Neue Technik

Wracks im Bodensee sollen besser erforscht werden

Vorarlberg
07.01.2023 13:44

Auf dem Grund des Bodensees liegen zahlreiche bisher unerforschte Wracks von Schiffen und Flugzeugen. Das soll sich nun bald ändern - dank eines neuen Forschungsprojekts, durch das es erstmals möglich ist, Wracks - vom steinzeitlichen Einbaum bis neuzeitlichen Sportboot - in größerer Wassertiefe zu identifizieren und systematisch zu erfassen.

Wracks gelten unabhängig von ihrem Zustand als Kulturdenkmäler, so das baden-württembergische Landesamt für Denkmalpflege, das das vierjährige Projekt ins Leben rief: Ein untergegangenes Schiff sei wie eine Zeitkapsel, „die Fülle der Informationen, die ein solches Wrack bereithält, ist ein wahrer Schatz für die archäologische Forschung“.

Unter diesem Gesichtspunkt hat der größte See Mitteleuropas viel zu bieten. 571,5 Quadratkilometer intensiv befahrene Wasserfläche, im Dreiländereck Österreich-Deutschland-Schweiz, dem sogenannten Obersee, bis 254 Meter tief und aufgrund seines Kleinklimas wettertechnisch oft unberechenbar. Den sich über dem internationalen Gewässer rasch aufbauenden Stürmen fallen noch heute jedes Jahr Boote zum Opfer.

Der Bodensee: Was wird das neue Forschungsprojekt alles zu Tage fördern? (Bild: Stiplovsek Dietmar)
Der Bodensee: Was wird das neue Forschungsprojekt alles zu Tage fördern?

Versenken billiger als Reparieren
Doch auch die kommerzielle Schifffahrt auf dem Bodensee verzeichnete in der Vergangenheit viele wetterbedingte Katastrophen und natürlich auch Unfälle aufgrund menschlichen Versagens. Die Gründe, warum manche Schiffe letztendlich am Seegrund landeten, waren mitunter auch kurios. Ein Beispiel ist das Schicksal der „MS Stadt Radolfzell“: Sie war 1926 von der Deutschen Reichsbahn als kleinstes von sieben neuen Passagierschiffen in Dienst gestellt worden. Weil die Motorenanlage jedoch nicht behebbare Schwierigkeiten bereitete, wurde sie bereits 1934 ausgemustert. Die Bodan-Werft sollte es umbauen, versenkte es allerdings vor der Argenmündung im Obersee - ein kompletter Neubau war für die Schiffsbauer billiger.

Manche Schiffe gingen sogar mehrmals unter. Der erste Dampfer mit einem eisernen Rumpf auf dem Bodensee, die bayerische „Ludwig“, sank mit 13 Passagieren am 11. März 1861 in einer stürmischen Nacht nach einer Kollision mit der „Stadt Zürich“. Unglücksort war die Mündung des Alten Rheins, der Grenze zwischen der Habsburgermonarchie und der Schweiz. 1863 wurde das Schiff gehoben und erhielt den Namen „Rorschach“. Beladen mit Baumaterialien für die Eisenbahnlinie Bludenz-Lindau, geriet das Schiff Anfang der 1870er vor Lochau in einen schweren Sturm und sank erneut.

Auch vor dem Lindauer Hafen ereignete sich das eine oder andere Schiffsunglück. (Bild: ©fottoo - stock.adobe.com)
Auch vor dem Lindauer Hafen ereignete sich das eine oder andere Schiffsunglück.

Karambolagenkapitän unterwegs
Auf diesem östlichen Teil des Bodensees entwickelte sich durch den Hafenausbau in Bregenz ein relativ reger Schiffsverkehr zwischen Vorarlberg, Bayern und Baden-Württemberg. Am 8. Oktober 1887 hatte das fatale Folgen: Vor der Lindauer Hafeneinfahrt wurde der bayerische Dampfer „Stadt Lindau“ von der österreichischen „Habsburg“ gerammt, deren Bug sich bis in die Mitte des anderen Schiffs bohrte. Die „Habsburg“ war von Kapitän Wilhelm Graf Mercandin kommandiert, der wegen zahlreicher Vorfälle längst mit dem Beinamen „Karambolagenkapitän“ bedacht worden war. Bei diesem folgenschwersten Zwischenfall in Mercandins Karriere starben drei Menschen. Der Unfall zog zahlreiche Katastrophentouristen an, die das Wrack besichtigten, das in nur vier Meter Tiefe vor dem Hafen lag. Die „Stadt Lindau“ gehört allerdings zu jenen verunglückten Bodenseeschiffen, deren Verschrottung sich rentierte und deshalb 1888 geborgen wurde.

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Vorarlberg-Krone
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