Migranten als Bombe

Rom: “Gadafi wollte Lampedusa zur Hölle machen”

Ausland
26.08.2011 12:13
Libyens Machthaber Muammar al-Gadafi soll afrikanische Migranten als "Bombe" gegen Italien verwendet haben, um die Regierung in Rom für die Beteiligung am NATO-Einsatz zu bestrafen. Der italienische Außenminister Franco Frattini ist sich jedenfalls sicher, dass Gadafi der Drahtzieher der massiven Migrationswelle in Richtung Lampedusa ist. "Wir haben Beweise, dass Gadafi Befehle gab, um Lampedusa zur Hölle zu machen", sagte Frattini in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung "L'Avvenire".

Der libysche Machthaber habe seinen Vertrauensleuten befohlen, Tausende Flüchtlinge per Boot nach Lampedusa zu schicken, um die Insel ins Chaos zu stürzen. Gadafi habe Menschenrechtsverbrechen verübt, indem er Massen von Verzweifelten mit Booten zum Tod im Mittelmeer verurteilt habe.

"Er wollte Lampedusa schwarz machen"
Auch der libysche Botschafter in Italien, Abdulhafed Gaddur, bestätigte, dass Gadafi persönlich die Migrationswelle nach Lampedusa führte, um Italien für seine Beteiligung an dem Militäreingriff mit der NATO zu bestrafen. "Gadafi wollte die afrikanischen Migranten als Bombe gegen Italien verwenden. Er sagte, er wolle Lampedusa schwarz machen, das heißt mit Afrikanern überschwemmen. Ich bestätige, dass Gadafi persönlich diese illegale Migrationswelle organisierte. Er erteilte die Befehle", so Gadduri. Seinen Aussagen zufolge seien mindestens 1.000 Migranten bei der Überfahrt nach Italien gestorben.

Außenminister Frattini berichtete außerdem, dass Italiens Premier Silvio Berlusconi, der bis zu Beginn des Bürgerkriegs im März beste Kontakte zu Gadafi pflegte, gegenüber dem Machthaber "Bitterkeit und Empörung" empfindet. "Berlusconi hielt Gadafi für einen Freund. Doch jetzt hat er Frauen und Kinder töten sehen. Der Bruch war furchtbar. Die Freundschaft hat sich in Wut umgewandelt", betonte Frattini.

Übergangsregierung verlegt Sitz nach Tripolis
Indes hat die libysche Übergangsregierung mit der Verlegung ihres Sitzes von Bengasi in die umkämpfte Hauptstadt Tripolis begonnen. Bei einer Pressekonferenz am Donnerstagabend versprach der Vizechef der Regierung, Ali al-Tarhouni, allen Anhängern des untergetauchten Gadafi Straffreiheit, wenn sie sich ergeben. "Wir rufen euch heute zum letzten Mal auf, eure Waffen niederzulegen, und wir versprechen euch, dass wir keine Rache üben werden. Zwischen uns und euch steht das Gesetz", sagte Tarhuni.

Er kündigte an, die neue libysche Führung werde mindestens bis zu den ersten freien Wahlen alle Verträge mit ausländischen Firmen und Staaten einhalten. Während die Minister in einem Hotel in Tripolis tagten, meldete sich der untergetauchte Despot Gadafi mit einer Audiobotschaft, in der er seine Anhänger zum Kampf aufrief.

Erbitterte Kämpfe gehen weiter
Nach heftigen Kämpfen konnten die Aufständischen am Donnerstag einen weiteren Stadtteil von Tripolis einnehmen. Das Viertel Abu Salim war eine der letzten Hochburgen des untergetauchten libyschen Machthabers. Es liegt in der Nähe des am Dienstag von den Rebellen eingenommenen Gadafi-Hauptquartiers Bab al-Aziziya. Dagegen umzingelten Gadafi-Kämpfer die von den Rebellen kontrollierte westlibysche Stadt Suara, die auf der strategisch wichtigen Straße nach Tunesien liegt. Ganz im Süden des Landes nahmen die Rebellen nach eigenen Angaben die Ortschaft El Wyg an der Grenze zum Niger und Tschad ein.

Zugleich gibt es Hinweise auf Gräueltaten auf beiden Seiten. Ein Reporter der britischen BBC berichtete, in ein Krankenhaus im Bezirk Mitiga seien die Leichen von 17 Rebellen eingeliefert worden, die offenbar von Gadafi-Truppen gefoltert und erschossen wurden. Ein weiterer Korrespondent der BBC sah im Zentrum der Hauptstadt zwei Leichen von Gadafi-Kämpfern, deren Hände auf dem Rücken zusammengebunden waren.

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