Nachtdienst schrumpft

„Ausgeschlafene Ärzte sind ein Qualitätsgewinn“

Kammervertreter sieht in Abschaffung der Hausarzt-Notdienste in Oberösterreich, die ab Juli umgesetzt wird, keine Nachteile. Im Gegenteil - und die Notrufnummer sei keine „Kummernummer“, als die sie oft missbräuchlich (auch wenn nicht wissentlich) verwendet wurde und wird.

Dass in den meisten Bezirken ab Juli bzw. spätestens ab 1. Jänner 2024 wegen Personalmangels der Häusärztliche Notdienst (HÄND) zwischen 23 Uhr und 7 Uhr auf Visiten völlig verzichtet, betrachtet Wolfgang Ziegler, selbst Allgemeinmediziner und Vize-Kurienobmann der Ärztekammer, nicht als Qualitätseinbuße: „Für den Patienten ist es eher ein Qualitätsgewinn, wenn der Arzt ausgeschlafen ist, weil er keinen Nachtdienst machen musste.“ Die Versorgung der Bevölkerung sieht er in jedem Fall gesichert: „Zu Notfällen kommt in der Zeit ohnehin der Notarzt.“ Aus seiner 36-jährigen Berufserfahrung wisse er, dass in der Nacht nur selten eine unaufschiebbare Arztvisite nötig sei.

Eine Notrufnummer ist keine Kummernummer. Es ist medizinisches Basiswissen in der Bevölkerung, auch über Hausmittel, verloren gegangen.

Wolfgang Ziegler, Vize-Kurienobmann Ärztekammer OÖ

Zeckenalarm um 3 Uhr früh
„Stattdessen rufen um 3 Uhr früh auch Menschen an, die eine Zecke entfernt haben möchten oder wissen wollen, ob eine abgelaufene Salbe noch wirksam ist.“ Ziegler bedauert, dass bei immer mehr Patienten leider das medizinische Basiswissen verloren gegangen ist. „Früher wussten die meisten, wie man Essigpatscherln oder Topfenwickel macht.“ Er erinnert daran, dass eine Notrufnummer keine „Kummernummer“ ist.

Untertags werden Visiten aber nach wie vor angeboten. „Allerdings nicht nach dem ,Willhaben-Prinzip‘. Wir sind nicht faul geworden, aber wenn man gerade die Praxis voll Menschen hat, kann man nicht sofort losfahren. In sollen Fällen gibt es für uns keine Visitenpflicht.“