06.10.2020 08:59 |

Verletzte, ein Toter

Kirgistan: Demonstranten stürmten Regierungssitz

Nach einer umstrittenen Parlamentswahl in der zentralasiatischen Republik Kirgistan ist es in der Hauptstadt Bischkek zu schweren Ausschreitungen mit Hunderten Verletzten und einem Toten gekommen. Fast 600 Menschen wurden verletzt, wie das Gesundheitsministerium des Hochgebirgslandes an der Grenze zu China am Dienstag mitteilte. In der Nacht hatten Demonstranten Regierungsgebäude gestürmt (siehe Video oben), die Polizei setzte Tränengas und Wasserwerfer ein.

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Mehrere Oppositionsparteien hatten die Ergebnisse der Wahl vom Sonntag nicht anerkannt. Nachdem Demonstranten bereits am Sonntag mehrere öffentliche Gebäude besetzt hatten, darunter den Regierungssitz und das Bürgermeisteramt in Bischkek, wurde am Montagabend auch das Parlamentsgebäude gestürmt.

Die Demonstranten befreiten zudem mehrere Politiker aus dem Gefängnis, unter ihnen den Ex-Präsidenten Almasbek Atambajew, wie die kirgisische Nachrichtenagentur Akipress berichtete.

Präsident: „Versuch, illegal die Macht zu ergreifen“
Präsident Sooronbaj Dscheenbekow habe die Wahlleitung um eine Überprüfung der Wahlergebnisse gebeten - gegebenenfalls bis hin zu einer kompletten Annullierung, sagte seine Sprecherin Tolgonaj Stamalijewa. Dscheenbekow versuche, das Land mit seinen mehr als sechs Millionen Einwohnern wieder zur Ruhe zu bringen. Die Ex-Sowjetrepublik habe bereits zwei Volksaufstände hinter sich und kenne „wie niemand sonst den Preis für Frieden und Stabilität“.

Dscheenbekow bezeichnete die Unruhen als Versuch einiger Gegner, illegal die Macht zu übernehmen. Er rief weiters seine politischen Opponenten am Dienstag auf seiner Website auf, die öffentlichen Proteste zu beenden. Er habe die Sicherheitskräfte angewiesen, nicht zu schießen.

Dienstagfrüh gab Dscheenbekow eine Erklärung ab, wonach er die Lage unter Kontrolle habe. Der Staatschef „kontrolliert die Situation und drückt sein Vertrauen aus, dass alle politischen Kräfte das Interesse des Landes über ihr eigenes stellen werden“, hieß es in der vom Präsidialamt veröffentlichten Erklärung.

Immer wieder Ausbrüche von Gewalt
Kirgistan ist nach den Revolutionen der Vergangenheit heute eine parlamentarisch-präsidiale Republik. Nach dem Sturz von Präsident Kurmanbek Bakijew 2010 hatte die demokratische Politikerin Rosa Otunbajewa die Führung in dem Land übernommen. Sie war die erste Frau an der Spitze und setzte bis dahin in der von autoritären Staatschefs geprägten Region beispiellose demokratische Reformen durch. Gestärkt wurde dabei auch die Rolle des Parlaments.

In dem stark von politischen Clanstrukturen geprägten Land gab es zuletzt nach Meinung von Menschenrechtlern wieder Rückschritte. Bereits 2005 musste nach Vorwürfen der Wahlfälschung Präsident Askar Akajew das Land verlassen. In dem völlig verarmten Staat, in dem Russland nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion vor 30 Jahren bis heute Einfluss hat, kommt es immer wieder zu Ausbrüchen von Gewalt.

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