Tauziehen um Budget

EU: Einige vage Zusagen und ein fauler Kompromiss

Ausland
10.12.2020 21:00

Ein Gipfel, viele Themen, ebenso viele Baustellen und noch mehr Stolpersteine. Die EU-Mitgliedsstaaten rangen sich am Donnerstag zu einem faulen Kompromiss, vagen Bekenntnissen und aufgeschobenen Fragen durch. Eines war schon vor Beginn des Gipfels klar: Die Brexit-Hängepartie geht weiter. Die EU rüstet sich mittlerweile für ein Scheitern der Verhandlungen und bereitet Notfallmaßnahmen vor.

Das Abendessen von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dem britischen Premier Boris Johnson, in das große Erwartungen gesetzt wurde, hat die stockenden Verhandlungen keinen Schritt weitergebracht. Symbolträchtig wurde ein Fischmenü aufgetischt – Jakobsmuscheln mit gedünstetem Steinbutt. Immerhin ist die Frage der Fischereirechte eine der großen Hürden im schier endlosen Brexit-Gezerre.

Wird die Übergangsfrist weiter verlängert?
Nun gibt es ein neues Ultimatum bis Sonntag, das wohl auch wieder ohne Ergebnis verstreichen wird. „Es würde mich nicht wundern, wenn in der sprichwörtlich letzten Sekunde, also am 31. Dezember, eine Einigung zustande kommt oder wenn die Übergangsfrist einfach unter anderem Namen verlängert wird“, so ein EU-Insider.

Das schmerzt die EU: Briten impfen früher
Boris Johnson kann jedenfalls schon einen Sieg für sich verbuchen: Während in der EU noch auf die Corona-Impfung gewartet wird, impft Großbritannien bereits – und das ärgert viele in der Union ungemein. Da habe es immer geheißen, die Briten werden sich noch wundern, wenn sie austreten, ihr Schaden werde enorm sein, und jetzt sind sie schneller als wir, so ist zu hören. Schuld daran sei die Bürokratie, deren Mühlen in der EU langsam mahlen und die Zulassung verzögern.

Fauler Kompromiss beendet Blockade
Noch einer fühlt sich als Sieger: Ungarn Regierungschef Viktor Orbán. Er ortet beim faulen Kompromiss im Budget-Streit einen „Sieg des gesunden Menschenverstands“. Bisher blockierten Ungarn und Polen das 1,8 Billionen schwere Finanzpaket inklusive der dringend benötigten 750 Milliarden Euro an Corona-Hilfen, weil sie sich gegen die Verknüpfung mit Sanktionen bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit wehrten. Nun ist vorgesehen: Der Mechanismus greift nur, wenn der Haushalt gefährdet ist, nicht aber bei allgemeinen Problemen mit dem Rechtsstaat.

Das bedeutet, dass etwa die Einschränkung der Medienfreiheit oder die Unterdrückung von Minderheiten nicht davon berührt werden. Außerdem kann der Europäische Gerichtshof eingeschaltet werden, wenn ein Land Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Mechanismus hat. Das wiederum bedeutet, dass die Verfahren verschleppt werden, denn es dauert Jahre, bis der Gerichtshof urteilt, und so lange darf keine Strafe verhängt werden.

Viktor Orbán hat somit bekommen, was er wollte: Im Jahr 2022 wird in Ungarn gewählt, bis dahin hat der Premier keine Streichung von EU-Geldern zu befürchten. Allein aus dem Corona-Topf soll Ungarn rund sechs Milliarden Euro an Zuwendungen erhalten, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Polen bekommt sogar 24 Milliarden.

Lange Debatte über das Klimaziel
Bei der Klimadebatte versuchten jene osteuropäischen Staaten, die stark auf Kohle angewiesen sind, noch mehr Geld herauszuschlagen. Prinzipiell will die EU die Treibhausgase um 55 Prozent senken. Kanzler Sebastian Kurz unterstützt das Ziel, betont aber: „Das darf nicht mit dem Ausbau von Atomstrom Hand in Hand gehen.“

Doris Vettermann, Kronen Zeitung

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