Nehammer stellt klar:

„Anpassung muss selbstverständlich sein“

Politik
27.01.2024 19:07

Karl Nehammer im „Krone“-Interview: Warum er das Kanzlerduell nur mit Herbert Kickl sieht und was er unter Leitkultur versteht.

„Krone“: Beim ÖVP-Event in Wels (siehe Video oben) war ein Name dominant - nämlich FPÖ-Chef Herbert Kickl. Hat die ÖVP den Effekt übersehen, dass Kickl so aufgewertet wird?
Bundeskanzler Karl Nehammer: Das Vorprogramm war eine Beleuchtung der politischen Szene, wo neben der FPÖ auch die SPÖ vorkam. In meiner Rede wollte ich aufzeigen, dass 2024 ein Jahr der Richtungsentscheidung zwischen einer dunklen und einer hellen gestaltbaren Zukunft wird. Die eine Gruppe lebt in einer dunklen Vergangenheit. Mir geht es darum, Mut zu machen für eine helle Zukunft.

Sie haben das Duell mit Kickl ausgerufen. In diversen Umfragen liegen sich aber acht Prozent zurück. Woher nehmen Sie den Optimismus, eine Chance zu haben?
Den nehme ich aus der aktuellen Vergangenheit. Auch Pamela Rendi-Wagner lag einige Monate auf Platz eins. Umfragen sind eine Momentaufnahme. Was anderes ist es, wie die Menschen in der Wahlkabine wählen. Als Bundeskanzler kann man sich ein Bild von mir machen, dass ich das auch lebe, wovon ich spreche.

SPÖ-Chef Andreas Babler scheint, -  zumindest für Sie - keine Rolle mehr im Duell um das Kanzleramt zu spielen. Wie kommen Sie zu dem Schluss, die Umfragen zeigen ein anderes Bild?
Ein Duell sind immer zwei. Ich bin Amtsinhaber und Kickl fordert mich heraus.

Ein Dreikampf ist auch möglich ...
Wenn man sich die Fäkalsprache von Andreas Babler anschaut, dann spricht das für sich. Da bedient sich Babler schon der Brechstange, um überhaupt mediale Aufmerksamkeit zu erreichen.

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Wenn man sich die Fäkalsprache von SPÖ-Chef Andreas Babler anschaut, dann spricht das für sich.

(Bild: APA/GEORG HOCHMUTH)

Bundeskanzler Karl Nehammer

Kommen wir zum Inhalt. Sie wollen den Regulierungswahnsinn stoppen, einen Regimewechsel in der Wirtschaft. Die ÖVP ist seit 37 Jahren in der Regierung und stellte den Wirtschaftsminister. Ist Ihre Forderung angesichts dieser Tatsache nicht eine Verhöhnung?
Ich sehe das genau gegenteilig. Wir sind nach wie vor ein guter Wirtschaftsstandort, jeder zweite Arbeitsplatz hängt am Export. Das heißt, die Wirtschaftspolitik muss bisher eine Gute gewesen sein. Aber man darf nie aufhören, daran zu arbeiten, dass man noch produktiver wird. Mir war es wichtig darzustellen, wofür Karl Nehammer und die ÖVP stehen ohne den Kompromiss.

Sie kündigen auch Steuersenkungen an. Allein die kosten 31 Milliarden Euro. Die Staatskasse ist nach der Pandemie und Energiekrise nicht gut gefüllt, denn allein um die Pensionen zu finanzieren, braucht es in den kommenden vier Jahren Zuschüsse aus dem Budget von 170 Millionen Euro. Wie soll sich das alles ausgehen?
Erstens ist unser Budget fitter, als behauptet wird. Wir liegen bei den Maastricht-Kriterien für die Verschuldung bei etwa 2,7 Prozent und liegen unter dem Limit von drei Prozent. Das haben nicht viele Länder in der Euro-Zone geschafft. Zweitens: Unser Staat hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Wenn wir Steuern senken und deregulieren, steigen das Wirtschaftswachstum und die Produktivität, das erzeugt wieder auch Steueraufkommen. Wir wollen auch Einsparen und strukturelle Subventionen zurückdrängen.  

Integration bedeutet für Sie Anpassung. Ein neues Reizwort in der Migrationsdebatte. Was verstehen Sie konkret darunter?
Anpassung bedeutet für mich, die kulturellen Spielregeln von dem Land, wo ich freiwillig hingehe, anzunehmen.

Flüchtlinge kommen nicht freiwillig ...
Alle, die nach Österreich kommen, kommen freiwillig, weil wir kein EU-Außengrenzland, sondern ein Binnenland sind. Deswegen muss Anpassung selbstverständlich sein.

Sie bekennen sich zu einer Leitkultur. Wird es ein Konzept geben, was Sie darunter verstehen?
Ich will diesen Begriff nicht den rechtsextremen Kräften überlassen. Deswegen wird Kanzleramtsministerin Susanne Raab den Auftrag bekommen, rechtliche Rahmenbedingungen auszuarbeiten, damit der Leitkultur sichtbar wird und was damit gemeint ist. 

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen, damit sich unter den rechtlichen Rahmenbedingungen genaueres vorstellen kann?
Es soll eine Orientierung geben: Was ist österreichische Leitkultur. Das fängt bei der Verfassung an und aus der Ableitung der Verfassung heraus, gibt es definierte Grundwerte und auch Symbole und auch eine Geschichte dazu, die gar nicht so kompliziert ist heraus zu destillieren. Komplex ist es, einen rechtlichen Rahmen zu finden. Ich halte es aber für notwendig, sich mit dem Thema auseinander zusetzen und damit auch ordnungspolitisch eine Orientierung zu geben. Ich möchte das Thema nicht den Extremen überlassen, die damit die Gesellschaft spalten. Österreich ist ein Land, wo die Gesellschaft immer in Bewegung war. Die Frage ist, ob es ein geordneter Prozess ist. Es braucht Ordnung im System, dann kann Toleranz und Vielfalt in der Gesellschaft wachsen. Mein Weg ist ein Gegenmodell zu der Erzählung: Wir müssen eine Mauer bauen.

Sie haben jetzt eine Woche lang Ihren Österreichplan verraten, verraten Sie uns, wann wählen wir?
Der Plan ist im Herbst. Ich habe mich nie an den Spekulationen beteiligt.

Dann sind wir gespannt, ob die Situation in vier Wochen auch noch so aussieht …
Politik ist immer ein Prozess.

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