Katias Kolumne

Was Strache und Kogler gemeinsam haben …

Österreich
19.06.2019 11:55

Was haben Heinz-Christian Strache und Werner Kogler gemeinsam? Nicht viel, würde man auf die Schnelle meinen. Eine Parallele vereint jedoch das freiheitliche Urgestein und die grüne Allzweckwaffe: Beide nehmen ihr durch mehrere Zehntausend Wählerstimmen erworbenes EU-Mandat nicht an. Ist der Wählerwille denn gar nichts mehr wert?

„Ich werde das Mandat mit Sicherheit annehmen“, sagte Spitzenkandidat Werner Kogler noch kurz vor dem Urnengang. Eine erfolgreich geschlagene Wahl und 70.000 Vorzugsstimmen später sieht die grüne Welt allerdings dann doch etwas anders aus. Den angekündigten Kampf für eine „ökologische, soziale Friedensrepublik Europa“ soll nun mit Monika Vana eine andere führen. Denn: Kogler werde als offenbar multifunktional einsetzbarer Spitzenkandidat auch bei der bevorstehenden Nationalratswahl antreten.

Das Europaparlament scheint als politischer Arbeitsplatz offenbar nicht ganz so beliebt zu sein. Auch Heinz-Christian Strache entschied sich gegen einen Einzug, obwohl ihn satte 45.000 Wähler gerne dort gesehen hätten. Er sollte später erklären, dass er Brüssel nie als seine Wirkstätte gesehen habe, sondern „immer Österreich und Wien“. Hat ihm denn bei seiner Kandidatur niemand gesagt, dass sein zukünftiger Arbeitsplatz in Brüssel und nicht in Wien ist?

Mandatsschieberei: Strategisch schlau, aber dennoch eine politische Unart
Beides hinterlässt einen fahlen Beigeschmack von Mandatsschieberei. Das ist aber keineswegs ein exklusiv vorkommendes Phänomen. Quer durch die Parteibank scheinen Postenkalkulation und strategische Überlegungen verbreitet zu sein. Wird im Wahlkampf noch das Blaue, Grüne, Türkise, Rote oder Pinke vom Himmel versprochen und das zukünftige Engagement beteuert, beginnt nach der Stimmabgabe oft der große Kuhhandel - frei nach dem Motto „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“.

Man darf allerdings auch nicht naiv sein: Natürlich gehören taktische Abwägungen zum politischen Geschäft. Die Strategie, den charismatischen und erfolgreichen Werner Kogler auch bei der Nationalratswahl einzusetzen, macht Sinn. Auch ist durchaus argumentierbar, dass Heinz-Christian Strache in Hinblick auf ein mögliches Comeback in Wien fürs Erste auf sein EU-Mandat verzichtet. Besonders elegant ist beides dennoch nicht. Es ist vielmehr eine politische Unart. Und übrig bleiben die gefrotzelten Wähler.

Sticht Strategie den Wählerwillen? Wir werden es schon bald erneut sehen …
Zu viel Postentaktik - sei sie auch noch so nachvollziehbar - verleiht Wahllisten nämlich den Mief der Beliebigkeit. Es vermittelt den Eindruck, dass die Wählerstimme ohnehin nichts zählt und letztendlich doch schnöde Strategie den Wählerwillen sticht. Dabei ist eine Vorzugsstimme ein ernst zu nehmender Vertrauensvorschuss und ein errungenes Mandat der ehrenvolle Auftrag, seine Wähler mit gebotener Redlichkeit zu vertreten. Zumindest in der Theorie.

Die kommende Nationalratswahl wird eine neue Gelegenheit bieten, zu zeigen, wie ernst es den Parteien mit dem Wählerwillen ist. Vorsichtige Prognose: Tauschgeschäfte werden wohl auch dieses Mal nicht auszuschließen sein.

Katia Wagner

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