42-Jähriger verurteilt

Amok-Prozess in Linz: Einweisung in Anstalt

Oberösterreich
01.02.2024 16:37

Ein 42-Jähriger, der in Linz auf seine Frau eingestochen, auf der Flucht zwei Polizisten niedergefahren und mehrere Autos geraubt haben soll, ist laut dem psychiatrischen Gutachten von Adelheid Kastner nicht zurechnungsfähig und weiterhin gefährlich, denn: „Niemand weiß, was in seinem Kopf vorgeht.“ Urteil: Einweisung.

Der Iraker steht seit der Vorwoche in Linz vor einem Geschworenengericht. Die Staatsanwaltschaft hat eine Einweisung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum beantragt. Am Donnerstag präsentierte Kastner ihr Gutachten. „Von einem signifikanten Behandlungserfolg sind wir ganz weit weg“, sieht sie keine Alternative zu einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt.

Frau und Kinder im Meer ertrunken
Die Geschichte des Betroffenen - da er nicht zurechnungsfähig ist, wird er nicht als Angeklagter bezeichnet - ist über weite Strecken unklar, dürfte aber sehr dramatisch gewesen sein. Als Jeside ist er offenbar mit seiner Familie aus dem Irak über die Türkei in Richtung Österreich geflüchtet. Laut seinen Angaben seien die Frau und die Kinder - wie viele, ist unklar - im Mittelmeer ertrunken. In Österreich war er mehrmals in Behandlung, weil er depressiv war.

In Psychiatrie eingewiesen
Mit einer neuen Partnerin hat er zwei Kinder, er verlor aber den Kontakt - vermutlich auch, weil er immer wieder durch Aggressivität und Trinken auffiel. Er verlor auch seinen Status als subsidiär Schutzberechtigter. Einmal wurde er in die Psychiatrie zwangseingewiesen, nachdem er am Linzer Bahnhof randaliert hatte und in den Brunnen gesprungen war. In einer neuen Beziehung - mit dem Opfer der Tat, wegen der er vor Gericht steht - war er ebenfalls aggressiv und extrem eifersüchtig. Seine Eifersucht habe sich zu einem „Wahn“ gesteigert, so Kastner, „und das ist ein Krankheit“.

Einem Polizisten nahm er das Sturmgewehr ab. (Bild: Dostal Harald)
Einem Polizisten nahm er das Sturmgewehr ab.

Kein geordnetes Gespräch möglich
Den Betroffenen zu untersuchen sei „nur bedingt möglich gewesen, weil er nicht in der Lage war, ein geordnetes Gespräch zu führen“. Er habe völlig wirre Angaben gemacht. Aufgrund des „Wortsalats“, den er von sich gab, und seiner akustischen Halluzinationen diagnostizierte sie eine schizophrene Erkrankung. Zudem liege eine dissoziative Störung vor - das sei der „völlige Verlust der Erinnerung an das Vorige“. So wisse er nicht mehr, ob er Kinder hat - obwohl er zuvor jahrelang den Tod seiner Kinder im Mittelmeer beklagt habe. Laut Kastner könne dies durch tragische Erlebnisse ausgelöst werden. Eine Behandlung habe lange nicht angeschlagen, auch heute - trotz achtmonatiger Behandlung - sei er nach wie vor auffällig.

Weitere Straftaten möglich
Kastner geht davon aus, dass die Krankheit zum Tatzeitpunkt bereits „voll im Gange“ gewesen sei. „Es ist auch gut denkbar, dass einige Tathandlungen auf Befehl von halluzinierten Personen erfolgt sind.“ Was eine Prognose betrifft, so sei damit zu rechnen, dass er auch künftig schwere Straftaten begehen könnte, denn: Wenn er von den Stimmen in seinem Kopf Befehle bekomme, „dann macht er es“. Dass man bei ihm jemals zu einer Symptomfreiheit kommen werde, bezweifelt sie.

Stieftochter ging dazwischen
Der Iraker soll am 9. Jänner 2023 frühmorgens seine Noch-Ehefrau mit einem Messer lebensgefährlich verletzt und gewürgt haben. Seine elfjährige Stieftochter ging dazwischen und dürfte ihrer Mutter das Leben gerettet haben. Danach soll er einen Kollegen seiner Frau mit dem Umbringen bedroht haben. Kurz vor Mittag - es lief bereits eine Großfahndung nach ihm - sei er dann mit dem Auto direkt auf einen Kontrollposten zugerast, so die Anklage. Eine Polizistin und ihr Kollege wurden schwer verletzt.

Nur in wenigen Punkten geständig
Dann soll er sich das Sturmgewehr des bewusstlosen Beamten geschnappt und damit auf die Polizistin und mehrere Verkehrsteilnehmer gezielt haben, bis es ihm gelang, ein Auto zu rauben. Nach wenigen Hundert Metern baute er damit einen Unfall und versuchte sich neuerlich mit Waffengewalt ein Auto zu beschaffen, wurde aber schließlich von der Polizei überwältigt. Der Betroffene war nur in wenigen Punkten geständig. Er berief sich immer wieder auf Erinnerungslücken oder darauf, dass er psychisch krank sei.

Urteil ist rechtskräftig
Die Geschworenen werteten die Attacke auf die Frau mit 7:1 als Mordversuch. Einstimmig sahen sie Mordversuche an den beiden Polizeibeamten, gefährliche Drohungen gegen die Stieftochter, den Arbeitskollegen seiner Frau, mehrere Polizeibeamte und Verkehrsteilnehmer sowie mehrere Raube von Fahrzeugen und Verstöße gegen das Waffengesetz erfüllt. Einstimmig wurde auch die Frage nach der Zurechnungsunfähigkeit bejaht. Das Gericht wies den Iraker in ein forensisch-therapeutisches Zentrum ein. Das Urteil ist rechtskräftig.

Porträt von OÖ-Krone
OÖ-Krone
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