Einem aktuellen Bericht zufolge betreiben die russischen Streitkräfte einen „Schwarzmarkt“, um ukrainische Kriegsgefangene zu verkaufen. Demnach wandern die gefangen genommenen Soldaten Kiews für Geld in die Hände tschetschenischer Einheiten.
Das berichtet der US-Think-Tank „Institute of the Study of War“ (ISW) in seinem aktuellen Lagebericht. Der ukrainische Sprecher des Koordinationsstabs für die Behandlung von Kriegsgefangenen, Petro Jazenko, erklärte dazu in der britischen „Times“, dass tschetschenische, paramilitärische Gruppen ukrainische Kriegsgefangene von anderen russischen Militäreinheiten kaufen, um sie gegen tschetschenische Kriegsgefangene in der Ukraine austauschen zu können.
Tschetschenen nehmen Gefangene dankbar an
In dem Bericht heißt es weiter, die tschetschenischen Kämpfer unter Führung Ramsan Kadyrows seien trotz ihres martialischen Auftretens hauptsächlich im rückwärtigen Gebiet der Front in logistischer Funktion und als Feldjäger aktiv. Sie hätten deshalb wenige Möglichkeiten, ukrainische Kriegsgefangene festzunehmen.
Dass die relativ unabhängig agierenden Tschetschenen offenbar eigene Gefangene austauschen, lasse darauf schließen, dass sie nicht an den international ausgehandelten ukrainisch-russischen Abkommen teilnehmen.
„Es gab Fälle, in denen sie unsere Verwundeten von der russischen Armee kauften, sie nach Grosny brachten und sie dann gegen ihre eigenen austauschten“, so Jazenko weiter.
Kadyrows „TikTok-Truppe“ kaum im Fronteinsatz
Wie die „Times“ berichtet, gibt es offenbar keinen Artikel der Genfer Konvention, der einen solchen Handel ausschließt. Eine solche Praxis verstoße aber wohl gegen eine Klausel, die besagt, dass keine Vereinbarung die Lage von Kriegsgefangenen beeinträchtigen dürfe.
Schon in der Vergangenheit hatten russische Kriegsblogger den Einheiten aus Tschetschenien Inkompetenz und mangelndes Engagement vorgeworfen. So wurden sie etwa aufgrund ihrer dubiosen PR-Aktionen an der vermeintlichen Front oft auch als „TikTok-Truppe“ verspottet.
Tatsächlich agieren die Kämpfer des tschetschenischen Diktators Ramsan Kadyrow nach den heftigen Gefechten um Mariupol, Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im Jahr 2022 eher in den rückwärtigen Gebieten–nur wenige sind tatsächlich in einem aktiven Frontabschnitt im Einsatz.
Der brisante Umgang mit Kriegsgefangenen
Laut „Times“ kamen bislang im Zuge von Austauschmaßnahmen rund 2700 ukrainische Gefangene wieder frei. Im Gegenzug ist nicht ganz klar, wie viele Russen von Kiew freigelassen wurden. Schätzungen gehen davon aus, dass nach wie vor mehr als 4000 ukrainische Soldaten in der Gewalt des Kremls sind.
Zuletzt machte dabei der Fall von sieben Betroffenen Schlagzeilen: Laut Informationen aus Kiew sollen die Soldaten „mit erhobenen Händen“ regelrecht hingerichtet worden sein.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.