Mit gehöriger Corona-Verspätung steigen die schwedischen Kriegs-Heavy-Metaller Sabaton am 7. Mai auf die Bühne der Wiener Stadthalle. Ihre Show changiert zwischen fragwürdiger Geschichtsästhetik und bübischem Explosionsspaß. Gitarrist Tommy Johansson und Drummer Hannes Van Dahl geben Einblick in die Maschinerie der derzeit wohl größten Heavy-Metal-Band Europas.
Riesige Bühnenpanzer, martialisch kriegerische Schlachtanzüge und Feuerfontänen ohne Ende - wer das schleichende Ende von Gitarrenmusik im Allgemeinen und Heavy Metal im Besonderen prophezeit, der hat sich mit ziemlicher Sicherheit noch nicht mit Sabaton befasst. Mit dem vor gut einem Jahr veröffentlichten Studioalbum „The War To End All Wars“, das konzeptionell den Ersten Weltkrieg beleuchtet, erreichte das schwedische Quintett bei uns erstmals Platz eins der Albumcharts, live feuerte man mehrmals im Wiener Gasometer und bei den gängigen Krawall-Festivals aus allen Rohren und international hat sich die Combo aus dem provinziellen Falun mit harter Arbeit, Einsatz und viel Leidenschaft zur vielleicht größten Heavy-Metal-Band der Gegenwart hochgearbeitet.
Historische Faktentreue
Mit den kriegslüsternen Texten und den maskulinen Auftritten befriedigt man offenbar so manch rustikale Sehnsüchte, wobei man in den deutschsprachigen Ländern inhaltlich und thematisch natürlich sehr schnell an den Pranger gestellt wird. So haben die sympathischen und grundsätzlich bodenständigen Schweden nicht nur Fans in unseren hiesigen Breitengraden. „Uns war es immer wichtig, historisch bei den Fakten zu bleiben. Dann kann man auch nicht falsch machen“, erklärt uns Drummer Hannes Van Dahl im Interview. Er ist seit zehn Jahren mit an Bord und bekräftigt, dass es bei den Skandinaviern niemals um eine bestimmte Richtungsauslegung ging. „Wir positionieren uns nicht, sind fernab jedweder Politik. Viele furchtbare Dinge sind aber nun einmal passiert und Fakt. Diese Dinge beleuchten wir, weil sie uns interessieren und weil wir sie musikalisch gut umsetzen können. Wir sind wie ein Geschichtsbuch mit verzerrten Gitarren und falsch verstanden wurden manche Songs von uns auch schon woanders.“
Der Motor Sabatons besteht aus zwei Personen. Sänger Joakim Brodén ist Haupttexter, Musiker und die schillernde Figur nach außen. Bandgründer und Bassist Pär Sundström das kreative Marketinggenie, das aus Sabaton die größte Metalband der Gegenwart geformt hat. Es gibt ein eigenes Sabaton-Magazin, man arbeitet seit geraumer Zeit mit Historikern zusammen, dazu finden Fan-Conventions und eigene Schiffsreisen mit der Band statt. Geschichtsinteresse wird aber nicht von allen Mitgliedern verlangt, wie Gitarrist Tommy Johansson erklärt, der mit Eintritt 2016 das Bandbaby ist. „Hannes und ich setzen uns Freitagabend nicht mit einem frischen Bier auf die Couch und schlagen die Geschichtsbücher auf“, lacht der 35-Jährige, „ich sammle Ninja Turtles und bastle Titanic-Modelle nach. Ich mochte Geschichte zwar immer gerne, so tief wie Pär und Joakim werde ich mich aber nie in die Thematik einlesen.“
Bier und Spaß
Die Erfolgsrezeptoren sehen die beiden Jungspunde vielfältig aufgeteilt. „Wir singen über Dinge, die in der Realität passiert sind und mit denen sich jeder identifizieren kann. Viele werden an ihre eigene Geschichte oder ihre Vorfahren erinnert“, so Johansson, „und dann liegt es natürlich auch an der Musik selbst. Sabaton sind eine sehr melodische und eingängige Band. Natürlich spielen wir Heavy Metal, aber wir wurden auch von ABBA und Klassik inspiriert. Es ist wahrscheinlich auch für Nicht-Metal-Fans möglich, sich in unsere Musik einzufinden.“ Van Dahl sieht den Erfolg in der Authentizität begründet. „Wir sind einfache Leute und haben viel Spaß. Willst du ein gutes Bier trinken und Spaß haben, dann komm zu uns. Es ist auch keine Voraussetzung, dass du dich für Geschichte interessiert oder ein Kriegslexikon bist. Wir sind aufrichtig und leidenschaftlich - und das schwappt auf die Leute über.“
Während die Bandmitglieder trotz all der schweren und kantigen Texte sehr viel Humor mitliefern, nimmt man das Drumherum sehr ernst. Alles scheint einem akribisch genauen Business-Plan zu folgen. Von der Musik über die explosive Live-Show bis hin zur Selbstvermarktung hat man alles selbst in der Hand und überlässt nichts dem Zufall. „Im Gegensatz zu anderen Bands verbringen wir außerhalb von Tourneen auch gerne Zeit miteinander. Wir alle haben dasselbe Ziel: jeden Abend die allerbeste Show unserer Bandgeschichte zu liefern. Es gibt nichts Wichtigeres, als eine gute Zeit zu haben. Selbst millionenschwere Anwälte mit prekären und komplizierten Fällen müssen am Ende des Tages heimgehen und eine gewisse Form von Freude an ihrer Arbeit verspürt haben. Ansonsten werden sie den Job nicht ewig ausüben.“
Es geht um Menschlichkeit
Über die Zeit gab es bei Sabaton ein paar notwendige Besetzungswechsel, doch seit sieben Jahren scheint das Bandkorsett stabil zu sein. In einem Nischengenre wie dem Heavy Metal müsse man eben nicht nur gemeinsam an einem Strang ziehen, sondern sich vor allem menschlich auf Augenhöhe begegnen. „Die wichtigste Frage ist, welcher Mensch hinter dem Musiker steckt“, so Van Dahl, „der Charakter ist am Ende des Tages wichtiger als das Können auf dem Instrument. Besser werden und dazulernen kannst du immer, der Typ Mensch, der du bist, lässt sich aber meist nicht mehr verändern. Man verbringt in einer hart arbeitenden und ständig tourenden Band mehr Zeit untereinander als daheim mit den jeweiligen Familien. Wenn die Chemie da nicht stimmt, dann implodiert das ganze Gebilde sehr schnell.“ In Wien darf man jetzt erst einmal mit Explosionen rechnen - und das nicht zu knapp.
Live in der Stadthalle
Sabaton kommen mit Babymetal und Lordi im Zuge ihrer „The Tour To End All Tours“ diesen Sonntag, 7. Mai, in die Wiener Stadthalle. Unter www.oeticket.com gibt es noch Karten und alle weiteren Informationen zum feurigsten Heavy-Metal-Highlight dieses Jahres.
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