Gehören großflächige Datenlecks aus rot-weiß-roten Politblasen der Vergangenheit an? Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat die Sicherstellung von Handys und mobilen Datenträgern massiv eingeschränkt. Die ÖVP bejubelt den Entscheid, die Grünen wollen vor einer „zeitnahen“ Umsetzung genau hinschauen.
Künftig dürfen Ermittler keine mobilen Datenträger (Handy, Tablet, Datenstick etc.) ohne richterliche Bewilligung beschlagnahmen. Der Entscheid greift noch tiefer: Das Gericht wird künftig auch über die auszuwertenden Datenkategorien, die Inhalte und den Zeitraum bestimmen.
So soll etwa verhindert werden, dass Dritte zu Schaden kommen, deren Daten ebenfalls auf sichergestelltem Material zu finden sein können.
Die aktuelle Regelung tritt spätestens am 1. Jänner 2025 außer Kraft - diese Frist hat der VfGH gesetzt. Erfolgt eine Reparatur des Gesetzes früher, könnte es auch schneller gehen.
Edtstadler will Tempo machen
Die ÖVP, die in Sachen Handy-Beschlagnahmungen eine bewegte Vergangenheit hat, fühlt sich nun bestätigt. „Die bisherige Handhabung der Sicherstellung von Handys im Strafverfahren ist verfassungswidrig“, heißt es aus dem Kanzleramt von Sprecher Daniel Kosak.
Verfassungsschutzministerin Karoline Edtstadler will das Gesetz, für das sie „seit Jahren kämpfe“, so schnell wie möglich umsetzen. Die ÖVP-Politikerin schreibt auf der Plattform X: „Die Handydatensicherstellung muss jetzt rasch auf neue Beine gestellt werden. Wir dürfen hier keine Zeit verlieren.“ Aktuell würden mobile Datenträger einkassiert, ohne „zu differenzieren, was relevant ist für das Ermittlungsverfahren“.
Grüne wollen Entscheid „analysieren“
Justizministerin Alma Zadic (Grüne) klingt hier weniger euphorisch. Sie begrüße die verfassungsrechtliche Aufklärung und wolle den Entscheid vor einer „zeitnahen“ Umsetzung im Ministerium genau analysieren. „Wichtig ist, dass eine neue Regelung die Sicherheitsinteressen der Bevölkerung wahrt und die behördlichen Ermittlungsarbeiten nicht gefährdet.“ Deshalb hätte sie und ihr Team bereits im Vorfeld intensive Gespräche mit den Strafverfolgungsbehörden geführt, lässt Zadic mitteilen.
SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim zufolge ist es nun die Hauptaufgabe, die Wahrung der Grundrechte einerseits mit dem Bedürfnis an wirksamer Strafverfolgung andererseits in Einklang zu bringen. Die Botschaft der Genossin Richtung ÖVP: Die aktuell prominenteste Sicherstellung von mobilen Datenträgern, das Back-up des Handys von Thomas Schmid, sei bei einer richterlich genehmigten Hausdurchsuchung erfolgt.
Auch NEOS fordern schnelle Umsetzung
Die NEOS wollen einer Reparatur der aktuellen Bestimmungen nicht im Weg stehen. Die Partei twitterte: „Die Regierung ist jetzt gefordert, keinesfalls die eingeräumte Reparaturfrist auszunützen, sondern noch im ersten Halbjahr 2024 die notwendige Novelle der Strafprozessordnung in die Wege zu leiten. Wir stehen für die notwendigen Gespräche und Anträge jederzeit zur Verfügung.“
Der Präsident der Richtervereinigung, Gernot Kanduth, sprach von einer „aus grundrechtlicher Sicht sehr wichtigen Entscheidung“. Handys hätten seit der Schaffung des entsprechenden Paragrafen eine deutliche Entwicklung durchgemacht, auch die Möglichkeiten zur Wiederherstellung von Daten seien heute weiter fortgeschritten.
Dafür müsse man auch in Kauf nehmen, dass die vom VfGH gemachten Vorgaben für die Richterinnen und Richter mit Mehrarbeit verbunden sind.
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