Anfang Mai wurden der Besitzerin eines Gestüts im Bezirk Neunkirchen über 40 Tiere abgenommen, weil bereits im Herbst ein Tierhalteverbot über sie verhängt wurde. Jetzt spricht die Besitzerin selbst über die tragische Vorgeschichte und wie es so weit kommen konnte.
Für Frau S. (Name der Redaktion bekannt) war der Tag der Razzia ein einziger Albtraum. Aufgrund von Anzeigen wegen Tierquälerei wurden Anfang Mai 43 Pferde, drei Lamas und drei Alpakas behördlich beschlagnahmt. Die Tiere waren laut „Pfotenhilfe“ in einem „äußerst erbarmungswürdigen Zustand“.
Finanzielle Notlage und kaum Hilfe
Dass die finanzielle Last, die Frau S. selbst kaum mehr stemmen konnte, der Ursprung der Misere ist, daraus macht sie kein Geheimnis. Ein schwerer Unfall, nach dem sie drei Tage im Koma lag, hohe Zinszahlungen, ein Wasserschaden im vergangenen Herbst, ein kaputter Truck – das alles führte dazu, dass sie bereits im Oktober über Facebook um Hilfe für ihre Tiere bat.
Für die Tiere, die eigentlich bereits seit 5. März 2025 ihrem Mitarbeiter gehörten, der bereits geplant hatte, sie nach Kroatien auf einen eigenen Pferdehof zu bringen. „Weil dort alles um einiges günstiger ist als bei uns“, so Frau S. „Wir haben eigentlich nur mehr die Geburt eines Fohlens abgewartet, dann hätten wir alle Tiere weggebracht“. Auch beim Gut Aiderbichl habe sie in dieser Zeit um Hilfe gebeten. „Aber sie sagten mir, sie hätten keinen Platz, weil sie jede Woche Anfragen von über 100 Pferden bekommen“.
Unfaire Vorgehensweise der Behörden?
Für Frau S. arbeiten die Behörden mit unfairen Mitteln. „Man versuchte mir mit ständigen Kontrollen und Strafen das Leben auch finanziell möglichst schwer zu machen“. Für sie sind die zwei Anzeigen nicht gerechtfertigt. Einmal verletzte sich ein Pferd am Bein, hatte aber nur Schnittwunden, die Frau S., die selbst Tierärztin ist, selbstverständlich behandeln ließ. Und beim zweiten Fall handelte es sich um einen sogenannten „Kümmerer“. Ein Pferd, das eigentlich eingeschläfert werden sollte, aber Frau S. versuchte trotzdem noch, es zu retten.
Kritik an Fotos: „Nur die ganz alten Tiere wurden fotografiert“
Kritik übt sie auch an den in den Medien verbreiteten Fotos der abgemagerten Tiere. „Hierbei wurden nur unsere ältesten Pferde fotografiert – nachdem man ihnen den ganzen Tag kein Futter gab und man sie stundenlang in der Sonne in den Transportern warten ließ“, so Frau S. All diese fotografierten Pferde seien bereits weit über 20 Jahre alt, einige davon genossen ihr Gnadenbrot auf dem Gestüt.
Das Foto mit dem tränenden Auge erklärt sie, dass „Anastasia“, so heißt die Stute, seit je her an einer chronischen Augenentzündung leide. „Natürlich haben wir ihr Auge immer wieder gereinigt“. Betreffend der eingerissenen Hufe sagt sie: „Erst zu Ostern war der Hufschmied bei uns, er konnte sich aber aus Zeitgründen nicht um alle Tiere kümmern und wäre demnächst wieder gekommen.“
Tiere hatten „Ein Leben wie Gott in Frankreich“
Für Frau S. hatten die Tiere bei ihr am Hof „ein Leben wie Gott in Frankreich“. „Sie bekamen Heu, durften auf die Weide und wurden nicht einmal geritten“. Als Beweis dafür schickt sie Fotos und Videos, die die Tiere noch eine Woche vor der Abnahme glücklich auf der Weide zeigen und sie weder abgemagert noch ungepflegt aussehen.
BH Neunkirchen rechtfertigt Abnahme und dementiert Vorwürfe
Von Seiten der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen heißt es dazu: „Es gibt und gab in der Vergangenheit eine Vielzahl an Anzeigen und Beanstandungen, die sowohl mit Aufträgen der Amtstierärztin als auch mit Strafverfahren geahndet wurden. Tatsache ist, dass im konkreten Fall ein rechtskräftiges Tierhalteverbot bestanden hat. Voraussetzung für ein Tierhalteverbot ist die mehrmalige rechtskräftige Bestrafung wegen Tierquälerei durch die Verwaltungsbehörde. Im Ergebnis sämtlicher bisheriger Verfahren bei der BH Neunkirchen war die Abnahme der Tiere erforderlich.“
Die Vorwürfe, die Tiere hätten am Tag der Abnahme kein Futter bekommen, weist die BH aufs Schärfste zurück. „Alle Tiere wurden vor Ort sofort durch Tierärztinnen und Tierärzte untersucht und danach von diesen mit Unterstützung engagierter Tierschutzorganisationen in die Transporter geführt und an die zuvor sorgfältig ausgewählten neuen Plätze gebracht, wo das Wohl aller Tiere im Mittelpunkt steht“, so Bezirkshauptfrau Alexandra Grabner-Fritz.
Und: „Die Tierabnahme hat für alle eine herausfordernde Situation dargestellt. Sie musste aber aufgrund der gegebenen rechtlichen Situation umgesetzt werden.“
Wie es für Frau S. jetzt weitergeht? „Ich versuche mich gerade mit der Bank außergerichtlich zu einigen“, so die Pferdehalterin. Auch einen Interessenten für den Hof gäbe es bereits.
Was sie jedoch am meisten vermisst, sind ihre beiden Hunde. Denn auch ihr Dackel Lou und ihr Whippet Esmèe wurden bei der Razzia mitgenommen.
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