Auch 2025 wird keine Frau das Neujahrskonzert dirigieren und die Musikerinnen und Musiker der Wiener Philharmoniker spielen kein Stück, das von einer Komponistin geschrieben wurde. Doch was muss eine Frau tun, damit sie das weltbekannte Konzert mit dem Taktstock anführen darf? Der AMS-Chatbot und die Wiener Coachin Vera Steinhäuser nennen Wege. Vielleicht geben Frauen ja doch bald den Ton beim Neujahrskonzert an.
Jedes Jahr wird die Diskussion um eine Dirigentin beim Neujahrskonzert lauter. 2025 wird Riccardo Muti (82) zum siebten Mal das Konzert leiten. Auf X (vormals Twitter) ist diesbezüglich eine Diskussion ausgebrochen und der neue AMS-Chatbot wurde um Rat gefragt:
Was sagt die Coachin für Female Leadership zu diesem Ratschlag?
„Grundsätzlich ist der Ratschlag nicht schlecht. Die Beziehungskomponente wird klar in den Vordergrund gestellt, was ganz bestimmt der Wahrheit entspricht. Und auch der Tipp mit einer gezielten Bewerbung trifft ins Schwarze. Je konkreter wir anmelden, wohin wir wollen, umso größer werden unsere Chancen, in Betracht gezogen zu werden. In meiner Arbeit als systemische Business Coaching mit Schwerpunkt auf Female Leadership sehe ich immer noch zu oft die (falsche) Bescheidenheit, mit der Frauen am Karriere-Parkett unterwegs sind“, so Vera Steinhäuser.
„Seeing is believing“ - nachdem wir noch nie eine Dirigentin beim Neujahrskonzert gesehen haben, können wir es uns auch so schwer vorstellen. Es ist also wirklich an der Zeit, dass die Verantwortlichen auch diese Verantwortung annehmen, um dieses kollektive Bild neu zu besetzen.
Vera Steinhäuser, Coachin für Female Leadership
Bild: Theresa Kaindl
Doch es gibt auch Kritik zur Antwort, die die Künstliche Intelligenz (KI) geliefert hat: „Einzig und alleine die Genderkomponente hat die KI offensichtlich vergessen. Ich würde mal behaupten, dass diese jedoch gerade in diesem Fall eine gewaltige Rolle spielt“, so die Wienerin.
Führt nur „Freunderlwirtschaft“ zum Erfolg?
Unter den Kommentaren des Beitrags auf X haben zahlreiche Menschen die notwendige „Freunderlwirtschaft“ erwähnt. „Das Wort ist sehr negativ besetzt. Leider! Der Grund ist einfach erklärt: Oft werden gute Beziehungen über Kompetenzen gestellt, und das ist ganz einfach eine Form des Missbrauches, die ich entschieden ablehne!“, so die Coachin. „Jedoch sind Beziehungen immer relevant für das berufliche Weiterkommen. Ich will hier wirklich einstehen für einen ,Sowohl als auch‘-Zugang. Also Kompetenz UND Beziehung sind entscheidend. Ein ,Entweder-Oder‘ kann hier nicht funktionieren.“
Doch was müsste eine Frau eigentlich können, damit sie am Pult der Wiener Philharmoniker steht? „Lange Zusammenarbeit, blindes Vertrauen zwischen DirigentIn und Orchester, Affinität zu Wiener Musik und musikalische Exzellenz“, heißt es vom Vorstand Daniel Froschauer, der die erste Geige spielt. „Wie man die Affinität zur Wiener Musik beweist, ist eine andere Frage“, so die Coachin. Wichtig zu erwähnen ist, dass die Wiener Philharmoniker ein privater Verein sind und Entscheidungen demokratisch getroffen werden. Alle Musikerinnen und Musiker haben also Mitspracherecht. Anmerkung: Dass Frauen im Orchester spielen dürfen, ist seit 1997 möglich.
Ratschlag für alle Dirigentinnen
Und was würde Vera Steinhäuser Dirigentinnen raten, die eines der kommenden Neujahrskonzerte leiten wollen? „Ich würde die Dirigentin auf die Leadhers+ Academy oder ähnliche Programme aufmerksam machen, denn dort kann sie sich ganz gezielt auf diesen nächsten Schritt vorbereiten. Durch solche Ausbildungen kann sie einen individuellen, authentischen Führungsstil entwickeln und im Anschluss leben.“
Dennoch spiegelt die Entscheidung der Wiener Philharmoniker den Zustand der Gesellschaft wider. Frauen stoßen während ihrer Karriere an die gläserne Decke. Wie kann man das im Jahr 2024 verändern? „Konsequentes Aufzeigen der Missstände und Ungerechtigkeiten ist wichtig, um das kollektive Bewusstsein zu bewegen. Wir haben noch viel vor, und es wird nicht von heute auf morgen gehen. Aber genau deshalb ist es so wichtig, dass wir alle dran bleiben!“, appelliert die Expertin.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.