Katias Kolumne

Wie viel Eigenverantwortung ist uns zumutbar?

Österreich
13.03.2019 12:00

Nach dem viel diskutierten „Kuh-Urteil“ plant die türkis-blaue Regierung einen sogenannten Aktionsplan für sichere Almen. Ein Verhaltenskodex und eine Gesetzesänderung sollen zukünftig Almbesuchern mehr Selbstverantwortlichkeit abringen. Wenn wir schon einmal bei dem Thema wären: Ist dem mündigen Bürger nicht auch in anderen Lebensbereichen mehr Eigenverantwortung zumutbar?

Stein des Anstoßes für die Diskussion und die nun geplante Gesetzesänderung war der tragische Tod einer deutschen Touristin, die mit ihrem Hund auf einer Alm im Stubaital unterwegs war. Der Hund schien bei den auf der mit Warnhinweisen beschilderten, aber nicht umzäunten Fläche weidenden Mutterkühen Stress ausgelöst zu haben, woraufhin diese die Halterin in ihrem Schutzinstinkt zu Tode trampelten.

Strengere Regeln für Almbetreiber?
In der Folge verurteilte das Tiroler Landesgericht den Almbauern in erster Instanz zu einer Schadenersatzzahlung von 490.000 Euro, was von vielen als zu hoch kritisiert wurde. Bauern fürchteten um ihre Existenz und drohten mit der Schließung ihrer Almen für Wanderer - zu groß war die Angst davor, selbst in eine ähnliche Situation zu schlittern. Es ist ein schrecklicher Fall, das steht außer Frage. Doch hätte er durch mehr Hausverstand und Eigenverantwortung oder vielmehr durch strengere Regeln für Almbetreiber vermieden werden können?

Der Gesetzgeber kann nicht alle Lebenslagen regeln
Diese Frage beschäftigte auch die Bundesregierung. Sie entschied sich dafür, in Zukunft im Schadensfall nicht nur allein den Tierhalter in die Pflicht zu nehmen, sondern dabei auch das Verhalten von Almtouristen zu berücksichtigen. Dieser Schritt ist zwar grundsätzlich begrüßenswert, immerhin ist er um die ausgewogene Betrachtung des Einzelfalls bemüht, allerdings ändert er nichts daran, dass der Gesetzgeber nicht alle Lebenslagen mit Verboten und Geboten regeln wird können.

Video: Regierung präsentiert Almen-Aktionsplan

Oft reicht eine gesunde Portion Vernunft
Viel wichtiger als angemessene Schadenersatzregeln ist nämlich die Vernunft, die einem sagt, etwas zu tun oder besser nicht zu tun. Nur dass ein gewisses Verhalten nicht sanktioniert wird, bedeutet nicht, dass man es unbedingt machen muss. Wenn etwa auf Deutschlands Autobahnen streckenweise kein Geschwindigkeitslimit besteht, soll niemand angeleitet sein, das Gaspedal ständig durchzudrücken. Umgekehrt kann man nur den Kopf schütteln, wenn in den USA einer Mc-Donald´s-Kundin 2,86 Millionen Dollar (rund 2,53 Millionen Euro) Schadenersatz zugesprochen werden, weil sie sich an einem zu heißen Kaffee die Lippe verbrannte - in diesem Fall hätte wohl auch eine gesunde Portion Vernunft gereicht.

Es braucht mehr Mut zum Hausverstand
In der Regel wird einem Touristen, der kein Anwalt oder Richter ist, bei seiner Wanderung nicht bewusst sein, was wann wie gerade noch erlaubt ist und wo seine Haftung anfängt. Folglich hilft nur eine altbewährte Orientierungshilfe: Auch in Zeiten der Lust am Überregulieren sollte man sich immer wieder trauen, ihm zu trauen - dem Hausverstand.

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