Im „Krone“-Gespräch

Urlaub & Co.: 9 Fragen an den Gesundheitsminister

Politik
28.07.2020 06:00

Verordnungschaos, Wirrwarr um Reiseregeln und neue Cluster: Doch Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) zeigt sich im „Krone“-Gespräch zuversichtlich. Er erzählt von Urlaubsplänen am Traunsee und sagt: „Es wird so viel getestet wie noch nie!“

1. Herr Minister, im März meinten Sie, dass Sie wenig schlafen, aber dafür gut. Wie sieht es derzeit mit Ihrer Nachtruhe aus? Das Chaos der letzten Tage klingt nach einem bösen Traum.
Die schwerste Pandemie seit 100 Jahren mit über 16 Millionen bestätigten Fällen und 650.000 Todesfällen ist wie ein böser Traum. Österreich ist bisher sehr gut durch diese Pandemie gekommen. Für das Gesundheitsministerium ist das die größte Herausforderung aller Zeiten. 99 Prozent der Arbeiten funktionieren hervorragend, aber es sind auch Fehler passiert - und aus denen muss und wird das Haus lernen.

2. Können Sie verstehen, dass viele Menschen den Überblick verlieren? Kennen Sie sich selbst noch aus?
Die Grundregeln sind einfach: Hygienemaßnahmen umsetzen, Mindestabstand halten und Mund-Nasen-Schutz tragen. Das ist für alle nachvollziehbar, und wenn sich alle daran halten, haben wir die Pandemie im Griff. Detailregelungen gibt es auf www.sozialministerium.at. 

3. Stichwort St. Wolfgang: Bei uns meldete sich ein Wiener, der dort auf Urlaub war und sich dann krank fühlte. Er wurde auf der 1450-Hotline abgewimmelt, zum Hausarzt geschickt. Zum Glück ging er nicht hin, denn er war positiv! Wie kann es immer noch solche Fehler geben?
1450 hatte über eine Million Anrufe zu bearbeiten. Auch da gilt, dass der Großteil hervorragend funktioniert. Diese Arbeit hat sichergestellt, dass das Gesundheitssystem durch eingeschleppte Infektionen nicht geschwächt wurde.

4. Warum funktionieren Tests nur in Krisenherden, also wenn es fast schon zu spät ist? Landesweit hinkt man mit Testungen ja nach.
In Österreich wurden mittlerweile über 850.000 Testungen durchgeführt, wir liegen international im Spitzenfeld. Derzeit wird so viel getestet wie nie, und wir werden die Zahlen weiter steigern, vor allem durch Screening-Testungen ohne Symptome in Risikobereichen.

5. Warum wurden Schlachthöfe und Schulen so schnell geschlossen, Hotels bleiben aber offen?
Schließungen einzelner Betriebe hängen von der Einschätzung der lokalen Behörden ab. Entscheidend dabei ist, ob das Kontaktpersonenmanagement klare Ergebnisse bringt und damit die notwendigen Informationen für die Eingrenzung der Infektion vorliegen. Falls dies nicht gelingt, können Schließungen gerechtfertigt sein.

6. Die Urlaubsstimmung hält sich in Grenzen. Zu Sommerbeginn wurde erklärt, dass wir besser im Land bleiben sollten. Jetzt wurde das Salzkammergut Hotspot.
Die Tourismusbetriebe sind sehr bemüht, allen Gästen einen sicheren Urlaub zu bieten. Weitestgehend gelingt das auch. Auch im Salzkammergut. Ich selbst werde ein paar Tage Urlaub im August am Traunsee verbringen, und ich freue mich schon darauf. Einzelne Cluster können weltweit überall passieren. Wir alle werden von einer Herausforderung wie in St. Wolfgang weiter lernen.

7. Fehlt den Jungen manchmal die Disziplin? Oft entwickeln sich Partys zu Ansteckungsherden. Fehlt hier das Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Älteren?
Wir mussten nach einer großartigen Beteiligung der Bevölkerung im Juni und Juli einen Rückgang des Risikobewusstseins bei Teilen der Bevölkerung verzeichnen. Das hat sich in den vergangenen Tagen durch die verschiedenen Ausbrüche wieder deutlich verbessert. Das Tragen des MNS zum Beispiel wird vorbildlich befolgt. Jungen Leuten muss man auch sagen: Wir merken einen deutlichen Trend, dass gerade Jüngere in den letzten Tagen weltweit und auch in Österreich stärker betroffen sind. Also: Zusammenhalten, Verantwortung tragen, schau auf dich, schau auf mich.

8. Bahnt sich beim Strafen-Fleckerlteppich eine landesweite Lösung an?
Ja, sie wird diese Woche kommen.

9. Wie wird das Ampel-System in der Praxis umgesetzt? Wenn im Bezirk A Grün, im Bezirk B Gelb und in C Rot gilt – wie wird man wissen, in welcher Region man sich befindet und welche Regeln gelten? Bezirksgrenzen sind unsichtbar.
Das Ampel-System wurde von mir vor nur drei Wochen angekündigt. Es ist mit umfassender Vorbereitungsarbeit verbunden, da ein gesamtes System völlig neu aufgestellt werden muss. In dieser Arbeit sind wir derzeit: Am Mittwoch werde ich die ersten Teile – die Berechnungsindikatoren für die Ampel und die Ampel-Kommission – in die Regierung einbringen. Dann erfolgt die Erarbeitung der Leitlinien für Maßnahmen, und schließlich wollen wir noch im August den Probebetrieb starten. Die oben gestellten Fragen sind Teil unseres derzeitigen Arbeitsprozesses.

Interview: Gregor Brandl, Kronen Zeitung

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