„Krone“-Kolumne

„Scham oder Superpower“: Weibliche Ejakulation

Kolumnen
05.04.2022 08:30

Soziologin und Sexualpädagogin Barbara Rothmüller diesmal zum wissenschaftlichen Streit über Squirting und weibliche Ejakulation.

Frauen werden oft davon überrascht, wenn sie beim Sex eine Flüssigkeit abspritzen. Meist wissen sie nicht genau, was sie davon halten sollen. „Ich habe nicht einmal realisiert, dass es passiert ist, wenn es passiert ist. Erst nachher haben wir realisiert: Krass, die Matratze ist komplett nass. Es ist ein Wahnsinn, wie viel Flüssigkeit da ist. Was ist das? Habe ich alles vollgespritzt?“, fragte sich etwa eine junge Frau. Wie viele andere Frauen dachte sie anfangs, sie - oder ihr Partner - hätte sich beim Sex angemacht, weil sie von einer weiblichen Ejakulation noch nie gehört hatte.

Eine Studie im progressiven Schweden hat Frauen befragt, die regelmäßig ejakulieren. Das Ergebnis: Viele haben darüber noch nie mit jemand anderem als ihrem Partner gesprochen. Der Grund dafür sind vor allem Schamgefühle, weil Frauen die Ejakulation von Flüssigkeit beim Sex nicht kontrollieren können. Gerade mit neuen Partnern oder Partnerinnen sind Frauen, die „squirten“ (d.h. abspritzen), deshalb oft verunsichert.

Während sich für einige Befragte das Abspritzen selbst unangenehm anfühlte, erlebten es andere Frauen als lustvoll, manchmal sogar als eine ganz neue Lusterfahrung, die ihnen tiefe Befriedigung verschafft. Stolz waren Frauen vor allem dann, wenn auch ihre Partner eine weibliche Ejakulation toll fanden. Manche erlebten ihre „sexuelle Superkraft“ als schön und „extrem machtvoll“. So schwärmte eine Frau Mitte 30 im Interview: „Ich bin fasziniert davon, und ich denke, es fühlt sich wie eine unglaubliche Kraft und ein feministisches Statement an, fast so, als würde man es ihnen ins Gesicht schleudern, nach all den Jahren der Unterdrückung der weiblichen Sexualität.“

Weil es keine verlässlichen Angaben darüber gibt, wie viele Frauen beim Sex squirten, imaginieren sich die Einen als seltene Spezies mit Superkräften. Die Anderen glauben, sie sind hypersexuell wie eine (meist als abspritzend inszenierte) Pornodarstellerin - oder peinlich, weil sie vermeintlich den Urin beim Sex nicht zurückhalten können. Über die Sexualität und Lust von Frauen ist im Laufe der Zeit schon viel Blödsinn verzapft worden. Dass manche Frauen bei sexueller Erregung nicht nur feucht werden, sondern eine größere Menge an Flüssigkeit ejakulieren, wusste man schon einmal, hat es wieder vergessen, dann überraschend „neu“ entdeckt, am Ende wieder bezweifelt. Was stimmt nun?

Fakt ist, dass ein Teil der Frauen beim Sex eine größere Menge an Flüssigkeit produziert. Hier endet aber auch schon das Wissen. Woher kommt die Flüssigkeit und woraus besteht sie? Man weiß es nicht genau. Die medizinische Sexualforschung streitet darüber, welche Flüssigkeit bei der Ejakulation von Frauen abgegeben wird. Obwohl viele Frauen fest davon überzeugt sind, dass es sich bei der Flüssigkeit nicht um Urin handelt, bleibt ein Rest Unbehagen für sie zurück. Das ist schade, denn die Forschung zeigt: Es ist gerade dieses Unbehagen, das die weibliche Lust an der Ejakulation für manche Frauen in ein peinliches Erlebnis verwandelt.

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