Mobiltelefone oder mobile Datenträger dürfen nur mit entsprechender richterlicher Bewilligung sichergestellt werden. Ansonsten liegt ein Verstoß gegen das Datenschutzgesetz und das Recht auf Privatleben vor, so der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Dienstag in einem brisanten Entscheid mit womöglich weitreichenden Folgen.
Der VfGH hat mit dieser Entscheidung dem Antrag eines Kärntner Unternehmers stattgegeben, gegen den wegen des Verdachts der Untreue ermittelt wird.
Die Richter halten fest, dass es ein legitimes Ziel sei, Datenträger sicherzustellen und auszuwerten, um Straftaten zu verfolgen. Auch stelle die rasche Verbreitung neuer Kommunikationstechnologien die Kriminalitätsbekämpfung vor besondere Herausforderungen, doch entsprächen die angefochtenen Bestimmungen der Strafprozessordnung nicht den Anforderungen von Datenschutzgesetz und Europäischer Menschenrechtskonvention.
Datenträger ermöglichen umfassenden Einblick
Im Unterschied zu anderen Gegenständen ermögliche der Zugriff auf einen Datenträger nicht nur ein punktuelles Bild über das Verhalten von Betroffenen, sondern einen umfassenden Einblick in wesentliche Teile des bisherigen und aktuellen Lebens. So „können umfassende Persönlichkeits- und Bewegungsprofile erstellt werden, die detailreiche Rückschlüsse auf das Verhalten, die Persönlichkeit und die Gesinnung des Betroffenen zulassen“.
Ein Vergleich mit der Sicherstellung anderer Gegenstände sei verfehlt, weil die ermittelten Daten mit anderen Daten verknüpft und abgeglichen werden können. Unter Umständen könnten auch gelöschte Daten wiederhergestellt werden.
Besonders großer Eingriff in Datenschutz und Privatleben
Der Eingriff in den Datenschutz und das Privatleben sei besonders intensiv, weil eine Sicherstellung bereits bei einem Anfangsverdacht auf eine leichte Straftat möglich sei, betont der VfGH. Eine Sicherstellung könnte auch gegenüber einem nicht verdächtigen Dritten erfolgen. Auch seien sämtliche Personen betroffen, deren Daten auf dem sichergestellten Datenträger gespeichert sind.
Nur mit einer richterlichen Genehmigung könne überprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Sicherstellung und Auswertung vorlägen und ob die Sicherheitsbehörden ihre Befugnisse überschritten, gibt der VfGH vor. Das Gericht habe im Fall der Bewilligung der Sicherstellung auch festzulegen, welche Datenkategorien und Dateninhalte aus welchem Zeitraum zu welchen Ermittlungszwecken ausgewertet werden dürfen.
Das Gericht hat noch weitere Vorgaben für eine Neuregelung: Der Richtervorbehalt bei der Bewilligung der Sicherstellung stelle nämlich noch keinen ausreichenden Rechtsschutz für Betroffene dar. Der Gesetzgeber müsse das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung und die Grundrechte der Betroffenen gegeneinander abwägen und in Ausgleich bringen.
Die aktuelle Regelung tritt spätestens am 1. Jänner 2025 außer Kraft - diese Frist hat der VfGH gesetzt. Erfolgt eine Reparatur des Gesetzes früher, könnte es auch schneller gehen.
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