Der Anwalt des Hauptangeklagten legte Nichtigkeitsbeschwerde ein. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Der Richter hatte erschwerend gewertet, dass die Tat in dem gut besuchten Tempel mit vielen anwesenden Frauen und Kindern verübt worden war. Den Angeklagten hatten Haftstrafen von zehn bis 20 Jahren oder lebenslang gedroht.
Glaubensstreit führte zu Bluttat
Bei der Schießerei am 24. Mai 2009 waren die aus Indien angereisten Gurus Sant Rama Nand und Sant Niranjan Dass getötet bzw. schwer verletzt worden. Die Bluttat dürfte die Konsequenz einer Glaubensunstimmigkeit zwischen fundamentalistischen Sikhs und Ravidass-Anhängern gewesen sein. Während die Sikhs nur ihr heiliges Buch als verehrungswürdig erachten, huldigt der Ravidass-Ableger auch Gurus.
Auch während des Prozesses gaben die Angeklagten an, dass diese Praxis im Widerspruch zu ihrer Religion stehe. Die Staatsanwaltschaft warf den Angeklagten daher vor, aus diesem Grund das Attentat geplant und durchgeführt zu haben. Der Haupttäter habe aus nächster Nähe siebenmal auf die beiden angereisten Gurus und den Wiener Prediger Kishan Pal gefeuert.
Gegen den Hauptangeklagten sprach eine Reihe von Beweisen. So fanden sich etwa ausschließlich seine DNA-Spuren auf der Tatwaffe, seine Kleider und Hände wiesen entsprechende Schmauchspuren auf. Die fünf mutmaßlichen Komplizen hatten Dolche und Messer gezückt und damit teils auf die Gläubigen eingestochen, die den Gurus zu Hilfe kommen wollten. Staatsanwältin Nina Weinberger betonte, dass zwar auch die mutmaßlichen Täter attackiert worden waren, allerdings wiesen nur die Opfer der Ravidass Verletzungen auf, die von Stichwaffen herrührten.
Hauptangeklagter konnte sich an nichts erinnern
Der Hauptangeklagte litt nach eigenen Angaben unter Erinnerungslücken und konnte sich dementsprechend nicht mehr an die Tat erinnern. "Ihm wurde die Erinnerung aus dem Gehirn gedroschen", meinte sein Verteidiger Josef Phillip Bischof. Der Mann habe bei der Gegenattacke der Ravidass mit Bratpfannen und Nudelwalkern einen Schädelbruch erlitten und war fünf Wochen im Koma. Dieser Gedächtnisverlust war für die Gerichtspsychiaterin Gabriela Wörgötter zwar "nicht nachvollziehbar", für den Verteidiger allerdings Grund genug dafür, den Geschworenen den Grundsatz "Im Zweifel für den Angeklagten" ans Herz zu legen.
Große Probleme hatte das Gericht mit den geladenen Zeugen. Während die Ravidass-Anhänger die Angeklagten möglichst drastisch beschuldigten, litten die Sikhs laut Staatsanwältin "unter kollektivem Gedächtnisverlust". Die Personen machten zum Teil auch gänzlich andere Aussagen als bei ihrer Einvernahme durch die Polizei. Staatsanwältin Weinberger begründete dies vor allem mit dem Druck, unter dem die Zeugen in ihrer jeweiligen Community stehen. Auch die Verteidigung hatte keine besonders Freude mit den Aussagen. In Anspielung auf einen Werbespot sei "Frag den Inder nicht" in diesem Fall besser, meinte Verteidiger Bischof.
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