„Funktioniert nicht“

Grenzstreit: Slowenen lockern, Kanzler bleibt hart

Politik
13.06.2023 15:45

Das Positive zuerst: Kroatien-Urlauber dürfen aufatmen - Slowenien will trotz massiv gestiegener Migrantenzahlen keine Grenzkontrollen zu Kroatien einführen. „Natürlich nicht“, sagte der slowenische Ministerpräsident Robert Golob am Dienstag nach einem Treffen mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Wien. Für den slowenischen Ministerpräsidenten seien Grenzkontrollen nämlich „nicht wirksam“. Golob fordert auch ein Aus der österreichischen Kontrollen an Sloweniens Grenze - aber Nehammer bleibt hartnäckig. Ihm zufolge funktioniere der Schengen-Raum nicht (siehe Video oben).

Das österreichische Innenministerium hatte aktuelle Migrationszahlen aus Slowenien verbreitet, wonach die illegalen Grenzübertritte in das Nachbarland heuer „dramatisch“ gestiegen seien. Bis Anfang Juni hätten die slowenischen Behörden 16.131 Personen aufgegriffen, während es im Vergleichszeitraum des Vorjahres 4598 Personen gewesen seien.

Kontrollen auch für österreichische Touristen?
Golob stellte diesbezüglich „die rhetorische Frage“, ob Slowenien diese Zahlen zum Anlass nehmen sollte, „um während der Urlaubssaison Kontrollen bei der Rückkehr österreichischer Touristen einzuführen. Das sagt uns wohl alles über die Sinnhaftigkeit dieser Kontrollen.“

Der slowenische Ministerpräsident Robert Golob mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Wien (Bild: APA/EVA MANHART)
Der slowenische Ministerpräsident Robert Golob mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Wien
Golob fordert ein Aus der Grenzkontrollen an Sloweniens Grenze. Nehammer bleibt aber hart. (Bild: APA/EVA MANHART)
Golob fordert ein Aus der Grenzkontrollen an Sloweniens Grenze. Nehammer bleibt aber hart.

Registrierungen der Migranten sei wirksamer
„Wir wollen weder unsere eigene Bevölkerung noch unsere Nachbarn mit Maßnahmen treffen, die nicht wirksam sind“, sagte Golob. Die hohe Zahl an Aufgriffen in Slowenien würde nämlich zeigen, dass andere Maßnahmen im Kampf gegen illegale Migration wirksamer seien. „Wir registrieren alle Migranten. Die Zahlen sind bei uns sehr hoch, weil wir sie registrieren. Dieser Prozess ist wesentlich wirksamer als Grenzpunktkontrollen.“

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Wir registrieren alle Migranten. Die Zahlen sind bei uns sehr hoch, weil wir sie registrieren. Dieser Prozess ist wesentlich wirksamer als Grenzpunktkontrollen.

Der slowenische Ministerpräsident Robert Golob

Der slowenische Premier hob in diesem Zusammenhang Dänemark hervor, das im Mai auch die Grenzkontrollen zu Deutschland aufgehoben habe und stärker auf Hinterlandkontrollen setze. Ähnlich sollen nun auch Österreich, Slowenien und Kroatien in einer gemeinsamen Initiative vorgehen. „Slowenien will Schengen nicht aufheben. Wir wollen ein Vorbild dafür sein, dass man mit den Migranten auch anders umgehen kann“, so Golob.

Einig sind sich die beiden Poltiker nicht ganz. Sowohl bei der EU-Asylreform als im Drängen auf eine rasche EU-Annäherung des Westbalkan präsentierten sich die beiden einträchtig. (Bild: APA/EVA MANHART)
Einig sind sich die beiden Poltiker nicht ganz. Sowohl bei der EU-Asylreform als im Drängen auf eine rasche EU-Annäherung des Westbalkan präsentierten sich die beiden einträchtig.

Nehammer begrüßte Golobs Vorschlag. Er werde Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) „den Auftrag geben, die Kooperation mit Slowenien zu erweitern“, sagte der Regierungschef. Zugleich bekräftigte er die österreichische Position, dass die Grenzkontrollen an der slowenischen Grenze notwendig seien. Auch heuer habe es wieder 18.000 Asylanträge in Österreich gegeben, und auch von diesen Migranten sei „der Großteil“ nicht zuvor in einem anderen EU-Staat registriert gewesen. Dies zeige, dass der Schengen-Raum „nicht funktioniert“.

Kontrollen im Herbst wieder auf Prüfstand
Nehammer ließ durchblicken, dass die Grenzkontrollen zu Slowenien im Herbst wieder auf den Prüfstand kommen könnten. „Wenn es uns gelingt, den Druck zu reduzieren, kann man darüber reden“, sagte er unter Verweis auf die jeweils sechs Monate geltende Maßnahme.

Kein Grund für Kontrollen in Italien
Auf eine Frage der APA räumte der Kanzler ein, dass es wegen der „strengen Überwachung“ der slowenischen Grenze zu einem „Umgehen“ in Richtung Italien komme. Anlass für die Einführung von Grenzpunktkontrollen an der österreichisch-italienischen Grenze sieht er aber nicht. Diesbezüglich argumentierte er mit der „hohen Schwarzmarktstatistik“ in Italien, der Schleierfahndung am Brenner sowie, dass es auf der Route über das Kanaltal (zwischen Tarvis und Udine) „keine deutliche Erhöhung“ gegeben habe.

Abgesehen vom Grenzkontrollstreit schien zwischen Golob und Nehammer kein Blatt Papier zu passen. Sowohl bei der EU-Asylreform als im Drängen auf eine rasche EU-Annäherung des Westbalkan präsentierten sich die beiden einträchtig.

Besuch bei Nationalratspräsident Sobotka
Der seit Ende Mai 2022 amtierende Golob hält sich zu seinem ersten Besuch in Österreich auf. Nehammer empfing ihn am späten Vormittag mit militärischen Ehren vor dem Bundeskanzleramt. Am Nachmittag stand ein gemeinsamer Stadtspaziergang auf dem Programm. Nach einem Mittagessen war noch ein Besuch bei Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka angesetzt.

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