Der zweite Prozesstag

Auf Anklagebank: Warum Kurz einen Elfmeter vergab

Politik
20.10.2023 18:17

Ein emotionaler Sebastian Kurz sagte am Freitag vor dem Richter aus. Hätte der Ex-Kanzler einen Aussagenotstand zugegeben, wäre der Prozess möglicherweise schon vorbei. Kurz attackierte die WKStA und Thomas Schmid.

Es war ein aufgelegter Elfmeter, den Ex-Kanzler Sebastian Kurz einfach liegen ließ.

Worum geht es genau?
Hätte er diese Chance ergriffen, wäre er möglicherweise schon am zweiten Prozesstag als unbescholtener Mann nach Hause gegangen. Richter Martin Radasztics sendete die entsprechenden Signale. Worum geht es genau? Um den sogenannten Aussagenotstand.

Die wichtigsten Ereignisse des zweiten Prozesstages können Sie hier nachlesen.

Kurz-Formulierungen waren von Angst geprägt
Vor dem U-Ausschuss kann die Unwahrheit gesagt werden, um einer strafrechtlicher Verantwortung zu entkommen. Diesen Umstand müsste man allerdings zugeben, was der Ex-Kanzler offenbar nicht zustande bringt. Dabei hatte der ehemalige ÖVP-Chef mit seinem Eingangsstatement alles perfekt für den Aussagenotstand vorbereitet. Emotional schilderte Kurz die aufgeheizte Atmosphäre 2020 beim U-Ausschuss.

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Chats, die der WKStA nicht in die Erzählung passen, werden im Strafantrag einfach weggelassen und nicht einmal erwähnt.

Kurz macht keinen Hehl daraus, dass er die Vorwürfe der Korruptionsjäger im Strafantrag nicht nachvollziehen kann

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Ich wusste, dass die Opposition mich nicht nur anpatzen wollte, sondern sie wollte mich zerstören und in ein Strafverfahren hineinziehen. Ich stand unter enormen Druck. Angst hat meine Formulierungen geprägt.

Sebastian Kurz über die Stimmung im U-Ausschuss im Juni 2020

Souveräner Richter
Er sei zu wenig vorbereitet in den U-Ausschuss gegangen, gab er zu. Der Druck war groß, weil er wusste, dass die „Opposition ihn vernichten wollte“. Er habe nicht gelogen, aber seine „Formulierungen waren von Angst vor Strafverfolgung geprägt“. - In diesem Punkt hakt der Richter ein. „Ich soll überprüfen, ob Sie im Aussagenotstand waren. Aber das setzt eine falsche Aussage voraus. Wenn Sie vor mir sitzen und sagen, sie haben eh richtig ausgesagt, dann kann ich das nur spekulativ prüfen.“

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Ich soll überprüfen, ob Sie im Aussagenotstand waren. Aber das setzt eine falsche Aussage voraus. Wenn Sie vor mir sitzen und sagen, Sie haben eh richtig ausgesagt, dann kann ich das nur spekulativ prüfen.

Richter Michael Radasztics zum Thema Aussagenotstand

Kurz strebt Freispruch an
Das wäre der Moment gewesen, wo Kurz über seinen Schatten hätte springen müssen, um den Aussagenotstand einzugestehen. Doch der Ex-Kanzler strebt einen glatten Freispruch an, einen „Persilschein“. Er beharrt darauf, dass er sich im U-Ausschuss bemüht habe, wahrheitsgemäß auszusagen. Kurz benannte in seiner Aussage vor allem zwei Feindbilder - die WKStA und Thomas Schmid. Um die Bestellung von Schmid zum Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG und die Frage, inwieweit war Kurz eingebunden war, dreht sich der Prozess.

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Ich hätte das für Wahnsinn erachtet, wenn Thomas Schmid auch noch Aufsichtsratschef von der OMV und dem Verbund geworden wäre. Ich habe mit dem Chat aussagen wollen: ,Krieg einmal den Hals voll!‘

Kurz erklärt seinen Chat an Thomas Schmid: „Kriegst eh alles, was du willst“

„Wenn der Thomas Schmid damals mit mir über die Bestellung gesprochen hat, dann kann ich Ihnen versichern, es war für ihn wichtiger als für mich“, entgegnete Kurz den Vorwürfen der WKStA, er habe im U-Ausschuss seine aktive Rolle bei der Besetzung verschwiegen. Schmid habe den Hals nicht vollkriegen können, was der Ex-Kanzler mit der Chat-Nachricht „Kriegst eh alles, was du willst“ zum Ausdruck bringen habe wollen. Dieser habe nämlich „den Aufsichtsratsvorsitz bei allen Beteiligungen angestrebt.“

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Es ist sehr bedauerlich Herr Kurz, dass sie draußen verkünden, dass Ihnen die Aufklärung so sehr am Herzen liegt, während Sie hier keine Antwort geben.

WKStA-Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic zu Sebastian Kurz

„Das haben Sie sich aufs Aug' drucken lassen?“
Keine Unterstützung will Kurz von Schmid bei der Bestellung der ÖBAG-Aufsichtsräte erhalten haben. Er habe ja den Unternehmer Siegfried Wolf favorisiert, betonte Kurz: „Thomas Schmid wollte keinen starken Aufsichtsrat.“ Und: „Er bekämpfte den Wolf.“ Der Richter zeigte sich erstaunt: „Und das lassen Sie sich alles aufs Aug' drücken?“

Auf die Fragen der WKStA schwieg Kurz dann beharrlich. Sein Anwalt Otto Dietrich stellt den Antrag, Thomas Schmid als erste Auskunftsperson zu befragen, was der Richter und die WKStA befürworten. Fortsetzung am Montag.

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