Tag der Kinderarbeit

Strenges Lieferkettengesetz als Ausweg aus Misere

Ausland
12.06.2022 06:00

Anlässlich des Internationalen Tags gegen Kinderarbeit am Sonntag werden die Stimmen für ein europäisches Lieferkettengesetz, um Ausbeutung zu vermeiden, lauter. In Österreich fordert eine Initiative verschiedener Organisationen der Bundesregierung und dem Parlament ein „strenges Lieferkettengesetz, das effektiv gegen Kinderarbeit wirkt“. Neben Organisationen wie Fairtrade und Südwind setzt sich auch der niederländische Schokoladenproduzent Tony’s Chocolonely proaktiv gegen Kinderarbeit ein und fordert am Tag der Kinderarbeit mehr Engagement von seinen internationalen Mitbewerbern.

Nach aktueller Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und des Kinderhilfswerks UNICEF werden weltweit knapp 160 Millionen Buben und Mädchen als Kinderarbeiter ausgebeutet. Der größte Problemsektor ist die Landwirtschaft. Besonders prekär ist - wie berichtet - die Lage im Kakaoanbau.

Fast 1,6 Millionen Kinder arbeiten im Kakaoanbau
Entgegen vielen Versprechungen seitens der großen Schokoladehersteller gibt es im Kakaoanbau immer noch massive Ausbeutung und Zwangsarbeit. Fast 1,6 Millionen Kinder arbeiten laut NORC Report von 2020 (NORC an der University of Chicago ist eine der größten unabhängigen Sozialforschungsorganisationen in den Vereinigten Staaten) illegal auf Kakaofarmen in Ghana und der Elfenbeinküste. Vor allem etablierte große Schokoladenhersteller auf dem Markt profitieren davon.

„Die großen Schokoladenkonzerne haben sich schon vor 20 Jahren Ziele selbst vorgegeben, diese wenig später dennoch verwässert und am Ende verfehlt. Viele internationale Marken üben weiterhin gewaltigen Preisdruck auf die Produzent*innen aus und befeuern damit Missstände wie Kinderarbeit“, weiß Stefan Grasgruber-Kerl, Menschenrechts-Experte bei Südwind.

Niederländer als Schokolade-Vorreiter
Dass es aber auch anders gehen kann, zeigen heute Unternehmen wie Tony’s Chocolonely. Der niederländische Schokoladenproduzent gilt als Vorreiter der gesamten Branche. Firmengründer Teun van de Keuken, in den Niederlanden durch die TV-Aufdeckersendung „Keuringsdienst van Waarde“ bekannt, hatte 2004 selbst über die katastrophalen Praktiken im Kakaoanbau recherchiert, 2005 gründete er dann Tony’s Chocolonely.

Das Unternehmen sucht eigenen Angaben zufolge proaktiv nach Kinderarbeit in seinen Lieferketten. Aus diesem Grund beziehe man auch ganz bewusst seine Bohnen aus Westafrika, Ghana und der Elfenbeinküste. Hier seien die Probleme am größten, sodass das Unternehmen hier am meisten verändern könne, wie es in einer Aussendung zum Internationalen Tag der Kinderarbeit heißt.

Demnach betrage die durchschnittliche Rate der Kinderarbeit in der Schokoladenindustrie aktuell 46,5% (d.h. fast jedes zweite Kind arbeitet illegal auf den Kakaoplantagen in Westafrika). Bei den landwirtschaftlichen Kooperativen, mit denen Tony’s Chocolonely nach 5 eigens erstellten Beschaffungsprinzipien zusammenarbeitet, liege diese Rate „bei nur 3,9%“, heißt es weiter. 

„Tony’s Open Chain“, nennt sich die Strategie der Niederländer für eine gerechtere Kakao-Lieferkette, die ausdrücklich auch als Einladung an die Mitbewerber gemeint ist. Die Idee: Wenn beim Kakao-Einkauf alle an einem Strang ziehen, kann die Schokoladenindustrie gemeinsam die Menschenrechtsverletzungen in ihrer Lieferkette beseitigen - konkurrieren könne man danach ja immer noch im Supermarkt-Regal. Mittlerweile bekennen sich z.B. die niederländische Supermarktkette Albert Heijn mit ihren „Delicata“-Schokoladen, Aldi mit „Choco Changer“ oder auch Jokolade zu Tony’s Open Chain.

Appell an Politik für strengeres Lieferkettengesetz
Doch weil freiwillige Standards alleine nicht ausreichen, brauche es „vor allem auch politische und gesetzliche Rahmenbedingungen, um ausbeuterische Kinderarbeit weltweit zu beenden“, betont indessen Hartwig Kirner für das Bündnis „Kinderarbeit stoppen“. Das Bündnis appelliert darum an österreichische Regierungsmitglieder und Parlamentarier, den Kampf gegen ausbeuterische Kinderarbeit zu einer politischen Priorität zu machen und sich aktiv für ein strengeres Lieferkettengesetz einzusetzen. Damit faire Produkte - frei von ausbeuterischer Kinderarbeit - auf unseren Tellern und in unseren Kleiderschränken landen.

Zur Unterstützung der Forderung nach einem Ende der Kinderarbeit kann sich jede Österreicherin und jeder Österreicher auf www.kinderarbeitstoppen.at an der Mitmachaktion „Menschenkette gegen Kinderarbeit“ beteiligen. Die Beiträge, die auf kinderarbeitstoppen.at einsehbar sind, ergeben der Initiative zufolge in Summe bereits eine Menschenkette vom Justizministerium bis zum Haus der EU und zeigen die starke Unterstützung der österreichischen Zivilgesellschaft.

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