Infusionen verseucht

Drittes Baby in Mainzer Klinik gestorben

Ausland
24.08.2010 08:21
In der Mainzer Uniklinik ist ein weiterer frühgeborener Säugling nach der Verabreichung einer verschmutzten Infusion gestorben. Das sehr kleine Frühchen ist den Folgen der Verseuchung am Montagabend erlegen. Damit hat sich die Zahl der gestorbenen Babys auf drei erhöht. Der Zustand der anderen vier Kinder, der zunächst noch kritisch gewesen war, hat sich dagegen laut Klinikleitung über Nacht stabilisiert, so dass nicht mit weiteren Todesfällen zu rechnen sei.

Wie Klinikchef Norbert Pfeiffer sagte, handelte es sich bei dem jetzt gestorbenen Säugling um ein bereits in der 24. Schwangerschaftswoche geborenes Frühchen mit sehr niedrigem Geburtsgewicht, das durch seine körperliche Unreife extrem gefährdet war und intensivmedizinisch betreut werden musste. Laut dem Direktor des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin, Fred Zepp, war die organische Unreife des Frühgeborenen das "wesentliche Element, das die Probleme erzeugt hat". Normalerweise dauert eine Schwangerschaft 40 Wochen.

Der tote Säugling wurde für weitere Untersuchungen zur genauen Todesursache in die Gerichtsmedizin gebracht. "Wir sind schockiert über die aktuellen Ereignisse. Dieser weitere Todesfall löst bei allen Beteiligten große Trauer und Betroffenheit aus. In Gedanken sind wir bei den Eltern und Angehörigen des Kindes", erklärte Pfeiffer. Die beiden bereits am Samstag in der Klinikverstorbenen Säuglinge litten an einem Herzfehler. Ein Säugling war acht Monate alt, der zweite - eine Frühgeburt - zwei Monate.

Sonderkommission sucht nach Ursachen
Das Polizeipräsidium Mainz hat mittlerweile eine Sonderkommission gebildet. Die Staatsanwaltschaft erklärte: "Im Zuge der Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung wird zu klären sein, an welcher Stelle die Kontamination der Nährlösung erfolgt ist." Die Universitätsmedizin stellte die relevanten Krankenunterlagen, Untersuchungsergebnisse und auch die benutzten Präparate sowie Gerätschaften zur Verfügung. Pfeiffer betonte: "Die Suche nach der genauen Ursache innerhalb der gesamten Herstellungskette wird mit Hochdruck vorangetrieben."

Darmbakterium gelangte in Lösungen
Es sei wahrscheinlich, dass die Infusionslösungen bei der Herstellung in der Uniklinik mit Enterobacter-Bakterien verunreinigt wurden, teilte die Klinikleitung mit. Eine von 14 Untergruppen dieser Darmbakterien sei in zwei Blutproben nachgewiesen worden. Zudem sei eine zweite Untergruppe entdeckt worden, die aber noch nicht identifiziert wurde, sagte Pfeiffer.

Die Ernährungslösungen hatte die Apotheke der Universitätsmedizin aus verschiedenen Komponenten externer Hersteller selbst gemixt. Festgestellt wurde die Verkeimung vom klinikeigenen Institut für Mikrobiologie und Hygiene, das die Qualität dieser Produkte täglich überwacht. Alle möglicherweise betroffenen Patienten wurden anschließend vorsorglich medizinisch behandelt.

Alle Infusionen wurden sofort ersetzt
Die Flüssignahrung wird aus neun Komponenten externer Hersteller in der Apotheke der Universitätsmedizin für jeden Patienten individuell hergestellt. Mit Handschuhen und in einem sterilen Raum werde die Lösung in kleine Infusionsbeutel gefüllt und immer abends für 24 Stunden angebracht. Bei der täglichen Überprüfung der Infusionen sei eine "Verkeimung" festgestellt worden. Sofort sei die Nutzung der Herstellungssysteme und Lösungen gestoppt worden, alle Infusionen seien durch Präparate anderer Hersteller ersetzt worden. Bis zur Klärung der Ursache werden diese in einem alternativen Verfahren hergestellt.

Die Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg-Universität umfasst mehr als 60 Kliniken, Institute und Abteilungen sowie zwei Einrichtungen der medizinischen Zentralversorgung die Apotheke und die Transfusionszentrale. Rund 3.500 Studenten der Medizin und Zahnmedizin werden in Mainz kontinuierlich ausgebildet.

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