Amphibienwanderung

Die gefährliche Reise ans Wasser

Vorarlberg
03.04.2023 06:25

Amphibien sind leider stark bedroht. Besonder in der Wanderzeit, in der die Tiere zu ihren Laichgründen wandern, wird es für die Frösche, Kröten und Molche besonders gefährlich. Zum Glück gibt es aber Menschen, die dafür sorgen, dass die Amphibien ihr Ziel unversehrt erreichen können...

Es ist noch zeitig am Morgen, doch das hält Yul Kuehs (7) sowie Ferdinand (7) und Leopold (5) Schirmer nicht auf. Unter der Anleitung von Karoline Schirmer und ihrem Mann Johannes kontrollieren die drei die Eimer, die beim Amphibienschutzzaun auf der Wiese eingegraben sind. Die Buben werden schnell fündig: ein paar Erdkröten sitzen in den Kübeln. Ein Glück für die Tiere, denn auf diese Weise konnten sie davon abgehalten werden, die Straße zu queren und dabei unter die Räder zu kommen. Die Kids tragen die Tiere zu einem kleinen Tümpel am Waldrand und lassen sie dort frei. Die Vierbeiner finden den Weg ins Wasser und tauchen ab.

Auch ein paar Molche bekommen die jungen Helfer dabei zu Gesicht. „Dieses Ausweichgewässer wurde unter Anleitung des Umweltbüros Grabher von uns angelegt, die Tiere haben es gut angenommen. Neben Grasfröschen, Bergmolchen und Erdkröten konnten wir hier auch schon eine Ringelnatter beobachten“, berichtet Christian Kuehs. Er ist als Natura 2000 Regionsmanager für die Europaschutzgebiete in Montafon und Klostertal zuständig.

Jetzt im Frühjahr wandern die Tiere zu den Laichgründen, um dort ihre Eier abzulegen. In diesem Fall ist das angestrebte Ziel in erster Linie der Teich der Golfclubanlage in Tschagguns. Die Amphibien suchen jedes Jahr aufs Neue die Gewässer auf, in denen sie selbst herangewachsen sind. Auf ihrer Wanderung sind die Tiere vielen Gefahren ausgesetzt, besonders dem Straßenverkehr. Österreichweit werden jedes Jahr schätzungsweise fünf Millionen Amphibien überfahren. Auch auf der Zelfenstraße im Montafon haben nicht alle wandernden Frösche und Kröten die Nacht überlebt, wovon die Blutflecken auf dem Asphalt zeugen.

Daten & Fakten

Die Amphibienwanderung findet zeitig im Frühjahr bei Regen und ab einer Lufttemperatur von fünf Grad Celsius statt. Manchmal ist das Wandergeschehen innerhalb weniger Tage erledigt, bei ungünstiger Witterung - insbesondere bei Kälteeinbrüchen - kann es sich aber auch wochenlang hinziehen. Seit 2022 gibt es eine Koordinationsstelle für Amphibienschutz für fachliche Beratung, Begleitung von Schutzprojekten, Vernetzung von im Amphibienschutz Tätigen und für Öffentlichkeitsarbeit: www.herpetofauna.net Problematische Straßenabschnitte können hier gemeldet werden: http://umwelttipps.com/gemeinden/online_formular_strasse.php

Dennoch konnten Dank des Einsatzes freiwilliger Helfer allein in einer Nacht gut 100 Tiere in Sicherheit gebracht werden. Seit 2018 wird die Zugstrecke in Tschagguns von Christian Kuehs und einem Team aus sich abwechselnden Helfern betreut. „Für mich ist es eine Familienaktivität mit Mehrwert“, berichtet Karoline Schirmer über ihre Motivation, mitzumachen.

Im Umgang mit den Tieren muss einiges beachtet werden: „Die Haut von Amphibien ist sehr empfindlich. Man sollte die Tiere daher so wenig wie möglich anfassen. Die Hände sollten sauber, aber keinesfalls frisch eingecremt sein. Am besten ist es, Einweghandschuhe zu tragen“, rät Kuehs. Sobald die Temperaturen zaghafte Plusgrade erreichen, startet der Wanderzug. Zuerst sind die Grasfrösche unterwegs, danach folgen Erdkröten und Molche. Nur wenige Amphibienarten leben ganzjährig am Wasser. Ein Großteil wechselt zwischen Laichplätzen und Landlebensraum. Mit Ausnahme des Alpensalamanders sind alle heimischen Arten auf geeignete Laichgewässer angewiesen, doch davon gibt es immer weniger.

Manche Wanderrouten sind schon erloschen
Die zunehmende Verbauung ist einer der Hauptgründe für die starke Bedrohung. Das Aussetzen von Fischen (v.a. Goldfischen) in Naturteichen und Tümpeln ist ein weiteres Problem - und natürlich der Straßenverkehr. Absperrzäune, die zum Zeitpunkt der Wanderung aufgestellt werden, halten die Tiere davon ab, auf die Straße zu gelangen. Kuehs rät Hausbesitzern zudem, Kellertreppen und Lichtschächte regelmäßig auf verirrte Frösche und Kröten zu kontrollieren: „Manche Gebäudestellen können für die Tiere zur tödlichen Falle werden.“

Ohne das Engagement von Naturschutz-Experten und Freiwilligen hätten wohl viele Tiere nur eine geringe Chance, zu ihren Laichgewässern zu gelangen. In jüngster Vergangenheit sind nach einem Bericht des Umweltbüros Grabher im Auftrag der Vorarlberger Landesregierung bereits einige bekannte Amphibienwanderstrecken erloschen, etwa in Bregenz und Feldkirch. Umso wichtiger ist es, über die Amphibienwanderstellen und Laichgewässer im Land Bescheid zu wissen. Diese können an die Fachstelle gemeldet werden (siehe Infobox).

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