Drogentod von Melina

Zuständiger Arzt betont: „Ich habe ihr geglaubt“

Tirol
05.10.2022 07:00

2020 starb Melina an einer Drogen-Überdosis. Der Vater prozessiert gegen die Tirol Kliniken. Am Dienstag wurde jener Arzt befragt, der die 13-Jährige wenige Tage vor ihrem Tod aus der Klinik entlassen hatte.

„Ich habe zwei Erinnerungen an die Patientin – eine verblasste und eine deutliche“, sagte der Arzt, der an der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Hall tätig ist. Die erste Erinnerung beziehe sich auf das Jahr 2013: „Wir haben bei der damals noch sehr jungen Patientin eine psychiatrische Erkrankung diagnostiziert – die Situation zwischen ihren Eltern war schwierig, worunter sie sehr gelitten hatte.“

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Diese wurde von ihr immer verneint. Das habe ich ihr auch geglaubt.

Der Arzt über Melinas Suizidalität

Sieben Jahre später kreuzten sich die Wege des Mediziners und der jungen Tirolerin wieder. Am 4. August 2020 wurde sie wegen Fremdgefährdung in Hall eingewiesen. Der Arzt, der zum damaligen Zeitpunkt verantwortlicher Oberarzt vom geschlossenen Bereich war, sei erst zu Dienstbeginn am Tag darauf mit Melina (Name geändert) in Kontakt getreten. Er habe alle Befunde über sie gelesen, auch die Visite durchgeführt. „In der Nacht war die Patientin noch aggressiv, bei mir aber nicht mehr. Somit konnten die Zwangsmaßnahmen wie die Fixierung auch gelöst werden“, erklärte er.

Suizidalität ausgeschlossen
Er habe in Anwesenheit von seinen Kollegen mit Melina etwa über Suizidalität gesprochen. „Diese wurde von ihr immer verneint. Das habe ich ihr auch geglaubt“, betonte er. Es sei rein darum gegangen, eine akute Selbst- oder Fremdgefährdung zu prüfen, denn das sei die Voraussetzung für eine Unterbringung. „Es hat sich herausgestellt, dass diese Kriterien nicht mehr vorlagen.“

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Das Unterbringungsgesetz gibt einen engen Entscheidungsspielraum vor. Die Möglichkeit einer erneuten Überdosierung ist laut Gesetz kein Unterbringungsgrund.

Der zuständige Arzt

Markus Abwerzger, Anwalt der Familie: „War Ihnen zu diesem Zeitpunkt bekannt, dass die Patientin ein schweres Suchtproblem hatte und wenige Tage zuvor sowie bereits im Mai und im Juli wegen Drogen-Überdosen eingeliefert wurde?“ „Ja, das war mir bekannt“, räumte der Mediziner ein.

„Erneute Überdosis ist kein Unterbringungsgrund“
Er traf folglich die Entscheidung, Melina zu entlassen. „Wie kamen Sie darauf, dass trotz allem keine Selbstgefährdung vorlag?“, hakte Abwerzger nach. „Das Unterbringungsgesetz gibt einen engen Entscheidungsspielraum vor. Die Möglichkeit einer erneuten Überdosierung ist laut Gesetz kein Unterbringungsgrund.“

Er habe der Patientin eine Reihe von Therapien vorgeschlagen – etwa im offenen oder ambulanten Bereich. „War der Drogenkonsum der Patientin in Ihren Augen erheblich gesundheitsgefährdend? Vor allem eben, weil Sie ihr auch so viele Therapiemöglichkeiten angeboten haben?“, wollte nicht nur der Anwalt, sondern auch Richterin Manuela Kitzbichler wissen. Nach mehrmaligem Nachhaken antwortete der Arzt schließlich: „Ja, wir sind von einer behandlungsbedürftigen Suchterkrankung ausgegangen. Unsere Entscheidung, die Unterbringung aufzuheben, bedeutete nicht, dass wir uns dazu entschieden haben, die Patientin nicht mehr behandeln zu wollen.“

Gutachten wird eingeholt, weitere Zeugen befragt
Die Richterin fasste den Entschluss, nun ein Gutachten eines unabhängigen Sachverständigen einzuholen. Dieser soll beurteilen, ob die Behandlung lege artis, also vorschriftsmäßig, war. Zudem werden weitere Zeugen befragt.

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