Rücktritt abgelehnt

Scheuch nimmt “krasses Fehlurteil” nicht zur Kenntnis

Österreich
02.08.2011 22:07
Kärntens Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch denkt trotz der erstinstanzlichen Verurteilung im Prozess um die "Part of the game"-Affäre nicht an Rücktritt. Die 18 Monate Haft, sechs davon unbedingt, seien ein "krasses, fatales Fehlurteil", das er nicht zur Kenntnis zu nehmen gedenke. Er hoffe nun auf die zweite Instanz, erklärte der Politiker bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Dienstag. Bis dahin werde er "ganz normal weiterarbeiten". Die FPK-Spitze steht in dieser Entscheidung hinter ihm: Am Dienstagabend wurde er in seinen Funktionen bestätigt.

Die Vorwürfe gegen ihn seien "vollkommen aus der Luft gegriffen", er sei "enttäuscht und erschüttert", meinte Scheuch. "Nicht einmal die bösesten Beobachter haben mit einem Urteil in dieser Dimension gerechnet", so der Politiker.

"Ganz normal weiterarbeiten"
Er setze nun alle Hoffnungen auf die ausstehende Entscheidung des Oberlandesgerichtes Graz. "Meine Ämter und Funktionen werde ich bis dahin behalten", kündigte Scheuch an. Immerhin gelte für ihn nach wie vor die Unschuldsvermutung, er wolle derzeit niemandem "einen Gefallen tun" und sich zurückziehen.

Weiters erklärte der Politiker, dass er Gerichtsurteile grundsätzlich zur Kenntnis nehme. Das aktuelle "krasse Fehlurteil" von Richter Christian Liebhauser-Karl sei davon aber ausgenommen. Dem Richter warf er unter anderem "Willkür" in der Prozessführung vor.

Dörfler: Scheuch-Rücktritt nicht vorstellbar
Auch Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler bezeichnete die erstinstanzliche Verurteilung Scheuchs als "ein unerwartetes und krasses Fehlurteil". Er gehe davon aus, dass das Urteil in dieser Form vor dem Oberlandesgericht in Graz nicht halten werde, meinte Dörfler in einer Aussendung. Daher sei für ihn auch klar, dass jemand, der nicht rechtskräftig verurteilt sei, von niemandem zum Rücktritt aufgefordert werden könne.

Ebenso stärkte FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache Scheuch den Rücken und sprach von einem "Polit-Prozess". "Dieses Urteil zerstört die Rest-Seriosität der österreichischen Justiz nun endgültig." Die FPÖ werde sich jedenfalls "auch durch solche Methoden" nicht stoppen lassen.

FPK-Spitze bestätigt Scheuch einstimmig
Bei einer kurzfristig einberufenen erweiterten Landesparteileiter-Sitzung am Dienstagabend stellte sich auch die FPK-Spitze hinter Scheuch und bestätigte ihn einstimmig als Landeshauptmannstellvertreter sowie Parteichef. "Die Delegierten haben sich einstimmig für meinen Verbleib ausgesprochen, der zentrale Inhalt der Sitzung war das Fehlurteil von heute", sagte Scheuch nach der Sitzung.

Auch die Ankündigung von Koalitionspartner ÖVP, die Zusammenarbeit bis zu einem rechtskräftigen Urteil auf Eis legen zu wollen, sei Thema gewesen. "Wir legen jedenfalls nichts auf Eis. Es sind sehr wichtige Projekte auf Schiene", so der FPK-Parteichef. Die ÖVP hatte am Nachmittag bekannt gegeben, das es bis zu einem rechtskräftigen Urteil keine Zusammenarbeit geben werde. Bei neuen Themen würde ab jetzt "das freie Spiel der Kräfte" zwischen FPK, SPÖ und ÖVP zum Tragen kommen, erklärte ÖVP-Landesparteichef Josef Martinz die konkrete Auswirkung dieser Ankündigung. Projekte, die bereits am Weg sind, würden aber weiterverfolgt.

Einen politischen Stillstand für das Land Kärnten befürchtet der VP-Chef damit nicht. Die Volkspartei ist in der Kärntner Landesregierung – in welcher die FPK mit vier Mandaten die absolute Mehrheit hält - mit einem Sitz vertreten, die SPÖ mit zwei.

SPÖ: "Dörfler muss ein Machtwort sprechen"
Für SPÖ-Landesparteichef Peter Kaiser ist Scheuch durch das Urteil "für die Politik untragbar geworden", er solle sich "aus der Landesregierung verabschieden". Sollte Scheuch selbst nicht handeln, sei Landeshauptmann Dörfler gefordert, "innerparteilich und im Amt der Landesregierung ein Machtwort zu sprechen", sagte der SPÖ-Politiker. Das BZÖ forderte ebenso von Dörfler "Verantwortung für das Land" ein. Dörfler müsse für klare Verhältnisse sorgen und "dem Land weiteren Schaden durch Scheuch ersparen", so Kärntens BZÖ-Chef Sigisbert Dolinschek.

Der Grüne Landesparteisekretär Frank Frey forderte ebenfalls "sofortige Konsequenzen im Sinne des Landes". Alles andere als ein sofortiger Rücktritt Scheuchs aus allen Funktionen im Land sei "unvorstellbar", so Frey. Scheuch habe "das Ansehen der Regierung und der Politik im Allgemeinen beschmutzt".

Bereits wenige Minuten nach dem Urteilsspruch hatte es Rücktrittsforderungen gehagelt. So sagte etwa SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, es sei unvorstellbar, dass ein in einem Korruptionsdelikt Verurteilter weiterhin öffentliche Ämter ausübe und als Parteiobmann einer Landeshauptmannpartei vorstehe (mehr Reaktionen in der Infobox).

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