Mitten im Signa-Chaos:

Benko-Stiftung leistet sich Millionenpferd

Wirtschaft
09.02.2024 06:00

Ende Juli 2023 hatte René Benkos verschachteltes Signa-Konstrukt längst massive Finanz- und Liquiditätsprobleme. Trotz all der Turbulenzen fand der Signa-Kopf noch Zeit und Geld für ein so riskantes wie interessantes Investment.  

Bereits im Sommer 2023 droht René Benkos Signa in Flammen aufzugehen. Nach dem Notverkauf der Kika/Leiner-Immobilien fahndet der Finanzjongleur mit zunehmender Verzweiflung nach Geldgebern für sein finanzmarodes Firmenkonglomerat. Altkanzler Sebastian Kurz war gerade dabei behilflich, eine 100-Millionen-Dollar-Finanzspritze aus Dubai an Bord zu holen. Doch das ist nicht mehr als ein Tropfen auf dem heißen Signa-Stein. Während Benko selbst noch versucht, seine Co-Investoren rund um Hans Peter Haselsteiner zu einer Kapitalerhöhung zu bewegen, ist intern bereits klar: Signa Holding und Signa Prime, die beiden wichtigsten Konzerngesellschaften, haben das letzte Geschäftsjahr mit Milliardenverlusten abgeschlossen. Nur ein Wunder kann das Konstrukt noch retten. 

Das neue Investment
Und was macht René Benko so nebenher? Er gibt noch einmal den Investor. Nicht im Immobilienbereich. Auch nicht im Handel, wo der Spekulant aus Tirol bei Galeria Karstadt Kaufhof und Kika/Leiner eine Blutspur auf Kosten Tausender Arbeitskräfte gezogen hat. Benko kauft sich ein Pferd. Und zwar kein gewöhnliches, sondern ein Springpferd. Kostenpunkt: 2,38 Millionen Euro.

Der mittlerweile neunjährige Hengst hört laut dem der Krone vorliegenden Kaufvertrag auf den Namen „Chageorge“. Die Anzahlung von 200.000 Euro netto ist bis 21. Juli 2023 zu leisten, der große Rest am 31. Juli. Benko erwirbt „Chageorge“ über eine Laura AT 2020 Eins GmbH, eine Gesellschaft, die zu seiner Laura Privatstiftung gehört. 

Die Ratenzahlung für Kika/Leiner
Der Kauf Ende Juli besitzt Brisanz. Am 31. Juli 2023 tritt nämlich am Landesgericht St. Pölten der Gläubigerausschuss im Konkursfall Kika/Leiner zusammen. Mit besonderer Spannung erwartet wird in dem vertraulichen Gremium der Bericht des besonderen Masseverwalters, der seit Mitte Juni die Themen einer möglichen Insolvenzverschleppung sowie Zahlungsflüsse an Signa-Gesellschaften zu durchleuchten hat. Die brisante Frage lautete damals bereits: Haftet jemand für die Konkursschulden - damals „nur“ in der Kika/Leiner-Pleite. Allerdings: Es geht um viel Steuergeld - die Republik ist mit insgesamt mehr als 90 Millionen Euro größter Gläubiger. 

Wenige Wochen später steht fest: Die Signa Holding darf sich als jahrelanger Kika/Leiner-Eigentümer mit 20 Millionen Euro von allen möglichen Sünden der Möbelhandels-Vergangenheit freikaufen. Fünf Millionen fließen noch vor der Schlusstagsatzung Ende September. Der Rest soll in drei Raten kommen. Alleine diese Ratenzahlung hätte schon damals alle Alarmglocken schrillen lassen müssen. Vor allem beim Masseverwalter. Warum kann die angeblich milliardenschwere Signa Holding von René Benko die 20 Millionen nur in vier Raten abstottern?

Die fehlenden 15 Millionen
Das bittere Ende aus Sicht der Steuerzahler: Weil die Signa Holding Ende November 2023 selbst die größte Pleite der österreichischen Wirtschaftsgeschichte hinlegt, bleibt sie der Republik, also dem Steuerzahler, die versprochenen weiteren 15 Millionen Euro für Kika/Leiner schuldig.

Immerhin darf sich der beruflich krisengeschüttelte René Benko, gegen den die Republik wegen Schulden bei der Finanz einen Insolvenzantrag eingebracht hat, ab dem Sommer 2023 an einem Millionenpferd erfreuen. Wenngleich es rund um diese Transaktion Ende Juli mehrere bemerkenswerte Aspekte gibt.

Die Preisfrage
Zum einen wäre da die Preisfrage: Denn der 2,38-Millionen-Hengst „Chageorge“ hatte vor dem Kauf durch Benkos Stiftungs-Gesellschaft lediglich Preisgelder in der Höhe von 580 Euro geholt. Seit dem Eigentümerwechsel Ende Juli 2023 stehen bei 31 internationalen Turnieren 1285 Euro zu Buche. Ist „Chageorge“ ein Risiko-Investment? Immerhin wird das Pferd von Christian Kukuk geritten, einem deutschen Spitzen-Springreiter mit Olympia-Medaille aus dem berühmten Stall von Ludger Beerbaum. Der selbst mehrfache Olympiamedaillen-Gewinner Beerbaum gilt in der Szene als eine Art Michael Schumacher der Springreiter.

Zum anderen wäre da die Eigentümerfrage: Verkauft wurde „Chageorge“ laut dem vorliegenden Kaufvertrag und der Rechnung von der deutschen Reitsportanlage Dagobertshausen. Benkos Laura überweist die Rest-Rate in Höhe von knapp mehr als zwei Millionen Euro am 31. Juli per Eilauftrag auf deren Konto. So weit, so gut.

Die Rollen der Reitsportlegenden
Jedoch: Laut der Datenbank des Weltreiterverbandes FEI ist bei „Chageorge“ seit 2015 durchgehend der Züchter Paul Schockemöhle bzw. dessen Gestüt Lewitz als Besitzer eingetragen. Hat der gestrengen Reitsportvereinigung etwa niemand geflüstert, dass das Pferd im Sommer an eine Gesellschaft des österreichischen Finanzjongleurs veräußert wurde? Und zuvor der Reitsportanlage Dagobertshausen gehört haben muss?

Ebenfalls eigenartig: Vor wenigen Tagen schienen in der Datenbank die Beerbaum Stables als Besitzer auf, in deren Anlage „Chageorge“ von Christian Kukuk trainiert wird. Hat der weltweit zweiterfolgreichste internationale Springreiter eine Erklärung dafür?

Beerbaum sagt zur „Krone“: „Das ist keine bewusste Irreführung.“ Das könne „bei einer Ausfuhr“ passiert sein. Wohl ein Missverständnis. Der Züchter sei jedenfalls Schockemöhle. Und seines Wissens wären die Besitzer von „Chageorge“ die Eigentümer der Reitsportanlage Dagobertshausen.

Und wer bezahlt dann die sicher stattlichen monatlichen Kosten für „Chageorge“ im Beerbaum-Stall? „Bei mir hat sich kein Besitzer gemeldet“, erklärt Beerbaum. Das laufe alles „über einen Kontakt zu Schockemöhle“.

Offenbar ist auch Benkos Ausritt in die Weltelite des Pferdesports noch nicht zu Ende erzählt. Wo der Signa-Erfinder auftaucht, scheint die Intransparenz nicht weit. 

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