21.04.2022 07:02 |

Zwei Leben ausgelöscht

Deshalb ist Alkolenker nicht in Untersuchungshaft

Dem 22 Jahre alten Alkolenker von Radenthein in Kärnten, der am Ostersonntag zwei Menschen niedergefahren hat, drohen drei Jahre Haft: Die „Krone“ lässt die Justiz nun erklären, warum es für ihn keine U-Haft gibt - und wo die Grenzen zwischen Fahrlässigkeit und Vorsatz liegen ...

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Zwei junge Leben ausgelöscht: Lisa L. (34) und Ingo B. (39) starben in den frühen Morgenstunden des Ostersonntags, als sie als Fußgänger auf dem Heimweg von einem Audi niedergemäht wurden. In die Trauer um die beiden mischt sich nun Aufregung darüber, dass dem Todeslenker von Radenthein bei einer möglichen Anklage wegen grob fahrlässiger Tötung eine Höchststrafe von drei Jahren droht.

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Es macht von der subjektiven Tatseite einen Riesenunterschied aus, ob ich jemanden töten will oder aufgrund einer noch so tragischen Sorgfaltswidrigkeit einen Tod verursache.

Richter Christian Liebhauser-Karl

„Alkounfall ist keine Vorsatztat“
Richter Christian Liebhauser-Karl erklärt als Sprecher des Landesgerichts Klagenfurt allgemein, warum das in der Regel so ist: „Wir reden von einem Fahrlässigkeitsdelikt, wenn jemand betrunken mit dem Auto einen Unfall verursacht. Das ist keine Vorsatztat. Es macht von der subjektiven Tatseite einen Riesenunterschied aus, ob ich jemanden töten will oder aufgrund einer noch so tragischen Sorgfaltswidrigkeit einen Tod verursache.“

Ein Sorgfaltsverstoß alleine wäre eine fahrlässige Tötung - bedroht mit einem Jahr Haft, bei mehreren Opfern mit zwei Jahren. Ein „auffallender Sorgfaltsverstoß“ mündet in die grobe Fahrlässigkeit: Das ist bei Alkounfällen meist der Fall, kann aber auch Raserei betreffen.

Klagenfurter Gericht gilt als streng
Die Grenze für eine Alkoholisierung beträgt im Strafrecht 0,8 Promille - je höher sie allerdings ist, desto tiefer greifen die Richter bei der ihnen überlassenen Strafbemessung in den Schmalztopf. Das Landesgericht Klagenfurt - mit dem Oberlandesgericht Graz als Berufungsinstanz - gilt österreichweit als „streng“. Alkolenker müssen hier mit Gefängnisaufenthalten rechnen, wo es in anderen Gerichtssprengeln noch Geldstrafen gibt.

War Alkounfall vorhersehbar?
Auch die Diskussion um eine Privilegierung durch die sogenannte Vorhersehbarkeit ist durch das Unfalldrama wieder aufgeflammt. Liebhauser nennt das typische Beispiel, wann diese zutrifft: „Jemand sitzt im Garten und trinkt gemütlich einen Wein. Eine Wespe sticht das Kind in den Hals, es bekommt Atemnot, man rast ins Spital - bei einem Unfall wäre es für den Lenker nicht vorhersehbar gewesen, dass er sich trotz Alkoholkonsums noch ans Steuer setzt.“

Kein Taxi war mehr frei
Das wird ja auch in Radenthein behauptet. Wie berichtet, verteidigt sich der 22-Jährige, der schon im Vorjahr den Schein verloren hatte, dass er eigentlich mit dem Taxi fahren wollte - aber keines bekommen hätte. Ob das zutreffend ist, muss erst geklärt werden - und auch, ob das wirklich ein Milderungsgrund wäre ...

Alkolenker in psychiatrischer Behandlung
„Der Mann konnte immer noch nicht einvernommen werden“, so Staatsanwalt Markus Kitz am Mittwoch. Denn der junge Fahrer hat selbst einen Schock und wird psychiatrisch behandelt. Er muss ungeachtet der drohenden strafrechtlichen Konsequenzen damit zurechtkommen, dass er zwei Menschen auf dem Gewissen hat; eine lebenslängliche Strafe der anderen Art.

Eine Untersuchungshaft ist übrigens kein Thema. Kitz: „Man muss immer das Delikt, um das es geht, bedenken: ein Unfall. Und es gibt weder eine Tatbegehungs- noch Verdunkelungs- oder Fluchtgefahr.“

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