Treibende Kraft hinter dem Klon-Projekt ist David Milarch (Bild links), ein Baumzüchter aus Copemish in Michigan. Gemeinsam mit der Geschäftsfrau Leslie Lee gründete er 2008 das Archangel Ancient Tree Archive. "98 Prozent unserer Urwälder sind abgeholzt oder auf andere Weise vernichtet worden", sagt Milarch. "Von den restlichen zwei Prozent sichern wir das Erbmaterial der besten, ältesten und widerstandsfähigsten Exemplare für die Nachwelt." Das zweite Ziel sei, "diese Wälder wieder aufzuforsten und weltweit möglichst viele Klone zu pflanzen, damit sie die Luft reinigen, das Wasser filtern und die globale Erwärmung bremsen".
Wissenschaftlichen Rat holt sich das Archangel-Team bei William Libby, einem pensionierten Forstgenetiker der kalifornischen Berkeley-Universität. An sich ist die Pflanzenvermehrung durch Klone gang und gäbe, in der Landwirtschaft etwa oder bei Orchideenzüchtern. Doch in diesem Fall bestehe zumindest ein ähnliches Problem wie beim Klonen von Tieren oder von menschlichen Stammzellen, erläutert Libby: je älter der Spender-Organismus, desto instabiler und kurzlebiger der Klon. "Bis zu 3.000 Jahre alte Bäume sind da eine echte Herausforderung."
Aus jungen Trieben DNA gewonnen
Arboristen wie David Milarchs Sohn Jake kletterten deshalb bis in die Spitzen der ältesten Bäume, um die jüngsten Triebe zu kappen. Und das obwohl Redwoods mehr als 100 Meter hoch werden können. Selbst aus den mächtigen Stümpfen solcher Giganten lässt sich gutes Erbmaterial gewinnen, wie Libby betont: "Aus ihnen sprießen noch immer neue Triebe. Deren DNA ist identisch mit der des alten Baumes - aber eben ganz jung."
Von diesem Punkt an ist das Klonen der Pflanzen einfacher als bei tierischen oder menschlichen Zellen: Aus den Triebspitzen, gut einen halben Zentimeter lang und nicht dicker als ein Pfeifenreiniger, werden in Nährlösungen Wurzeln gezogen. Und so wachsen seit diesem Frühjahr zum Beispiel die ersten 16 Klone des Stagg Tree, des fünftgrößten lebenden Baums der Welt aus dem kalifornischen Giant-Sequoia-Nationalpark, im Archangel-Gewächshaus.
Mischungen statt Monokulturen
Dem Vorwurf, mit den geklonten Bäumen würden Monokulturen geschaffen, setzt die Gruppe entgegen, gepflanzt werde stets eine Mischung verschiedener Klone. Dazu kämen noch Setzlinge, die aus Samen gewachsen seien. "Solche Mischwälder sind widerstandsfähiger als natürlich gewachsene Wälder", behauptet Libby. Auch dass exportierte Redwoods und Giant Sequoias heimische Pflanzen verdrängen könnten, ist wohl nicht zu befürchten.
Der beste Beweis: Seit es im 19. Jahrhundert in Europa Mode wurde, Parks mit exotischen Bäumen aus aller Welt anzulegen, wachsen einzelne Exemplare bereits in aller Welt - auch in Deutschland. Doch nirgends seien sie zur Plage geworden, sagt Libby: "Keine von beiden Arten neigt zur aggressiven Verbreitung."
"Wollen keinen Profit machen"
Als nächstes Projekt will das Archangel-Team klonbares Erbmaterial der hundert langlebigsten Baumarten weltweit sammeln und archivieren, vom afrikanischen Affenbrotbaum bis zur Libanon-Zeder. Große Spender sollen dann je eine Palette solcher Klone als Geschenk erhalten - für öffentliche Parks, Firmengelände oder auch Privatgärten. Auch der Verkauf von Baumklonen sei geplant, sagt Milarch. Als Echtheitsnachweis dienen genetische Fingerabdrücke der Mutterbäume. "Wir wollen keinen Profit machen", betont Leslie Lee. "Aber ohne Geld können wir unsere Arbeit nicht fortsetzen. Bekommen wir genug Spenden, geben wir die Bäume gerne gratis ab."
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.