Der heurige Nationalfeiertag ist der letzte, den das Parlament im Übergangsquartier in der Hofburg begeht - in den kommenden Wochen steht die Rückkehr ins renovierte Hohe Haus am Ring an. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) hofft, dass dann alle Fraktionen „im Umgangston miteinander wieder eine moderatere Haltung einnehmen“, wie er meinte. Denn das „ständige Anpatzen“ unter der Gürtellinie sei für die Bevölkerung „unerträglich“ und schade der Demokratie.
Noch bevor der Parlamentsbetrieb ins alte neue Haus übersiedelt, gehen die Zeugenbefragungen im ÖVP-Korruptions-Untersuchungsausschuss zu Ende, weil die NEOS gegen eine Verlängerung sind. Sobotka wurde als Vorsitzender des Ausschusses von der Opposition, aber auch den Grünen scharf kritisiert und zum Rückzug aufgefordert.
Ob er über das Ende des Ausschusses froh sei, wollte Sobotka nicht kundtun. Für die Opposition sei er offenbar jemand, „den man in seiner Haltung nicht akzeptiert - weil ich sehr klar bin und auch eine gewisse Standfestigkeit habe“, glaubt der Nationalratspräsident.
Ich kann nur appellieren, wenn wir in das neue Haus ziehen, dass wir auch im Umgangston miteinander wieder eine moderatere Haltung einnehmen.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Was er „wirklich für schwierig halte für unsere Demokratie“ sei, „wenn man die politische Auseinandersetzung nicht mehr mit dem politischen Argument führt, sondern mit Anzeigen, mit diesem Dirty Campaigning“, kritisierte Sobotka. Streitereien und ständiges „Anpatzen“ unter der Gürtellinie seien für die Bevölkerung „unerträglich“ und führten letztlich dazu, dass sich die Leute abwenden. „Ich kann nur appellieren, wenn wir in das neue Haus ziehen, dass wir auch im Umgangston miteinander wieder eine moderatere Haltung einnehmen“, meinte Sobotka. Dieser Appell richte sich „an alle“ Fraktionen.
Trotz zahlreicher Krisen, die bewältigt werden müssen, hofft Sobotka, dass man in den nächsten Monaten auch eine Änderung der U-Ausschuss-Spielregeln zustande bringt. Einiges könnte man auch jetzt schon besser machen, glaubt er, etwa den Untersuchungsgegenstand enger fassen und lieber mehrere kürzere U-Ausschüsse hintereinander zu machen als einen ausufernden wie den derzeitigen.
Ex-Innenminister sieht Österreich für Migrationskrise diesmal „gut gerüstet“
In der aktuellen Migrationssituation sieht der frühere Innenminister (2016/2017) Österreich besser vorbereitet als bei der letzten Krise: „Wir sind gut gerüstet“, meinte er, „das waren wir 2015 und 2016 in dieser Form nicht“. Fast alle hätten außerdem die gleiche Sicht der Dinge, wie man damit umzugehen habe, nämlich den Menschen zu helfen, aber auch klar zu sagen, dass Asyl nicht ein Recht sein könne, wo man „durch zig Staaten, die Sicherheit bieten, einfach durchreisen kann und sich so quasi sein Sozialsystem aussuchen kann“.
EU-Grenzmanagement: Kritik an EU
Er sehe aber sehr wohl ähnlich wie 2015 die hohe „Belastung“ Österreichs. „Wirklich ärgerlich“ sei es, dass die EU es bis heute nicht geschafft habe, eine ordentliche EU-Außengrenzstruktur aufzubauen. Außerdem erinnerte Sobotka an das hohe Engagement, Ukraine-Vertriebene zu betreuen - und man habe „auch die moralische Verpflichtung“, das zu tun. Die Situation sei sicher für viele eine große Herausforderung, aber man müsse auch die Statistik „zur Kenntnis nehmen“, dass sieben Bundesländer nicht die vereinbarte Zahl an Quartieren zur Verfügung stellen, merkte Sobotka an. Zuletzt gab es ja Wirbel zwischen Bund und Ländern bzw. Gemeinden, weil das Innenministerium begonnen hat, Zelte für Asylwerber aufzustellen.
Indirekter Rüffel für Sachslehner
Nichts anfangen kann Sobotka mit Forderungen wie jener der Wiener ÖVP-Gemeinderätin und früheren Generalsekretärin Laura Sachslehner nach einem „Annahmestopp bei Asylanträgen“. „Der Populismus hilft niemandem weiter“, sagte Sobotka dazu. „Wir wissen alle, wenn das Wort ,Asyl‘ ausgesprochen ist, dann hat die Rechtsbasis zu gelten.“
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