„Krone“-Interview

Robbie Williams: Nach Corona kommt das Vergessen

Musik
10.12.2020 12:05

Mit seiner neuen Single „Can‘t Stop Christmas“ begeistert Superstar Robbie Williams die Massen, sein 2019er Weihnachtsalbum „The Christmas Present“ hat er samt dieses Songs neu aufgelegt. Im großen Interview mit der „Krone“ verrät Robbie aber nicht nur, wie er Weihnachten verbringen wird und dass er 2021 so einiges vorhat, sondern er teilt auch einige persönliche Gedanken zum Thema Corona-Pandemie. Zudem könnt ihr bei uns Robbie-Merch gewinnen!

(Bild: kmm)

„Krone“: Robbie, wir alle sitzen heuer im gleichen Boot und feiern Weihnachten unter besonderen Umständen. Wie geht es dir derzeit?
Robbie Williams:
Am Anfang kam es mir wie die Apokalypse vor. Es hat mich sehr erschreckt und verängstigt. Aber wir sind Menschen und sehr widerstandsfähig. Wenn Dinge unvermeidlich sind oder die Situation es verlangt, dann machst du eben das, was notwendig ist und passt dich der Situation an. Ich habe auch das Glück, in einer finanziellen Blase zu leben, in der ich mir keine Sorgen machen muss. Das hindert natürlich nicht meine Eltern daran, krank zu sein, aber es ist beruhigend. Wir leben in wirklich verrückten Zeiten. Normale Väter verlassen morgens das Haus, wenn die Kinder noch schlafen, und kommen abends zum Essen heim. Ich habe meine Kinder oft für einen ganzen Monat verlassen und bin jetzt plötzlich durchgehend daheim. Wenn es an dieser Pandemie etwas Positives gibt, dann die Tatsache, dass ich so viel Zeit für meine Kids habe.

Ihr verbringt die Quarantäne in London und nicht in Los Angeles. Ist das der bessere Ort, um zu Hause zu bleiben?
Nicht wirklich. Ich hätte den Lockdown lieber in der Sonne als bei diesem miserablen Wetter. Im Endeffekt geht es aber darum, dass meine Familie bei mir ist. Wo wir sind, ist dann egal.

Viele Leute nahmen sich bewusst Zeit, um zu reflektieren und ihr Leben neu zu ordnen. Hattest du auch solche Gedankengänge?
Ich befinde mich seit 1993 in einem persönlichen Lockdown. Für mich hat sich im Alltag nicht viel geändert, außer, dass ich nicht mehr auf der Bühne stehe. Ich reflektiere schon seit fast 30 Jahren, dafür brauchte ich keinen Lockdown. Als Songwriter und jemand, der geistig nicht gesund ist, muss man immer reflektieren und sich selbst hinterfragen, um das Leben besser zu gestalten. Ich habe für 2021 extrem viel vor. Ich plane eine TV-Show und einen Film, werde bei einer Kunstgalerie zu sehen sein und veröffentliche mit einer neuen Band ein elektronisches Dance-Album. All das wäre aber auch ohne Covid-19 passiert, die Pandemie war für mich keine große Offenbarung. 2021 war immer als Jahr der neuen Projekte geplant. Ich war drei Jahre lang Agoraphobiker und hatte Angst das Haus zu verlassen - für mich ist das alles wirklich sehr leicht zu durchstehen.

Erzähl doch mal ein bisschen über dieses elektronische Dance-Album mit neuer Band …
Ich kann dir im Prinzip alles Mögliche darüber sagen, nur nicht den Bandnamen. Die Songs sind alle geschrieben und bereits aufgenommen und ich will das Album im Frühling 2021 veröffentlichen. Guy Chambers ist übrigens kein Teil der Band. (lacht) Zwei Freunde, mit denen ich Songs schreibe, haben mich darauf gebracht. Einer war ein Jahr lang unterwegs, um ganz tief in dieses Genre einzutauchen und hat mich dem nähergebracht. Das war extrem aufregend. Er machte großartige Musik und ich wollte mit ihm zusammenarbeiten, alles andere hat sich ganz organisch ergeben. Flynn Francis und Tim Metcalfe sind die beiden, mit denen ich arbeite. Meine zwei Freunde aus Melbourne.

In erster Linie gibt es jetzt einmal die Wiederauflage deines 2019er Weihnachtserfolgsalbums „The Christmas Present“ und dem brandneuen Song „Can’t Stop Christmas“, der sich um das Fest und auch die prekäre Lage dreht und mit viel Humor durchzogen ist. War es dir wichtig, in dieser Zeit ein Statement der Hoffnung zu setzen?
Ich wollte einfach einen Song schreiben, der nicht so typisch weihnachtlich klingt. Eher mehr eine Midlands-Pub-Rock-Nummer. Ein bisschen so wie Slade, die mich immer an Weihnachten erinnern. Es sollte eine tanzbare Upbeat-Nummer sein. Der Song wurde im August geschrieben, aber man kann sich auch im Sommer gut darauf einstellen.

Ist es dein Ziel, den Leuten Freude zu bringen? Sie gedanklich aus der gegenwärtigen Tristesse zu holen?
Mehr denn je geht es in diesen Tagen um eine Fluchtmöglichkeit. Wenn du Weihnachten magst, dann kannst du dich einen knappen Monat in die Musik, die Lichter, den Geruch, das Essen und die Stimmung von Weihnachten einfügen und vergisst die Realität um dich herum. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in der jüngeren Geschichte einen Zeitpunkt gab, wo wir den Eskapismus so herbeisehnten wie dieses Weihnachten. Mein Song ist nur ein Tropfen Wasser im großen Ozean der Realitätsflucht. Wenn ihr Spaß daran habt, dann ist das für ich ein großer Erfolg.

Du hast in einem Interview betont, dass du bei der Single nicht mit einem Nummer-eins-Hit rechnest. Eine ziemlich interessante Ansicht für jemanden, der seit fast 30 Jahren die Charts dominiert, wie er will …
Ich schreibe schon noch Hits, aber die Leute stimmen da nicht mehr immer so einfach mit mir überein, dass das auch Hits sind. (lacht) Der Sauerstoff, den ich früher an der Spitze der Single-Charts zum Atmen brauchte, wurde mir längst von jüngeren Künstlern genommen. Ein Popstar zu sein, ist das Spiel der jungen Generation. Man wird es langsam gewohnt, dass man in Radiosendern gespielt wird, die ein älteres Zielpublikum haben. Das ist absolut großartig, es ist nur eben etwas anders. Ich bin sehr dankbar dafür, aber dieser Markt sorgt für keine großen Streamingzahlen. Natürlich habe ich Publikum, dass meine Hits streamt, aber ich glaube der Großteil macht das nicht und kauft lieber physische Produkte. Das macht es relativ unmöglich, heute in den Top-40 zu landen.

Andererseits sieht man bei Livekonzerten unheimlich viele junge Menschen, du erreichst immer wieder ein neues Publikum. Ist das nicht doch ein Messen mit der jüngeren Popsänger-Generation?
Nein. Ed Sheeran ist ein guter Freund von mir. Ein liebevoller Typ und großartiger Künstler. Ich denke nicht an andere Künstler, wenn ich Songs schreibe. Ich bin voll auf mich selbst fokussiert. Auf das, was mich inspiriert und motiviert. Ein normales Robbie-Williams-Album alle zwei Jahre ist das Langweiligste, was ich mir vorstellen kann.

Daher wohl auch das kommende Electronic-Dance-Album. Was hast du sonst noch in petto, was du gerne angehen würdest?
Möglicherweise mache ich danach etwas mit einem Orchester. Für die nächsten paar Jahre bin ich mit all dem schon ganz gut ausgelastet.

Wie sieht dein persönliches Weihnachten heuer aus?
So weit wie möglich wie immer: mit den Kindern und ein paar guten Freunden viel und gut essen. Dann kommt die Bescherung und wir genießen die Ruhe.

Und wie hast du im Vergleich dazu Weihnachten 1998 verbracht?
Statt zwei Gramm habe ich damals sechs Gramm Koks für das Fest gekauft. (lacht)

In diesen Zeiten werden auch Social-Media- und Kontakt-Plattformen wie Zoom, Facetime und auch WhatsApp oder Facebook immer wichtiger. Hat sich dein Verhältnis diesen unterschiedlichen Anbietern gegenüber verändert?
Ich bin immer noch der Meinung, dass diese Werkzeuge mehr Schlechtes als Gutes in uns hervorrufen. Für mich sind die Plattformen gut, um die Leute wissen zu lassen, dass ich an etwas arbeite oder veröffentliche. Ansonsten halte ich mich dem so gut wie möglich fern, denn das kann sehr belastend sein. Es ist so, wie wenn du dich in einer öffentlichen Toilette auf der Wand über jemanden auslässt, den du nicht magst - nur dass es hier alle sehen. Ich fühle mich wie eine Art konstanter Gast, der ständig beobachtet, wie Fremde sich gegenseitig Beleidigungen zuwerfen. Mir machen diese Plattformen wirklich Angst, dass sie die Gesellschaft erbärmlich abstumpfen.

Glaubst du, dass die Menschen aus Covid-19 etwas lernen? Dass man am Ende doch gestärkt und klüger aus diesem unvermeidlichen Schlamassel herauskommt?
Nein. Sobald die Dinge wieder in normale Bahnen zurückgelenkt werden, wird das große Vergessen einsetzen. Wir sind Menschen. Wir alle wollen überleben und herausfinden, was in den nächsten fünf Minuten passieren wird. Wir sind egoistisch und wollen uns schützen, so ticken wir. Einen Monat nach dem Ende der Geschichte, wenn wir wieder alle in Restaurants sitzen, Konzerte besuchen, zum Fußball gehen und um die Welt fliegen, werden wir dieses Jahr als Fußnote der Geschichte sehen, die wir überstanden haben. Man denkt kurz nostalgisch an eine seltsame Zeit zurück und konzentriert sich dann wieder darauf, was die nächsten fünf Minuten passieren wird.

Planst du Konzerte für 2021? Hast du die Hoffnung, dass du zumindest im Herbst wieder auf die Bühne gehen kannst?
Ich habe Konzerte für 2021 abgesagt, mir ist die Lage zu unsicher und wackelig. Der ganze Markt ist sich auch nicht sicher genug, ob man da schon planen kann.

Was würdest du rückblickend als deine mutigsten Schritte und Meilensteine in deiner Karriere bezeichnen?
Alles ist auf gewisse Weise mutig. Es ist mutig, Interviews zu geben in einer Zeit, wo deine ganze Karriere wegen vier falsch gesagter Worte vorbei sein kann. Es ist mutig, auf die Bühne zu gehen. Jeder, der das macht, hat wirklich sehr viel Courage. Es ist mutig, sich in dieser brutalen Welt zurechtzufinden und sich im Leben durchzukämpfen. Aufzuwachen und dem Tag entgegenzugehen ist mutig. Einen Fremden anzusprechen ist mutig. Kinder aufzuziehen und ihnen auch mal zu sagen, dass sie Unrecht haben und dieses oder jenes nicht machen dürfen erfordert Mut.

Ist es als Vater von vier Kindern nicht schwieriger, die Zeit und auch die Ruhe zu finden, um der Kreativität nachzugehen?
Nein, denn die Musik ist mein Job. Es ist Arbeit und jeder muss seine Arbeit machen. Die Dinge sind in meinem Kopf klar geordnet. Die Musik lässt mich lebendig fühlen, sie gibt mir eine Aufgabe und im Endeffekt ein Ziel. Zudem kommt das Geld damit rein, mit dem wir ein so schönes Leben führen können. Ich mache nichts anderes als andere Väter.

„The Christmas Present“ war letztes Jahr auch das Album, mit dem du in Großbritannien einen Rekord aufgestellt hast. Du hast den großen Elvis Presley als Solokünstler mit den meisten Nummer-eins-Alben eingeholt. Bist du stolz auf so etwas, oder ist das einfach etwas Feines, das mit deinem Job einhergeht?
Solche Erfolge schützen mich wie ein Schild vor Arroganz und dem Abheben. Es ist wie ein Schutzpanzer, weil er mich demütig erkennen lässt, mit welchen Größen ich mich messen darf. Ich versuche meinem Ego nicht übermäßig viele dieser Gedanken zuzuführen, aber natürlich sind solche Marksteine etwas Besonderes. Ich bin sehr froh, dass mir das gelang, weil es mir eine Matratze gibt, auf der ich landen kann, wenn ich schlechte Tage habe und mich nicht gut fühle. Wenn mir jemand sagen will, ich wäre eine grauenhafte Person, die nicht singen und keine Songs schreiben kann, dann weiß ich, dass ich 13 Nummer-eins-Alben habe - also fuck off!

Du hast auf dem Album damals mit unterschiedlichen Künstlern wie Rod Stewart, Bryan Adams oder Helene Fischer zusammengearbeitet. Liebst du solche Kooperationen?
Ich habe mit vielen tollen Künstlern zusammengearbeitet, die ich als Künstler und Menschen sehr schätze. So romantisch ist das aber selten, denn das meiste geht über die Managements, die dann den richtigen Tag finden müssen, wo sich einmal alles für alle ausgeht. Ich habe über die Jahre hinweg wirklich sehr selten andere Künstler darum gefragt, mit mir zu performen. Einfach deshalb, weil ich nicht gerne mit anderen auf der Bühne stehe.

Dann hoffen wir, dich zumindest 2022 wieder in Österreich zu sehen. Gibt es etwas, auf dass du dich bei uns besonders freust?
Würde ich nur Konzerte in Österreich spielen, wäre ich ein sehr glücklicher Mann. Ich liebe Österreich und die Österreicher über alles, hatte hier immer tolle Konzerte und eine großartige Zeit. Wenn ich, ignorant und naiv, durch Wien spazierte, habe ich nie wirklich mitbekommen, dass Österreich früher einmal die Welt dominierte. Sieh dir nur die Gebäude und die Architektur an. Das waren die Plätze, wo in Europa alles passierte. Ich kann es kaum erwarten, wieder bei euch aufzutreten.

Gewinnspiel
Zudem verlosen wir exklusiv Robbie-Williams-Merchandise. Es gibt 2 Longsleeve (1x weiß, 1x schwarz) und 1 Hoodie (schwarz) von Robbie Williams im weihnachtlichen Stil zu gewinnen. Sämtliches Merchandise in Größe L. Einfach das angehängte Formular ausfüllen und mit etwas Glück sahnt ihr einen der tollen Preise ab. Einsendeschluss ist Mittwoch, 16. Dezember, 10 Uhr. Die Gewinne werden euch direkt an die angegebene Adresse zugeschickt, allerdings ohne Garantie, dass es sich noch vor Weihnachten ausgeht. Viel Glück!

Das Gewinnspiel ist bereits beendet. Vielen Dank für die Teilnahme!

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