„Krone“-Interview

Sobotka rudert zurück: „Die Wahrheit ist Pflicht“

Politik
15.05.2021 06:00

So etwas hat man von Wolfgang Sobotka noch nicht oft gehört: Im „Krone“-Interview entschuldigt sich der Nationalratspräsident, er fühlt sich falsch verstanden und betont nun, dass er nie für die Abschaffung der Wahrheitspflicht im U-Ausschuss gewesen sei. Außerdem spricht er über Formschönheit bei Chats.

„Krone“: Herr Sobotka, seit einem Interview von Ihnen diskutiert Österreich darüber, ob im U-Ausschuss gelogen werden darf. Sind Sie immer noch für die Abschaffung der Wahrheitspflicht?
Wolfgang Sobotka: Ich war nie dafür. Die Wahrheit ist Pflicht, im Untersuchungsausschuss und auch sonst im Leben.

Das klang für alle offenbar anders. Sie haben gesagt, dass die Zeugen unter Druck sind, weil sie unter Wahrheitspflicht stehen, daher gebe es viele Entschlagungen und keine Erinnerung.
Das habe ich vielleicht etwas unsauber formuliert. Wenn das falsch verstanden wurde, nehme ich das zurück. Was ich gemeint habe, ist, dass die Zeugen ohne Druck aussagen sollen, aber selbstverständlich unter Wahrheitspflicht.

Wie soll der Druck rausgenommen werden?
Nach dem Ende des jetzigen U-Ausschusses müssen wir uns einiges ansehen, etwa was den Vorsitz und einen klareren Untersuchungsgegenstand betrifft.

Kommen wir noch einmal zur Wahrheitspflicht. Augenscheinlich hat auch Ihre eigene Partei Ihre Aussage anders verstanden. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger sagte, man müsse die Idee nicht gleich verteufeln und man müsse auch darüber diskutieren können.
Es war mein Fehler, dass ich kein Wording dazu herausgegeben und erklärt habe, was ich gemeint hatte. Bei allen, die überlegt haben, was ich gemeint haben könnte, muss sich mich entschuldigen. Es ging um die grundsätzliche Reform des U-Ausschusses.

Haben Sie denn in der ÖVP nicht darüber gesprochen?
Dazu war keine Zeit, mein Kalender ist voller Termine.

Gegen den Bundeskanzler und den Finanzminister wird ermittelt, ebenso gegen enge Vertraute von Kurz und ehemalige Minister. Stimmen Sie zu, dass die ÖVP gerade kein sehr positives Bild abgibt?
Ich weiß nicht, wie oft ich schon angezeigt wurde. Auch der ehemalige SPÖ-Kanzler Werner Faymann war Beschuldigter, ebenso Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser. Mittlerweile ist die politische Diskussion durch die politische Anzeige ersetzt worden. Das ist ein Modell geworden und ein strategisches Spiel.

Ein Spiel, das auch die ÖVP mitspielt. Im Burgenland hat die ÖVP Landeschef Hans Peter Doskozil angezeigt.
Man kann Landespolitik nicht mit dem Bund vergleichen. Aber ich halte grundsätzlich Anzeigen für kein adäquates Mittel, für keinen guten Stil.

Sie betonen gern die Rechtsstaatlichkeit. Sollte Sebastian Kurz angeklagt werden, kann er dann Kanzler bleiben?
Es bringt das politische Klima mit sich, dass man heute schnell mit Anzeigen und Ermittlungen konfrontiert ist. Eines ist aber klar: Man kann ein Wahlergebnis nicht durch Anzeigen revidieren. Warten wir also ab, ich habe Vertrauen in die Justiz sowie in eine faire und unaufgeregte Aufarbeitung.

Selbst wenn es strafrechtlich keine Konsequenzen gibt, haben viele doch den Eindruck, dass es politisch fragwürdig oder unsauber zuging. Können Sie das verstehen?
Dass es dem einen oder anderen nicht passt oder nicht formschön vorkommt, das ist zu billigen. Es wurde aber auch moralisches Recht gebrochen, weil Informationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt waren, genau dort gelandet sind.

Finden Sie die Chats denn formschön?
Die Chats sind nicht meine Ausdrucksweise. Aber ich kann auch nicht garantieren, dass mir noch nie eine flapsige Formulierung passiert ist.

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