Whale Watching

Tadoussac: Wo „James Bond“ im Wasser planscht

Reisen & Urlaub
20.07.2019 06:30

Wale aus nächster Nähe und sogar vom Land aus beobachten, durch romantische, französisch angehauchte Altstädte flanieren - das gibt es gemeinsam nur im Osten Kanadas.

Sie jubelt, sie jauchzt, ihre Stimme überschlägt sich fast – so als wäre es das erste Mal, dass sie Wale sichtet. Dabei leitet Mathilde die Bootsrundfahrten zur Beobachtung der sanften Riesen seit vielen Jahren. Doch die beiden Buckelwale, die vor dem Bug der „Grand Fleuve“ aufgetaucht sind, haben ihre Begeisterung vollends entfacht. Es sind „Gaspar“ und „Tic Tac Toe“, die da unbeschwert spielen, weiß Mathilde sofort. Alte Bekannte eben. Sie springen, sie klatschen mit der mächtigen Schwanzflosse auf die Wasseroberfläche – die pure Lebensfreude.

Wir sind auf dem Sankt-Lorenz-Strom nahe von Tadoussac im Osten Kanadas. Wer an „whale watching“ interessiert ist, für den ist der kleine Ort, etwas mehr als 200 Kilometer und drei Fahrstunden von Quebec entfernt, ein fast zwingendes Ziel. Kaum ein anderer Punkt weltweit bietet so gute Möglichkeiten, die sanften Riesen zu beobachten. In Tadoussac muss man nicht einmal weit mit dem Boot hinausfahren, um sie zu sehen. Sie ziehen majestätisch in einem Abstand von nur wenigen Metern am Ufer vorbei.

An zwei Aussichtspunkten auf kleinen Halbinseln warten die Tierliebhaber. Es herrscht absolute Stille. Denn das erste Anzeichen, dass ein Wal sich nähert, ist das unverwechselbare Röcheln, das Einatmen durch das Luftloch. Stoßen die Wale ihre Fontänen aus, ist klar, um welche Art es sich handelt. Denn bei Finn-, Buckel- oder Blauwalen sind die springbrunnenartigen Wassersäulen unterschiedlich. Kleiner Tipp: Je größer die Fontäne, desto größer der Wal.

Tadoussac war ursprünglich ein Zentrum des Walfangs, doch das ist Vergangenheit. Gefangen wird heute hier kein einziger Wal mehr, höchstens eingefangen mit Feldstecher und Kameras. Dass so viele Wale zu sehen sind, hat einen einfachen Grund. An der Mündung des Sanguenay Fjords, ganz nah bei Tadoussac, wo sich Süß- und Salzwasser mischt, finden die Tiere reiches Futter: Krill – jene kleinen Krabben und Schnecken – die für sie Lebensgrundlage sind.

Belugas haben hier ganzjährig ihren festen „Wohnsitz“. Finn- und manchmal sogar Blauwale ziehen vor allem im Sommer ihre Bahn. Mit bis zu 33 Meter sind sie die größten Säugetiere der Welt. Die bis zu 200 Tonnen schweren Tiere verbrauchen 1,5 Millionen Kalorien täglich, wie ein Meeresbiologe einmal ausgerechnet hat. Viele von ihnen sind seit Jahren in der Gegend bestens bekannt: „Sweet lips“, „James Bond“, „Miss Frontenac“, „Snake eye“ oder „High Heels“ sind nur einige der Namen.

Man achtet auf das friedliche Miteinander zwischen Touristen und Meeresbewohnern, sagt Mathilde: „Wir halten den festgelegten Abstand zu den Walen von 400 Metern genau ein. Das Problem ist manchmal nur, dass das der Wal nicht weiß und direkt neben einem Boot auftaucht.“ Dass es den Tieren hier gefällt, steht für Mathilde außer Zweifel: „Viele von ihnen schwimmen für den Winter in den Atlantik oder die Karibik und kommen immer wieder gerne zurück. Und den Belugas scheint es auch zu gefallen.“

Tadoussac liegt im französisch-sprachigen Teil Kanadas. In den Touristengebieten versteht zwar jeder Englisch, doch in kleineren Orten ist dies eher die Ausnahme. Das Ortsbild der idyllischen Altstadt von Quebec würde man eher in Frankreich vermuten als in Nordamerika: kleine geduckte Steinhäuser, davor Straßensänger, die elegische Balladen trällern, und statt Hamburgern werden Crêpes angeboten. Wahrzeichen der Stadt ist das Hotel Château Frontenac, das an ein Zauberschloss aus einem Disney-Film erinnert. Die Terrasse bietet wunderbaren Ausblick auf den Sankt Lorenz Strom. Der ist so breit, dass sogar große Kreuzfahrtschiffe bis nach Montréal fahren können.

Die 1,5-Millionen-Einwohner-Stadt bietet sich ideal als nächstes Ziel an. Sie ist zweisprachig und ist benannt nach dem Hausberg: „Mont Royal“ oder „Mount Royal“, wie man eben will. Wer Sport betreiben mag, benutzt für den Aufstieg die 513 Stufen, die auf den Gipfel führen. Im Winter ist die Stadt wegen ihrer tiefen Temperaturen berüchtigt. Deshalb hat man eine unterirdische Stadt errichtet: Parkplätze, aber auch Geschäftszeilen, in denen es sich wunderbar flanieren lässt, sind zu erreichen, ohne ins Freie zu müssen.

Geborgter Grusel am „Edge walk“. Wieder ein Stückchen weiter flussaufwärts folgt dann Toronto. Weit überragt wird die sehr amerikanische 2,6-Millionen-Einwohner-Metropole am Lake Ontario vom CN Tower. Das 533 Meter hohe Bauwerk, das lange Zeit höchste Gebäude der Welt, wurde inzwischen mehrfach überholt und befindet sich jetzt nur noch auf Platz acht. Doch die Höhe ist hier förmlich spürbar. Wer mag, kann – natürlich angeseilt – auf einer Außenplattform flanieren: auf dem „Edge walk“. Besucher hinter der Glasscheibe können das per Video verfolgen: geborgter Grusel sozusagen.

Als krönenden Abschluss der Reise empfiehlt sich ein Besuch der nur eineinhalb Stunden entfernten Niagara Fälle. Sie sind von der kanadischen Seite viel besser zu besichtigen als von der amerikanischen. Eine Fahrt mit einem der „Maid of the mist“-Boote ist ein nasses und intensives Vergnügen.

Sie fahren möglichst nah an die donnernden Wasserfluten heran, zum Schutz gibt es einen Regenumhang. Das Farbenspiel der Scheinwerfer taucht die Fälle nachts in mystisches rotes und blaues Licht. Dass da nur noch die Hälfte des Wassers im Vergleich zu untertags die 52 Meter hohen Fälle herabstürzt merkt keiner ...

Peter Grotter, Kronen Zeitung

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele