Analphabetismus als große Herausforderung: Sieben von zehn Flüchtlingen in Österreich haben Alphabetisierungsbedarf, wiederum die Hälfte davon kann auch in der eigenen Muttersprache weder schreiben noch lesen. Das legt der aktuelle Integrationsbericht, der am Donnerstag präsentiert wurde, offen. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) denkt nun laut über eine Leistungspflicht bei Deutschkursen nach, um die Integration von Zugewanderten in den Arbeitsmarkt zu forcieren - und droht sogar mit der Kürzung der Sozialhilfe.
Bei den Syrern ist der Anteil an Analphabeten laut Integrationsbericht mit 78 Prozent am höchsten. Dass der Alphabetisierungsbedarf zugenommen habe, bestätigte auch die Vorsitzende des Integrationsbeirats, Katharina Pabel. Diese Gruppe stoße zwar auf ein gutes System, es liege jedoch auf der Hand, dass sie ein bestimmtes Deutschniveau nur schwer erreichen können.
„Deutschangebot flexibilisieren“
Daher plädiert Pabel für eine Flexibilisierung des Deutschangebots, etwa die vom Integrationsfonds (ÖIF) angebotenen Online-Deutsch-Lerneinheiten, die unter anderem auf Einstiegsjobs zugeschnitten sind.
Fokus auf Jugendliche mit Migrationshintergrund gerichtet
Überhaupt müsse die Aufmerksamkeit vor allem auf Jugendliche gelegt werden, so Pabel. Daher habe sich auch der Expertenrat im heurigen Bericht diesen Schwerpunkt ausgesucht. Ziel müsse sein, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund bei Bildung, Integration in den Arbeitsmarkt und sozialer Integration Chancengleichheit erfahren. Die Auswertung der Daten zeige nämlich, dass Migranten schlechter abschneiden als Jugendliche ohne Migrationshintergrund. Viel weniger oft absolvieren sie eine Lehre oder wechseln in höher bildende Schulen, so Pabel. Als Maßnahme schlägt der Expertenrat etwa eine systematischere und kontextbezogenere Berufsberatung vor.
Ziel muss sein, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund bei Bildung, Integration in den Arbeitsmarkt und sozialer Integration Chancengleichheit erfahren.
Katharina Pabel, Vorsitzende des Integrationsbeirats
Raab will Leistungspflicht bei Deutschkursen
Integrationsministerin Raab denkt bereits laut über eine Leistungspflicht bei Deutschkursen nach, um die Integration von Zugewanderten in den Arbeitsmarkt zu forcieren. Derzeit gelte lediglich eine Teilnahmepflicht, um die Sozialhilfe nicht zu verlieren. Sie könne sich vorstellen, dass in einem bestimmten Zeitraum ein „gewisses Sprachniveau“ erreicht werden müsse, um die Sozialhilfe zu behalten, sagte Raab bei der Präsentation des Integrationsberichtes.
Ich habe kein Verständnis dafür, dass viele trotz zahlreicher Kurse nicht den Sprung in den Arbeitsmarkt schaffen und stattdessen in einer Endlos-Kurs-Schleife hängen.
Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP)
Sozialleistungen: Kommt Wartefrist für Neuzugewanderte?
„Wir denken darüber nach, wie man das gesetzlich abbilden kann“, erklärte die Integrationsministerin. Gleichzeitig sprach sie sich abermals für eine Wartefrist für Sozialleistungen für Neuzugewanderte in Österreich nach dänischem Vorbild aus. Schließlich soll nicht das hiesige Sozialsystem der Anreiz für Zuwanderung sein.
„Endlos-Kurs-Schleife“
Sie habe „kein Verständnis“ dafür, dass viele trotz zahlreicher Kurse nicht den Sprung in den Arbeitsmarkt schaffen und stattdessen „in einer Endlos-Kurs-Schleife hängen“, sagte Raab. „Ich halte es, gerade bei der derzeitigen Arbeitsmarktsituation, für inakzeptabel, dass Menschen Jahre im Sozialhilfesystem verweilen.“ Dabei gehe es nicht immer um „Deutsch auf Hochschulniveau“, sondern um Basiskenntnisse.
2,35 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund
Mittlerweile weist jede vierte Person hierzulande Migrationshintergrund auf. Wie Tobias Thomas, Generaldirektor der Statistik Austria, erläuterte, lebten 2022 2,35 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Österreich. Der Anteil jener, deren Eltern beide im Ausland geboren sind, stieg von 25,4 Prozent im Jahr davor auf nunmehr 26,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.
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