„Pandemie beenden“

Johns-Hopkins-Experte will „alles öffnen“

Ausland
12.02.2022 20:00

Der bekannte deutsch-amerikanische Politikwissenschaftler Yascha Mounk galt lange Zeit als vehementer Befürworter der Corona-Maßnahmen und trat etwa für die Kontaktbeschränkungen ein. Die Dinge hätten sich in der Zwischenzeit aber geändert, erklärte Mounk via Twitter. Es sei nun an der Zeit, alles zu öffnen und mit dem Virus leben zu lernen, es lasse sich schließlich nicht „besiegen“. Wenig Verständnis für den Appell zeigten hingegen diverse Fachexperten.

In seinem aktuellen Beitrag für die US-amerikanische Zeitschrift „The Atlantic“ meint Mounk, dass es gerechtfertigt gewesen sei, die tiefgreifenden Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu ergreifen. Nur so hätte man Leben retten und das Gesundheitssystem vor einem Zusammenbruch bewahren können.

Mittlerweile habe man aber „endlich die Mittel, um mit dem Coronavirus zu leben“, strich er die bereits zugelassenen Impfstoffe und Corona-Medikamente hervor. Es bestünde nun die Gefahr, dass der Status quo über Gebühr hinaus verlängert würde, weshalb er dafür plädiert, „alles zu öffnen“.

Zweck der Maßnahmen sollte hinterfragt werden
Bereits erfolgte Lockerungsschritte sind ihm dabei viel zu wenig. Man lasse schließlich außer Acht, wie stark sich die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus immer noch auf das tägliche Leben auswirken. Viele Menschen würden sich sogar weiterhin, verständlicherweise, über die gesetzlichen Vorgaben hinaus vor dem Virus schützen, so der Politikwissenschaftler an der Johns-Hopkins-Universität. Keines dieser Opfer sei an sich übermäßig belastend, in Summe aber entstünde dabei ein „tiefes gesellschaftliches Unbehagen“.

Umso wichtiger sei es, nun einen klaren Endpunkt für die Pandemie festzulegen und dabei auch zu hinterfragen, welchem Zweck die Maßnahmen noch dienen. Es sei mittlerweile Konsens, dass man das Virus nicht „besiegen“ könne - „Covid-Null ist nicht erreichbar“, so Mounk. Die Beschränkungen seien zum aktuellen Zeitpunkt daher „unnötig geworden“, wenngleich er betonte, dass sich die Lage aufgrund möglicher neuer Virusvarianten schnell wieder ändern könnte.

„Schlimmeres Heilmittel als die Krankheit“
Auch die Situation der nach wie vor zahlreichen Ungeimpften spricht er an. Diese würden das Risiko ganz bewusst eingehen - es sei daher gesellschaftlich nicht akzeptabel, „unser Leben auf unbestimmte Zeit auf Eis zu legen, nur weil andere beschlossen haben, ihr Leben zu riskieren“. Das Virus werde wahrscheinlich noch jahrelang zu schwerem Leid führen, meint er weiter, die so lange andauernde Eindämmung der Pandemie könne sich jedoch zu einem „schlimmeren Heilmittel als die Krankheit“ erweisen.

Fachexperten widersprechen vehement
Mounk findet in der Welt der Wissenschaft mit seinem Appell jedoch nicht unbedingt Anklang. Es handle sich nach wie vor um eine Krankheit, die ansteckender und schwerer ist als die Grippe, erklärte etwa die Professorin am University College in London, Christina Pagel. Auch wenn wir es so wollen würden, „die Welt vor 2020 gibt es nicht mehr“, fällt ihre Einschätzung weit weniger optimistisch aus.

Ebenfalls kritisieren Experten, dass Mounk dabei sowohl die mangelnden Schutzmöglichkeiten für alle jene in Kauf nimmt, die sich nicht impfen lassen können (etwa Kinder oder immunsuppressive Menschen, Anm.) und damit auf eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung angewiesen sind. Auch die oft sehr schwerwiegenden Folgen einer Long-Covid-Erkrankung lässt er in seiner Argumentation aus.

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