Die Schweizer Motorrad-Ikone Thomas Lüthi hat sich am Rande des Spielberg-Wochenendes zum Interview mit der „Krone“ getroffen. Dabei hat der mittlerweile 38-Jährige über die Zukunft des Motorradsports, den Sprung für junge Talente in die MotoGP und den mangelnden Nachwuchs von Fahrern aus dem deutschsprachigen Raum unterhalten.
„Kronesport“: Thomas, wie ist deine Bestandsaufnahme der Motorradwelt momentan und der MotoGP im Allgemeinen? Wie geht es der MotoGP?
Thomas Lüthi: Also ich nehme die MotoGP immer noch als brutal spektakulär wahr. Im Grunde ist in den verschiedenen Serien wirklich viel Qualität drin und es ist enger zusammengewachsen. Die Dominanz der Marquez-Brüder macht viel Spannung kaputt, aber in den anderen zwei Klassen haben wir immer noch sehr viel Spannung. Gerade die Moto2 hat zuletzt nochmal einen großen Schritt gemacht. Das macht es auch attraktiver für die Zuschauer.
Glaubst du, dass die Marquez-Dominanz bald gebrochen werden kann und sich wieder ein engerer Kampf um den Titel ergeben wird?
Ja, spätestens in zwei Jahren dürfte es wieder spannender werden mit dem neuen Reglement in der MotoGP. Da wissen wir nicht, was schlussendlich alles passieren wird. Wir wissen nur, es wird komplett neue Motorräder geben. Das ist natürlich auch immer eine Chance für ein Werk, das jetzt noch Probleme hat, das aber eigentlich schnelle Fahrer hat. Für das kommende Jahr blicken wir aber auch schon darauf, wie Top-Talent Toprak Razgatlioglu in der MotoGP performen wird. Er ist ein Top-Fahrer, das zeigt er uns eigentlich jedes Rennwochenende. Aber wie es dann auf der MotoGP aussieht, müssen wir zuerst herausfinden.
Wie groß ist denn der Sprung für junge Fahrer in die MotoGP? Du hast es ja selbst miterlebt ...
Der Schritt von der Moto2 in die Königsklasse ist auf jeden Fall sehr groß. Auch wenn sie die anderen Serien zuletzt stark weiterentwickelt haben, ist die MotoGP immer noch eine andere Welt. Das zeigt dann auch, wie ein junger Fahrer mit diesem ganzen Druck umgehen kann.
Was erwartest du dir durch die Übernahme von Liberty Media?
Das ist alles noch so ungewiss, deshalb brodelt im Paddock schon die Gerüchteküche. Da gibt es natürlich auch Befürchtungen – etwa, dass die anderen Serien an Aufmerksamkeit verlieren und die MotoGP sozusagen zur Hauptshow stilisiert wird. Ich versuche mich da zurückzuhalten, abzuwarten und dann zu schauen, wie es wird. Es kann jedenfalls auch eine große Chance für den Sport sein.
Inwiefern?
Indem der Motorradsport nochmal an Attraktivität gewinnt. Aber dann halt wirklich alle drei Klassen. Es kann jedenfalls immer noch weiter wachsen, immer mehr werden, größer und es kann sich in eine Richtung entwickeln, die wir uns vielleicht heute gar nicht vorstellen könnten. Also, ich zumindest nicht.
Mehr Potenzial hat sicherlich auch der mögliche Fahrermarkt aus Österreich und der Schweiz. Während Italien und Spanien nach und nach Spitzenfahrer emporziehen, schaut es im deutschsprachigen Raum eher mau aus. Was kann sich da entwickeln, in den nächsten Jahren?
Da haben wir ein bisschen ein Problem, ganz klar. Und in der Schweiz, Deutschland und Österreich sitzen wir da auch ein bisschen im selben Boot. Welche Talente in Österreich schlummern und ob sie in den kommenden Jahren genug gefördert werden, dafür fehlt mir den Einblick. Aber in der Schweiz versuche ich, den jungen Fahrern so gut es geht zu helfen.
Man muss aber leider sagen, dass vom Verband her in der Schweiz gar nichts läuft. Das war schon zu meiner Zeit so und es ist heute immer noch so. Also eigentlich ist die Familie dafür verantwortlich, in den Juniorenklassen zu unterstützen. Und man versucht sich da halt ein bisschen gegenseitig zu helfen. Wir bleiben dran, ich zumindest versuche mein Teil dazu beizutragen, das ganze MotoGP-Thema in der Schweiz am Leben zu halten. Es geht darum weiter zu pushen, bis wir, hoffentlich dann irgendwann wieder mehrere deutschsprachige Fahrer in der WM haben.
Du hast die Probleme mit den Strukturen angesprochen. Hat sich da in der Schweiz etwa nichts verändert in den vergangenen Jahren, obwohl du so eine Karriere hingelegt hast?
Es hat sich nichts geändert, es ist nichts passiert. Es wird sich auch nichts ändern in dem Sinn. Das ist dann wirklich ein politisches Thema und da haben wir keine Chance. Als junger Schweizer bist du gezwungen, in Spanien zu fahren. Die haben dort die Strukturen und auch die Rennstrecken.
Kommentare
Willkommen in unserer Community! Eingehende Beiträge werden geprüft und anschließend veröffentlicht. Bitte achten Sie auf Einhaltung unserer Netiquette und AGB. Für ausführliche Diskussionen steht Ihnen ebenso das krone.at-Forum zur Verfügung. Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.
User-Beiträge geben nicht notwendigerweise die Meinung des Betreibers/der Redaktion bzw. von Krone Multimedia (KMM) wieder. In diesem Sinne distanziert sich die Redaktion/der Betreiber von den Inhalten in diesem Diskussionsforum. KMM behält sich insbesondere vor, gegen geltendes Recht verstoßende, den guten Sitten oder der Netiquette widersprechende bzw. dem Ansehen von KMM zuwiderlaufende Beiträge zu löschen, diesbezüglichen Schadenersatz gegenüber dem betreffenden User geltend zu machen, die Nutzer-Daten zu Zwecken der Rechtsverfolgung zu verwenden und strafrechtlich relevante Beiträge zur Anzeige zu bringen (siehe auch AGB). Hier können Sie das Community-Team via unserer Melde- und Abhilfestelle kontaktieren.