Nikki hat‘s probiert

„Mistkerle“ als Helden: Auf Tour mit Müllabfuhr

Tirol
20.02.2023 18:00

Sie sorgen für Sauberkeit: „Krone“-Redakteurin Nicole Greiderer hat in Ebbs eine Schicht mit Müllwerkern der Firma MUT mitgemacht. Zuwinkende Kinder mit strahlenden Augen sind eine Entschädigung für den Job bei Wind und Wetter.

Der Regen lässt nicht nach. Gut, dass ich hinter dem Heck des Lkw vor dem Wind geschützt bin – und fünf Schichten trage. Mit gefütterten Arbeitshandschuhen halte ich mich fest, bis das Müllauto stehen bleibt. Wir springen ab. Redigul „Redi“ Jabakkhel kümmert sich um den rechten Kübel, ich um den linken.

Die Straße quere ich vorsichtig: Immer wieder werden Müllwerker von Autos angefahren, hat mir Redi erzählt.

Vorsicht beim Ausleeren
Vorsicht geboten ist auch beim Ausleeren. „Du musst aufpassen, dass das hier einrastet.“ Geduldig zeigt mir der Afghane ein ums andere Mal, wie ich die Tonne mit der Öffnung voran an die Aufhängung drücken muss, damit sie hängen bleibt und hochfährt. Da ist Kraft nötig, ich nehme ein Knie zur Hilfe.

Dann schnell ein Schritt nach hinten - ab jetzt geht alles automatisch. Der Kübel kippt, der Inhalt verschwindet in der Schnecke. Staub und feine Asche wirbeln durch die Luft.

Nicht schneller als 30 km/h
Wir springen auf, es muss schnell weitergehen. Abwechselnd drücke ich mich ans Heck, um vereinzelten Ästen aus Gärten zu entgehen, und lehne mich nach außen, damit mir der Fahrtwind um die Nase zieht. Zugegeben: Stark ist er eh nicht. Wenn hinten jemand steht, fährt der Lkw nicht schneller als 30 km/h - und nicht rückwärts.

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Thiersee und die Wildschönau sind schlimmer.

Jukic „Nedjo“ Nedeljko

Bei Schnee und Regen scheiden sich die Geister
Fahrer Jukic „Nedjo“ Nedeljko steuert den Müllwagen zentimetergenau durch die engen Gassen von Ebbs. Nie muss er zurücksetzen, damit sich eine Kurve ausgeht, kein Mistkübel entgeht ihm. Der gebürtige Kroate hat jahrzehntelange Erfahrung hinterm Steuer, lenkte zudem Schwertransporte in Kanada.

Auch, als die Straße steil wird und Schnee liegt, bleibt Nedjo ruhig. „Thiersee und die Wildschönau sind schlimmer“, spielt der 46-Jährige auf die anderen Gemeinden an, in denen MUT die kommunale Müllabfuhr übernimmt.

Nedjo ist Regen lieber als Schnee: Da spart er sich das Ketten-Montieren. Die Beifahrer sehen es naturgemäß anders: Bei Schnee werden sie nicht nass. Dementsprechend ist Redi sowieso der Sommer am liebsten. Er springt ohnehin nur als Aushilfe ein, denn eigentlich arbeitet er auf den Baustellen von MUT.

„Stinkt der Müll im Sommer nicht?“, rufe ich Redi auf dem anderen Trittbrett trotz des Lärms beim fahrenden Müllauto zu. „Biomüll manchmal schon ganz schön“, rümpft er wie zum Beweis die Nase. Der leicht süßliche Gestank des Restmülls ist erträglich – sogar in der Deponie in Kufstein, obwohl dort Tonnen von Abfall lagern, bis sie nach Oberösterreich gebracht und dort verbrannt werden.

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An Feiertagen bekommen wir oft Trinkgeld oder Geschenke von den Kunden.

Jukic „Nedjo“ Nedeljko

Kinder von Müllabfuhr begeistert
Dafür setzt mir das ständige Schieben und Aufhängen der Kübel nach einiger Zeit zu. Und das ist eigentlich gar nichts. Redi keucht, als er mit bloßer Muskelkraft und zusammengepressten Lippen einen prall mit Windeln gefüllten Sack in die Schüttung hieven muss.

Die Entschädigung wartet ein paar Gassen weiter, als uns zwei Kinder begeistert aus dem Fenster zuwinken. „Kinder freuen sich immer, wenn sie uns sehen“, lächelt Nedjo im Führerhaus. Er mag seinen Beruf. Die Bezahlung sei gut, die Wertschätzung spürbar. „An Feiertagen bekommen wir oft Trinkgeld oder Geschenke von den Kunden.“

In jedem Müllauto steckt robuste Spezialtechnik
Beschwerden hingegen landen meist in der Firmenzentrale. MUT arbeitet mit hochspezialisierter Technik. Waagen erfassen das Gewicht jeder Mülltonne und ordnen sie dank Chip dem Besitzer zu. Im Büro lässt sich in Echtzeit verfolgen, wo der Lkw ist und wann welcher Kübel geleert wurde. „Wenn einer voll bleibt, rufen die Leute an, wir hätten sie vergessen“, erklärt MUT-GF Erwin Obrietan, und Standortleiter Klaus Moser ergänzt: „Aber es kann halt auch sein, dass der Besitzer den Kübel zu spät nach draußen gestellt hat.“

Die Arbeit der Müllabfuhr fällt oft eben nur dann auf, wenn sie keiner macht.

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