F1-Experte staunt

„Eigenwilligster Grand Prix, bei dem je ich war“

Formel 1
06.07.2020 10:06

Keine Zuschauer, aber auch kein positiver Corona-Test. Teil eins des Grand-Prix-Doubles in Spielberg hat dank der rigorosen Hygiene-Maßnahmen gut funktioniert. Bevor es ab Freitag mit dem Steiermark-Grand Prix in die zweite WM-Runde geht, konnten Rennstrecke und Teams kurz durchatmen. Allerdings galten natürlich auch in der „Halbzeit“ die strengen Corona-Hygiene-Maßnahmen.

Das Projekt Spielberg erwies sich auch in der Pause zwischen den beiden Österreich-Rennen als Top-Gastgeber. Für Teams und Fahrer gab es zahlreiche Freizeitangebote. An der Rennstrecke steht eine Fitnessbox mit Workout-Geräten. Man kann Fischen gehen oder Radfahren. Alles mit - Corona getesteten - Betreuern. Die meisten Anmeldungen gab es freilich für die Spezialität des Hauses, nämlich die motorisierten Fahrerlebnisse auf vier und zwei Rädern - einmal Motorsportler, immer Motorsportler.

Der Red Bull Ring wird in der Pause aufgeputzt und dann mit dem gleichen Konzept wieder angeworfen. Bis dahin werden sich auch die aus dem Ausland in die Steiermark gereisten Journalisten an das aktuelle Szenario gewöhnt haben. Keine Zuschauer, keine Stimmung, keine Kontaktmöglichkeiten im globalen Formel-1-Zirkus: das war für viele ungewohnt und neu.

„Es ist alles sehr eigenartig“, fühlte sich etwa Joe Saward auch nach fast einer Woche noch immer nicht wirklich „angekommen“. Der Brite ist seit 34 Jahren Formel-1-Reporter, hat über 560 Rennen auf dem Buckel und 1988 zuletzt eines versäumt. Der Mann hat fürwahr viel gesehen. „Aber das jetzt ist der eigenwilligste Grand Prix, bei dem ich jemals war.“

Wenig Masken
Saward lebt in Frankreich und war nach seiner Ankunft zunächst überrascht. „Niemand trägt hier Masken“, stellte er beim Ausflug in ein steirisches Gasthaus verwundert fest. Französische Kollegen registrierten verwundert, man gewinne außerhalb der Rennstrecke den Eindruck, das ganze Murtal sei immun.

Der Unterschied zwischen der Außenwelt und dem abgeschotteten Mediencenter, in das man nur nach PCR-Tests, Fiebermessen und mit Schutzmasken kommt und in dem akkurat auf die Einhaltung der Hygienevorschriften geachtet wird, könnte größer nicht sein. Die wenigen zugelassen Journalisten müssen sogar für einen Kaffee im Kreisverkehr gehen, um niemandem zu begegnen.

Dabei, aber irgendwie auch nicht
Was Saward während der ersten GP-Woche aber am meisten vermisste war der direkte Kontakt zu den Formel-1-Teams. Alles diesbezügliche passiert rund um die beiden Rennen in Spielberg derzeit nur virtuell und dauert deshalb dreimal so lange wie üblich. „Alles zusammen ist das ein sehr komisches Gefühl. Man ist zwar da, aber irgendwie auch nicht“, meinte Saward.

Alle fünf Tage zum Test
Auch in der zweiten Spielberg-Woche wird sich wegen der Pandemie-Regeln der Formel 1 an dieser ungewöhnlichen Situation nicht viel ändern. Fahrer, Teams und Medienvertreter müssen alle fünf Tage zum Test. Die Selbstisolation galt laut dem umfangreichen „Code of Conduct“ des Weltverbands FIA auch für die Tage zwischen den Rennen und setzt sich danach auch in Ungarn fort, wo das Triple mit drei Rennen innerhalb von drei Wochen abgeschlossen wird.

Danach geht es für zwei Rennen nach Silverstone. „Das in England wird eine Riesen-Herausforderung“, ist Saward trotz der jüngsten Lockerung der Einreisebestimmungen für Spitzensportler vorsichtig. „Die Corona-Situation ist dort weit schlechter als in Österreich.“

Superserie unterbrochen
Saward hat eine permanente Akkreditierung für die Formel 1. Womöglich beendet aber Corona auch seine Superserie, weil nach jeweils drei Rennen rotiert wird, um Platz für andere Medien zu machen. „Das ist okay. Die Formel 1 steht auf dem Prüfstand und muss der Welt beweisen, dass man in einer sicheren Umgebung fahren kann“, hat Saward aber kein Problem damit. „Was notwendig ist, ist notwendig. Es geht um die Gesundheit. Aber auch die Zukunft der Formel 1.“

Nicht wie im Tennis
Auch Saward ist bewusst, dass sich die in einer Krisensituation befindliche „Königsklasse“ des Motorsports keine Blöße geben darf wie zuletzt Tennis bei der Adria Tour. Zu viele positive Tests wären eine Katastrophe für das Image der globalen Formel 1.

Schon in der Corona-Pause hatte die Formel 1 unter dem Druck der Pandemie deshalb ein Rettungspaket geschnürt. So wurde die neue Budgetgrenze für 2021 noch einmal deutlich gesenkt und die kostspielige Regelreform um ein Jahr auf 2022 verschoben. Dennoch hat für die Highspeed-Branche in Spielberg die Reise ins Ungewisse gerade erst begonnen.

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(Bild: KMM)



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