Superintendent Rehner:

„Es ist ein Karfreitag mit bitterem Beigeschmack“

Steiermark
19.04.2019 06:00

Erstmals ist der heutige Karfreitag kein Feiertag. Vor allem evangelische Steirer sind davon betroffen, für sie ist es der höchste Feiertag im Jahr. Im Interview erzählt der steirische Superintendent Wolfgang Rehner davon, sich plötzlich als Minderheit im eigenen Land zu fühlen - und warum die Kirchen heute trotzdem voll sein werden.

„Kronen Zeitung“Herr Superintendent, wie fühlt es sich an, dass der heutige Karfreitag erstmals kein Feiertag mehr ist?
Wolfgang Rehner: Der heutige Tag hat einen bitteren Beigeschmack. Ich fühle mich an meine Jugendzeit in einem Land (Anm.: Rumänien) erinnert, das offiziell atheistisch war. Jetzt in einem Land zu leben, das sich in einer christlichen Tradition sieht, aber in dem der Karfreitag kein Feiertag mehr ist, fühlt sich wie ein arger Rückschritt an.

Welche Rückmeldungen erhalten Sie von Gläubigen?
Es herrscht absolutes Unverständnis. Die Aussage, dass sich mit der Änderung der Feiertagsregelung für 96 Prozent der Bevölkerung nichts ändert, macht für uns Evangelische klar, wie wenig Wert die Rechte von Minderheiten derzeit haben.

Nehmen sich Ihrer Wahrnehmung nach viele evangelische Steirer heute ihren persönlichen Feiertag?
Ich glaube, die meisten retten sich mit Zeitausgleich. Aber allein die Tatsache, dass sie darüber nachdenken müssen, ist schmerzhaft. Und die Feiertagsregelung wird wohl noch Jahre so bleiben, auch wenn die evangelische Kirche derzeit rechtliche Schritte einleitet.

Befürchten Sie, dass heute nun weniger Menschen in die Gottesdienste kommen?
Im Gegenteil. Ich glaube, es werden sogar mehr Menschen kommen, weil sie eine ganz neue Notwendigkeit sehen: Der Besuch des Gottesdienstes heute ist für viele ein Bekenntnis zu ihrem Glauben - und zu den Rechten von Minderheiten.

Welche Reaktionen haben sie von Seite der katholischen Kirche erlebt?
Speziell in der Steiermark gab es sehr viel Solidarität, was mich sehr berührt hat. Bischof Wilhelm Krautwaschl etwa hat sich sofort bereiterklärt, beim ökumenischen Gottesdienst heute um 12 Uhr am Grazer Färberplatz das Evangelium zu lesen. Und der Grazer Stadtpfarrpropst Christian Leibnitz hat unlängst überhaupt vorgeschlagen, für den Karfreitag einen Marienfeiertag aufzugeben.

Welche Bedeutung hat der Karfreitag für Sie persönlich?
Es ist für mich vor allem ein Tag des Innehaltens, an dem man sich fragt, welche Rolle das Leid in unserer Welt spielt. Das ist ein Thema, das man sonst gerne verdrängt, das aber Bestandteil unseres Lebens ist. Und gerade am Karfreitag denken ja nicht nur Christen darüber nach, sondern wir alle. Das stört mich persönlich fast am meisten an dieser Diskussion über die neue Karfreitags-Regelung: Es geht eigentlich nur noch um arbeitsrechtliche und wirtschaftliche Interessen und nicht mehr um die religiöse und spirituelle Bedeutung, die dieser Tag eigentlich haben sollte.

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