Neue Tourismus-Chefin

Ausblick mit „freiem Kopf“, Rückblick „in Frieden“

Oberösterreich
31.03.2023 13:20

Marie-Louise Schnurpfeil ist die neue Frau an der Spitze des Linz Tourismus. Sie weiß genau, was sie will. Die „Krone“ hat die neue Chefin und ihren Vorgänger Georg Steiner, der im Jahr 2007 aus Bayern gekommen war, zum Interview getroffen. Ein Ausblick und ein Rückblick.

Mit Marie-Louise Schnurpfeil bekommt der Linz Tourismus nun erstmals eine Frau als Chefin. Eine, die genau weiß, was sie will. Und die in alle Themen eintauchen wird, um zu schauen, wie sie die nächsten fünf Jahre bespielt.

„OÖ Krone“:Was war Ihr erster Gedanke, als Sie im Sommer 2021 das viel diskutierte „Linz ist Linz“-Video erstmals gesehen hatten?
Marie-Louise Schnurpfeil: Ich habe es mir mehr als einmal anschauen müssen. Im ersten Moment war es tatsächlich sehr überraschend, aber beim zweiten, dritten Mal anschauen habe ich den Mut bewundert und hätte Georg auch absolut darin bestärkt, hätte er es mir vorab gezeigt.

Was gefiel Ihnen am mehrfach prämierten Spot?
Linz wurde darin einfach auf eine authentische Art und Weise dargestellt. Dass es überhaupt so Thema wurde, war einfach die Art und Weise, wie der Finger in die DNA der Linzer reingelegt worden ist. Und das war wohl auch das Ziel dahinter. Unterm Strich hat es funktioniert.

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Als Tourismusdirektorin muss man vor Ort wohnen, alles andere würde keinen Sinn machen. Ich wohne bereits in Linz, allerdings muss ich als Nächstes noch mein Fahrrad übersiedeln. Sobald es dann das Wetter zulässt, bin ich auf zwei Rädern am Erkunden.

Marie-Louise Schnurpfeil

Die aktuelle Kampagne ist der „Planet Linz“.
Die spielen wir auch im Jahr 2023 weiter. Weil wir einfach sehen, dass da längst noch gar nicht alles erzählt ist. Der Planet Linz hat noch sehr viel Facetten und sehr viele Details, die es wert sind, sie in der Folge noch alle aufzuzeigen.

Experten meinen: Die neue Wahrhaftigkeit im Tourismus ist die Wertschöpfung, nicht mehr die Nächtigung. Wie sehen Sie das?
Der Tourismusverband 2023 wird wider allen besseren Wissens nach wie vor massiv und zentral am Thema Nächtigungen gemessen. Und das ist für mich nicht mehr zulässig. Ich verwehre mich dagegen, dass wir rein als ein Tourismusverband gesehen werden. Weil wir - auch Covid-bedingt - zu einer sehr viel stärkeren Netzwerkagentur oder Schnittstelle zwischen den Akteuren geworden sind.

Zur Person

Marie-Louise Schnurpfeil, am 11. April 1984 in Steyr geboren, hat in Krems Tourismusmanagement und Freizeitwirtschaft mit Schwerpunkt Sport- und Kulturtourismus studiert. In ihrer Diplomarbeit beschäftigte sie sich unter dem Titel „Europäische Kulturhauptstadt 2009 - Eine Industriestadt und ihr wandelndes Destinationsimage auf dem Weg zur Europäischen Kulturhauptstadt“ bereits damals mit ihrer jetzigen Wirkungsstätte. Die sympathische 38-Jährige, die seit 2018 die Geschicke im Tourismusverband Pyhrn-Priel leitete, spricht sechs Sprachen.

Im September letzten Jahres haben Sie sich im Hearing durchgesetzt. Wie haben Sie sich seitdem auf den neuen Job vorbereitet?
Mir war wichtig, dass ich in meinem bisherigen Job eine saubere Übergabe schaffen kann. Meine Vorbereitung war tatsächlich ein sehr konsequenter Cut - mit dem Versuch, den Kopf bestmöglich frei zu kriegen für die neue Aufgabe. Mir kommt in dieser Funktion mit Sicherheit zu Gute, dass ich das ganze systemische Wissen aus der Tourismuslandschaft in Oberösterreich mitbringe.

Was wird sich unter Ihnen als Linzer Tourismusdirektorin alles ändern?
Ich habe mir selber diese 100 Tage Zeitrahmen gegeben, um in alle Themen einzutauchen. Somit hab’ ich das Zeitziel noch nicht ganz erreicht. An den grundlegenden Säulen ist aber für mich nicht zu rütteln. Das Dreigestirn aus Industrie, Natur und Kultur ist für mich gesetzt. Ich werde natürlich darauf schauen, wie ich den 5-Jahre-Zyklus, den ich bespielen darf, dann aufbereite. Wichtig ist für mich auch das Thema Digitalisierung, aber mit einem sehr pragmatischen Blick. Was braucht es im Jahr 2023, wo müssen wir uns aber auch wieder auf analoge Mittel besinnen.

Das Interview mit Georg Steiner
2007 war er aus Bayern gekommen, um die Stadt schließlich für das Kulturhauptstadtjahr fit zu machen. Georg Steiner philosophiert etwa über seine Anfänge, aber auch dem Zwist mit dem Linzer Bürgermeister

„OÖ Krone“:Können Sie sich noch an Ihren ersten Arbeitstag als Tourismusdirektor von Linz erinnern?
Georg Steiner: Natürlich. Es war der 14. April 2007. Ich hatte auch eine sechswöchige Übergangsphase. Der Erste, der sich damals mit einem Termin reingedrängt hat, war Thomas Ziegler.

Würden Sie „Linz 09“ als das Highlight Ihrer fast 16-jährigen Amtszeit einordnen?
Ja. Das Kulturhauptstadtjahr war natürlich der Dreh- und Angelpunkt. Selbst bei meiner Nachfolgerin, die ja ihre Diplomarbeit zur Thematik verfasst hat.

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Ich kann nach 16 Jahren sagen: ,So, wie ich den Laden hinterlasse, was hätte ich mehr erreichen können‘. Wir haben einiges gesät, dass zwar noch nicht aufgegangen ist, aber wo noch immer einiges im Boden ist, das sprießen kann.

Georg Steiner

Hat man in der Heimat verstanden, dass Sie deshalb nach Österreich gehen?
Ich musste mir Fragen anhören wie „Warum haut der ausgerechnet nach Linz ab?“ oder „Was will der dort?“. Mich hat es damals einfach gereizt. Außerdem waren in Oberösterreich einfach schon viel solidere Strukturen da, um Tourismusarbeit zu betreiben. Davor habe ich in Ostbayern gearbeitet. Es war ein Verein mit 53 Gemeinden und 16 Landkreisen, wo ich den ganzen Tag mit Kommunalpolitikern zu tun hatte, und die hatten alle die Philosophie, wenn du oben in den Zigarettenautomaten zwei Euro reinwirfst, dann erwarte ich unten keine Schachtel, sondern eine Stange, die da rauskommt. Das 350-mal im Jahr, das hat mich dann irgendwann genervt. Rückblickend gesehen, war es eine gute Entscheidung.

Zur Person

Georg Steiner, am 10. März 1958 im deutschen Gerzen geboren, hatte Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Regensburg studiert, ehe er sich seine beruflichen Sporen als Fremdenverkehrsdirektor der Stadt Passau verdiente. Anschließend war er Prokurist der Donauschifffahrtsgesellschaft Wurm und Köck, danach Geschäftsführer des Tourismusverbandes Ostbayern. Seit 2007 war er nun als Tourismusdirektor in Linz tätig. In seiner Heimatstadt Passau ist Steiner seit Jahren politisch engagiert, fungiert dort unter den Fahnen der CSU als Stadtrat.

Würden Sie aber auch tatsächlich alles wieder genauso machen?
Manfred Grubauer und ich hatten 16 Jahre Kontinuität, und wir konnten Konzepte realisieren, die jetzt nicht gleich jeder verstanden hat. Es war nicht so, dass da lauter Schenkelklopfer waren, sondern eine hohe Skepsis. Es war, vor allem um Linz 09 herum, eine sehr turbulente Zeit. Uns wurde auch einiges übel genommen, aber am Ende des Tages muss man sagen: Wir haben das Image von Linz aufpoliert und super positioniert. Dafür gibt es auch messbare Zahlen.

Wegen dem Linz-Video war das Verhältnis mit Bürgermeister Klaus Luger zerrüttet. Hat sich das mittlerweile wieder geändert?
Es bestand damals die Mär, dass der Bürgermeister das Video nicht gezeigt bekommen hat. Sein gesamtes Umfeld hat es damals gesehen. Ich habe gesagt, ich würde es ihm gerne selber zeigen, aber wenn er nicht da ist, bereitet ihn bitte darauf vor. Und das ist nicht passiert. Wobei es wahrscheinlich am Ende besser so war, denn hätte ich es ihm gezeigt, wäre vermutlich ein „Nur über meine Leiche“ die Reaktion gewesen. In einem Termin hat er mir später gesagt, dass alles, was ich mache, „oldschool“ sei. Ich rechne ihm aber hoch an, dass er mir zu meinem Geburtstag auch zu den Erfolgen, die wir gehabt haben, gratuliert hat. Die Situation war alles in allem zwar nicht angenehm, aber wir haben unseren Frieden gefunden.

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