Die Hungersnot wurde vom sogenannten "Großen Sprung nach vorn" ausgelöst - einem Plan der chinesischen Führung, die industrielle Produktivität massiv zu steigern und damit die wirtschaftliche Entwicklung der Volksrepublik zu beschleunigen. Das Programm scheiterte und führte zum Hungertod von mehr als 30 Millionen Menschen.
Hungersnöte in China untersucht
Shige Song vom Queens College and Cuny Institute für demografische Forschung in Flushing im US-Bundesstaat New York ging nun der Frage nach, ob die Hungersnot das Geschlechterverhältnis bei den Geburten verschob. Er analysierte Daten einer nationalen Erhebung, bei der 1982 mehr als 310.000 chinesische Frauen zwischen 15 und 67 Jahren zu ihren Schwangerschaften und Geburten befragt worden waren. Von September 1929 bis Juli 1982 kamen demnach 830.045 Kinder zur Welt.
Song entdeckte einen abrupten Rückgang bei den Geburten männlicher Babys von April 1960 an - rund ein Jahr nach Beginn der Hungersnot. Die Mütter waren etwa im Juli 1959 schwanger geworden, also ein halbes Jahr nach Beginn der Hungersnot, berichtet Song. Die Reaktion auf die Mangel-Ernährung erfolgte demnach verzögert. Ungefähr zwei Jahre nach der Hungerphase, im Oktober 1963, kam es zu einem schnellen Anstieg der Zahl neugeborener Buben. Das herkömmliche Geschlechterverhältnis wurde binnen zwei Jahren erreicht.
Weibliche Ungeborene weniger anspruchsvoll?
Schon frühere Studien zu den Auswirkungen bei anderen Hungersnöte hatten ein ähnliches Ergebnis geliefert: In schlechten Zeiten werden mehr Mädchen geboren. Warum das so ist, wissen die Forscher nicht genau.
Ob bei einer Hungersnot zu Beginn der Schwangerschaft von vornherein mehr weibliche Embryonen im Mutterleib entstehen oder ob im Lauf der Schwangerschaft männliche Embryos und Föten seltener überleben, gehe aus den Daten nicht hervor, so die Forscher. Auch die Bedeutung in der Evolution bleibt unklar. Einer Theorie zufolge könnten Mädchen grundsätzlich weniger anspruchsvoll sein und schlechte Zeiten eher als Buben überleben.
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