Vor Prozessbeginn

Angeklagt in Dubai: “Ich bin Arzt – und kein Mörder!”

Österreich
05.09.2011 16:49
Der in Dubai mit einer Mordanklage konfrontierte österreichische Arzt Eugen A. wird am Mittwoch erstmals vor den Richter treten, um seine Unschuld zu beteuern. Die erste Anhörung war aufgrund des Fastenmonats Ramadan verschoben worden. Im Außenamt lebt die Hoffnung auf einen Freispruch - denn die Anklage stehe wirklich auf äußerst wackeligen Beinen.

Im Jänner 2009 wird ein 46-jähriger pakistanischer Arbeiter mit einer Halswirbelverletzung und einer Schädigung des Rückenmarks auf die chirurgische Intensivstation des Rashid-Hospitals in Dubai eingeliefert. Fünf Wochen später ist er tot - Herzstillstand. Eine Obduktion gibt es nicht.

Obwohl der verantwortliche Chefarzt Dr. Eugen A. - ein Mediziner aus Bad Ischl in Oberösterreich - seit 36 Stunden nicht mehr im Dienst ist, wird gegen ihn Anklage wegen Mordes erhoben. In den Vereinigten Arabischen Emiraten steht darauf die Todesstrafe, die Verurteilten werden erschossen. A. vor dem Prozessauftakt am Mittwoch: "Ich bin Arzt - und kein Mörder!"

Mediziner-Komitee: "Vorwürfe sind unberechtigt"
Dass der 50-Jährige die Wahrheit sagt, wurde bereits vor Monaten sogar von der höchsten medizinischen Instanz der Vereinigten Arabischen Emirate, dem "Higher Committee for Medical Liability" (HCML), bestätigt. Das Komitee aus Ärzten aller sieben Emirate und Vertretern sämtlicher Ministerien hatte einstimmig in einem Abschlussbericht erklärt: "Die erhobenen Vorwürfe gegen den Arzt sind unberechtigt. Es gibt keinen Grund für ein weiteres Verfahren." Doch die Staatsanwaltschaft denkt nicht daran, die Anklage fallen zu lassen. Im Gegenteil, der Österreicher muss seinen Pass abgeben und darf das Land nicht mehr verlassen.

Opfer einer gemeinen Intrige?
Der Albtraum beginnt. Nach und nach sickert durch, dass A. Opfer einer gemeinen Intrige geworden sein könnte. Zwei ehemalige Mitarbeiter hatten offenbar nach dem Tod des pakistanischen Arbeiters einen teuflischen Plan geschmiedet, um den ungeliebten Chef loszuwerden. Sie gaben an, dass der Leiter der chirurgischen Intensivstation angeordnet hätte, den Sauerstoff bei dem schwer kranken Patienten zu reduzieren, dessen Morphiumdosis zu erhöhen - und ihn im Falle eines Herzstillstandes nicht mehr wiederzubeleben.

"Gebe Hoffnung nicht auf"
Tatsächlich aber hatte A. bei seinem Arbeitgeber einen permanenten Herzschrittmacher für seinen Patienten beantragt, der aber mit der Begründung "zu hohe Kosten in einem hoffnungslosen Fall" strikt abgelehnt wurde. "Eine Anweisung an mein Team, dem Mann beim Sterben zu helfen, gab es ganz bestimmt nicht", so der Angeklagte, der gerade in Dubai die härteste Zeit seines Lebens durchmacht.

A.: "Die meiste Zeit gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass am Ende die Gerechtigkeit siegen wird. Doch in den vielen einsamen Nächten, in denen ich schweißgebadet aufwache, zittere ich vor Angst und befürchte das Schlimmste."

Schwere Stunden erlebt auch die Familie des Mediziners, die in Bad Ischl um das Leben des zweifachen Vaters bangt. "Er wollte immer nur den Menschen helfen, hat für seinen Beruf gelebt. Warum hat man meinem Sohn das angetan? Er ist unschuldig. Warum erkennt das der Staatsanwalt in Dubai nicht?", so die 80-jährige Mutter.

Ersatzrichter soll erste Sitzung leiten
Letztlich kann jeder nur abwarten und auf die Vernunft des ägyptischen Richters bauen – er gilt als sehr kompetent und gerecht –, der über Leben und Tod entscheidet. Doch laut neuesten Meldungen stehen zumindest in dieser Hinsicht die Vorzeichen für den Prozessauftakt schlecht. Denn die erste Sitzung soll zunächst ein Ersatzrichter leiten, da sich der Hauptrichter derzeit im Ausland aufhält.

Im Außenamt kümmern sich indessen Peter Launsky-Tieffenthal und Elisabeth Ellison-Kramer um den angeklagten Mediziner aus Oberösterreich. Der österreichische Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten werde persönlich den Prozess beobachten und besonders darauf achten, dass die Mindeststandards eingehalten werden, so die Experten zur "Krone".

So muss dem Angeklagten eine Übersetzerin zur Seite stehen, und auch medizinische Sachverständige sollten in das Verfahren einbezogen werden. Zudem stehe Österreich mit anderen EU-Ländern in Kontakt, um vergleichbare Fälle in der Vergangenheit zu finden, die relevant für die Verteidigung sein könnten.

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