute kaum noch untertags und habe es halbwegs im Griff. Ich gewöhnte mir ab, den ganzen Tag durchzurauchen. Mir kam es zeitweise schon absurd vor, dauernd an der Tschick zu hängen. Was soll das bringen? Es ist sehr ungesund.

MiKaum mehr Alkohol, wenige Zigaretten, der Wunsch nach Hummus-Bars–was ist mit dir passiert?
Na ja, dass ich nur mehr Hummus esse, stimmt nicht. Ich war unlängst erstmals beim Figlmüller, weil ich unbedingt mal das bekannteste Wiener Schnitzelrestaurant erleben wollte. Dort waren fast nur Touristen, aber ja, das Schnitzel war solide. Ganz gut. Es war vom Schwein, das ist ja das wahre Schnitzel der Wiener Bevölkerung. Natürlich reden alle vom Kalbsschnitzel, aber wenn man essen geht oder es selbst macht, ist es meist vom Schwein. In den letzten Jahren wurde auch das Hühnerschnitzel immer populärer.

Der Nino live on stage
Mit seiner Band stellt der Nino aus Wien sein neues Album „Endlich Wienerlieder“ an einigen Terminen quer durch Österreich vor. Unter anderem am 21. März in der Wiener Arena, am 30. März im Treibhaus Innsbruck oder am 3. und 4. April im Cinema Paradiso in St. Pölten. Unter www.derninoauswien.at finden Sie alle Termine und die Karten für die Konzerte.

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