Schwangerschaft

Fettes Essen schadet Gehirn von Ungeborenen

Wissenschaft
18.11.2019 11:59

Eine fettreiche Ernährung der Mutter während der Schwangerschaft schadet dem Gehirn des Ungeborenen. Das zeigt eine Studie des Zentrums für Hirnforschung an der MedUni Wien. Die negativen Folgen können psychische Erkrankungen wie ADHS, Schizophrenie oder Angststörungen sein.

Die Studie untersuchte in Zell- und Mausmodellen, wie sich fettreiche Ernährung (mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren) der Mutter durch die ganze Schwangerschaft auf die Gehirnentwicklung von Ungeborenen auswirkt. Bei stark fettreicher Ernährung entwickeln Mutter und Kind demnach ein Übermaß an körpereigenen Endocannabinoiden, die bei Schwangerschaft auch von den Müttern an die Ungeborenen weitergegeben werden können. Das überfordere die entsprechenden Cannabinoid-Rezeptoren im ungeborenen Gehirn, wodurch die Gehirnzellen nicht mehr korrekt ins Gehirn integriert werden und die ihnen zugedachten Funktionen erfüllen könnten, so die Wissenschaftler.

Endocannabinoide sind Substanzen, die vom Körper selbst produziert werden. Sie sind Teil des Endocannabinoid-Systems, das als fundamentales Kommunikationssystem im menschlichen Gehirn und auch anderen Organen fungiert. Endocannabinoide reduzieren im erwachsenen Gehirn durch Bindung zu Cannabinoid-Rezeptoren die chemische Kommunikation („Neurotransmission“) zwischen Nervenzellen. Im sich entwickelnden Gehirn bestimmen sie, an welcher Stelle sich Nervenzellen positionieren und in welcher Weise sie Verbindungen miteinander eingehen. Das bedeutet, dass jede Substanz, die die Cannabinoid-Rezeptorfunktion beeinflusst, auch die Gehirnentwicklung verändert.

Blockademodus im Gehirn
„Durch eine längerfristige Überdosis an Endocannabinoiden gehen die Zellen im ungeborenen Gehirn in einen Blockademodus“ erklärt Studienleiter Tibor Harkany, Leiter der Abteilung für Molekulare Neurobiologie am Zentrum für Hirnforschung der MedUni Wien. „Die Überaktivierung der Cannabinoid-Rezeptoren modifiziert dann auch die epigenetischen Programme der Zellen. Deren Aufgabe ist es, die Genexpressionen zu kontrollieren, sind sie aber beschädigt, erfüllen die Zellen nur noch in nicht ausreichendem Maß ihre Aufgaben, zum Beispiel die Produktion von Proteinen, die als Zellbausteine oder Signalmoleküle zur Entwicklung der Kommunikationswege mit anderen Nervenzellen benötigt werden.“

Darunter leide dann die Entstehung von Verknüpfungen unter den Hirnzellen, wichtige Zellnetzwerke kämen nicht zustande. Das Ergebnis könnten psychische Krankheiten wie ADHS, Schizophrenie oder Angstzustände sein.

Schäden nicht reversibel
„Diese pathologischen Modifikationen innerhalb der Epigenetik von Nervenzellen sind nicht so einfach umzukehren“, erklärt Harkany. „Da hilft es nicht, nach der Geburt auf eine gesunde, fettarme Ernährung zu setzen, der Schaden ist bereits geschehen.“ Auch wenn die Studie auf Tiermodellen basiert, betont Harkany, dass auch andere Studien bereits schädliche Effekte beim Menschen aufzeigen und somit Hinweise auf ähnliche Wirkungsmechanismen beim Menschen gegeben werden können.

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