Am Montagvormittag fuhr Van Gaal ein letztes Mal bei den Bayern vor, begrüßte wartende Fans und Journalisten und verschwand in den Klub-Katakomben. Nachdem er sein Büro geräumt hatte, schaute er noch im Leistungszentrum vorbei, um noch vor Trainingsbeginn den Spielern und ehemaligen Mitarbeitern Lebewohl zu sagen.
Um exakt 10.49 Uhr ging der 59-Jährige mit einer schwarzen Ledertasche in der einen und einer Mineralwasserflasche in der anderen Hand zu seinem Auto, grüßte noch einmal und fuhr davon.
Nach Remis in Nürnberg gefeuert
Die Bayern haben am Sonntag endgültig die Reißleine gezogen und den Trainer mit sofortiger Wirkung gefeuert, obwohl sein Abschied zu Saisonende ohnehin seit einem Monat festgestanden hatte. Nach dem 1:1 am Samstag in Nürnberg reichte es der Bayern-Führung allerdings. Van Gaal wurde beurlaubt, die Führung der Mannschaft übernahm bis Saisonende der bisherige Assistent Andries Jonker. Amateure-Trainer Hermann Gerland wird ihn unterstützen. Auch der Bayern-Trainer zur neuen Saison steht bereits fest, Jupp Heynckes betreut bis dahin aber noch den Ligakonkurrenten Bayer Leverkusen.
Eine erfolgreiche Titelverteidigung ist mit 14 Punkten Rückstand auf Tabellenführer Dortmund fünf Runden vor Schluss ohnehin nicht mehr möglich. Zudem hält die Bayern-Führung große Stücke auf Jonker, der in der Ära Heynckes das Amateurteam übernehmen soll. "Wir wollten einen Mann haben, der die Verhältnisse kennt", begründete Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. "Er hat eine bemerkenswerte Antrittsrede gehalten vor der Mannschaft."
Rückhalt bei Mannschaft nicht mehr da
Der Rückhalt für Van Gaal soll auch bei Franck Ribery, Arjen Robben und Co. zuletzt nicht mehr der größte gewesen sein. "Dass die Mannschaft hinter Van Gaal stand, ist ein Märchen", behauptete Hoeneß am Tag der Beurlaubung des Niederländers. Der Bayern-Boss war schon mehrfach mit Van Gaal aneinandergeraten, weil dieser seiner Meinung nach zu hohe Machtansprüche gestellt hatte.
"Erfolg ist etwas - Spaß machen ist das andere", sagte Hoeneß über den Meistermacher der Vorsaison. "Der Spaß hat hier schon lange gefehlt." Vom niederländischen Interimstrainer Andries Jonker, der 2002/03 schon beim FC Barcelona als Assistent von Van Gaal gearbeitet hatte, erwartete der Präsident das versöhnliche Ende einer schwachen Saison. "Ich erwarte eine Explosion und dass die Zwangsjacke abgestreift wird", erklärte Hoeneß.
Die Beurlaubung des Niederländers, der die Bayern im Vorjahr noch zum nationalen Double und ins Finale der Champions League geführt hatte, sei "alternativlos" gewesen, meinte Rummenigge. Am Samstagabend hatten sich die Bayern-Chefs im Hauptquartier an der Säbener Straße zurückgezogen, um die Entscheidung zu fällen.
Zuvor hatte ausgerechnet der von Van Gaal zur Nummer eins beförderte Keeper Thomas Kraft in Nürnberg beim Gegentreffer gepatzt. Die Bayern rutschten auf Platz vier ab, zu allem Überfluss sah Superstar Robben auch noch wegen Schiedsrichterbeleidigung nach Schlusspfiff die Rote Karte. Der niederländische Flügelspieler dürfte damit in den kommenden Spielen fehlen.
"Minimalziel in Gefahr geraten"
Bereits am 7. März hatten die Bayern bekannt gegeben, die Zusammenarbeit mit Van Gaal im Sommer vorzeitig zu beenden. Ursprünglich wäre der Vertrag des Meistermachers, der seit Juli 2009 in München tätig ist, bis Juni 2012 gelaufen. Nun sei aber auch das Minimalziel, die Qualifikation für die Champions League, in Gefahr geraten, begründeten die Münchner die vorzeitige Trennung. Neben Van Gaal wurden auch Torwarttrainer Frans Hoek, Videoanalyst Max Reekers und Trainingspsychologe Jos van Dijk freigestellt.
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