Trotz Protestwelle
Macron will Pensionsreform bis Jahresende umsetzen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat am Mittwoch mit einem Fernsehauftritt versucht, die Wogen in seinem Land, das derzeit von einer massiven Protestwelle erfasst ist, zu glätten. Der 45-jährige Staatschef betonte, warum die Pensionsreform so wichtig sei für die Allgemeinheit. Zudem verwies Macron darauf, dass es in den meisten anderen europäischen Staaten ein höheres Antrittsalter gebe.
Die Reform sieht, wie berichtet, unter anderem die Anhebung des Pensionsalters von 62 auf 64 Jahre vor. Macron hatte zur Durchsetzung des Reformgesetzes auf den viel kritisierten Verfassungsartikel 49.3 zurückgegriffen. Dieser erlaubt es, ein Gesetz ohne parlamentarische Schlussabstimmung zu verabschieden, wenn die Regierung ein anschließendes Misstrauensvotum übersteht. Am Montag war die Regierung bei einem solchen Votum knapp ihrem Sturz entgangen.
Nun will Macron die umstrittene Reform „bis zum Jahresende“ umsetzen. „Wir warten noch auf das Urteil des Verfassungsrats“, sagte Macron in dem TV-Interview am Mittwoch. Er respektiere die Proteste gegen das Gesetz, verurteile aber Gewaltakte und Blockaden, sagte der Präsident. „Es ist uns nicht gelungen, von der Notwendigkeit zu überzeugen“, räumte er ein. Er werde die Pensionsreform aber weiter verteidigen, weil sie „im Interesse der Allgemeinheit“ liege.
Die Proteste auf den Straßen Frankreichs werden nun immer radikaler. Der Hafen von Marseille, einer der wichtigsten des Landes, war am Mittwoch vollständig blockiert. Auch der Hafen von Brest in der Bretagne sowie die wichtige Saint-Nazaire-Brücke an der Westküste wurden von Protestierenden blockiert. Zudem blieben mehrere Treibstoffdepots abgesperrt.
Menschenrechtler wegen Ausschreitungen besorgt
In Paris hatte in der Nacht auf Mittwoch erneut eine zunächst friedliche Demonstration gegen das Gesetz stattgefunden. Später kam es auch wieder zu Ausschreitungen. Mehrere Hundert Demonstranten gerieten auf der Place de la République mit den Sicherheitskräften aneinander, die Tränengas einsetzten. Landesweit wurden Polizeikreisen zufolge 128 Menschen in Polizeigewahrsam gewonnen, davon 81 in Paris. Mehr als 60 Mitglieder der Einsatzkräfte wurden demnach verletzt.
Die französische Menschenrechtsliga ist angesichts wiederholter Ausschreitungen besorgt: „Wir befinden uns in einer besonders beunruhigenden Situation für die Demokratie und in Gegenwart von Polizeigewalt, die die Lage nur verschlimmern kann.“
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