"Häuser am Meer"

Restitution: Leopold Museum einigt sich mit Steiner-Erbin

Wien
11.05.2011 13:48
Im Restitutions-Fall des Gemäldes "Häuser am Meer" (Bild) von Egon Schiele hat sich die Leopold Museum Privatstiftung mit der einzigen Enkelin der Vorbesitzerin Jenny Steiner auf einen Vergleich geeinigt. Die Stiftung verpflichtet sich zu einer Zahlung von fünf Millionen Dollar (3,48 Millionen Euro) an die Erbin für ihren Drittel-Anteil. Das gaben der Stiftungs-Vorstand und der Vertreter der Erbin, Rechtsanwalt Alfred Noll, am Mittwoch bekannt.

Das 1938 von den Nationalsozialisten beschlagnahmte Gemälde gehörte der Industriellen und Kunstsammlerin Eugenie "Jenny" Steiner, geborene Pulitzer (1863-1958), die unmittelbar nach dem "Anschluss" nach Paris flüchtete und später in die USA emigrierte. 1941 wurde die 1914 von Schiele gemalte Stadtlandschaft bei einer Auktion im Dorotheum von Josefine Ernst erworben, deren Sohn das Bild 1955 an Rudolf Leopold verkaufte.

Seit langem ist der Vorbesitz von Jenny Steiner bekannt. Als Privatstiftung ist das Leopold Museum jedoch nicht an das Kunstrückgabegesetz gebunden. Bereits im Jahr 2000 hatte Elisabeth Leopold, Ehefrau des 2010 verstorbenen Kunstsammlers und Vorstandsmitglied der Stiftung, gesagt: "Wir ringen um einen Vergleich."

"Faire und gerechte Lösung" nach langen Verhandlungen
2010 hatte ein vom Kulturministerium eingerichtetes Beratungsgremium zu umstrittenen Kunstwerken im Leopold Museum ("Michalek-Kommission") die von unabhängigen Provenienzforschern vorgelegten Ergebnisse bestätigt und "Häuser am Meer" als restitutionswürdig eingestuft. "Nach langen Verhandlungen ist es gelungen, eine faire und gerechte Lösung herbeizuführen", hieß es heute. Das Bild werde - ähnlich wie das "Wally"-Porträt - mit einem Begleittext versehen, der "an die bewegende Geschichte des Bildes und an Jenny Steiner erinnern" soll.

Elisabeth Leopold: "Das ist ein Anfang"
Alfred Noll, Anwalt der in Wien lebenden Enkelin von Jenny Steiner, betonte, dass weder seine Mandantin noch das Leopold Museum oder Rudolf Leopold selbst daran Schuld seien, dass es im Fall des Gemäldes "Häuser am Meer" so lange gedauert habe, eine Lösung zu finden. Es sei vielmehr "ein Versagen des österreichischen Gesetzgebers", der für von den Nationalsozialisten gestohlenen Besitz keine klare Lösungen geschaffen habe. Denn "es war seit jeher klar: Dieses Bild ist Raubkunst. Es wurde von den Nazis Jenny Steiner gestohlen."

Die über zehn Jahre dauernden Gespräche sind allerdings weiterhin nicht abgeschlossen - sind doch die beiden übrigen Erbengruppen (laut Helmut Moser, dem Vorstandsvorsitzenden der Leopold Museum Privatstiftung, eine Gruppe in England sowie eine Gruppe von Stiftungen und Fonds in den USA) mit dem gebotenen Vergleich bisher nicht einverstanden.

"Wir haben das idente Angebot gemacht und haben den Versuch unternommen, mit allen Gespräche zu führen. Eine hat es angenommen." Man habe es daraufhin vermeiden wollen, diese Erbin zu vertrösten, bis man mit allen eine Regelung getroffen habe. "Wir werden sehen, was die Zukunft bringt." Elisabeth Leopold: "Das ist ein Anfang."

"Mehr als gefürchtet und weniger als erhofft"
Sicher ist jedoch, dass alle drei Erben bzw. Erbengruppen gleichviel erhalten sollen, egal, was weitere Gespräche möglicherweise erbringen. "Wir werden alle gleich behandeln", versicherte Moser. "Warum soll ich ihm nicht trauen?", ergänzte Anwalt Noll in Richtung der Journalisten. Der Vergleich habe die Frage für seine Mandantin "in einer für sie befriedigenden Weise gelöst", man habe mit fünf Millionen Dollar (3,48 Millionen Euro) "mehr als gefürchtet und weniger als erhofft" erzielt.

Nun wird es für die Stiftung am 22. Juni spannend, wenn das Schiele-Ölbild "Häuser mit bunter Wäsche" bei Sotheby's in London zur Versteigerung kommt (siehe Infobox). Das Auktionshaus geht von einem Schätzpreis von 36 bis 50 Millionen Dollar (24 bis 33 Millionen Euro) aus. Damit sollen die rund 15 Millionen Euro des Vergleichs für das "Bildnis Wally" sowie der "Häuser am Meer"-Vergleich finanziert werden. "Für uns ist das ein großes Opfer, ein großer Verlust", sagte Elisabeth Leopold. Warum man sich von "Häuser mit bunter Wäsche", nicht aber von "Häuser am Meer" trenne, begründete sie mit dem "Willen des Stifters".

Helmut Moser berichtete von laufenden "guten Gesprächen" in weiteren Restitutionsfällen, bei denen man freilich von der jeweils anderen Seite abhänge. "Aber wir hoffen, dass wir uns möglichst bald wieder zur Verkündung einer Einigung zusammenfinden können."

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