14.09.2018 10:32 |

„Sind überrascht“

EU-Parlamentarier kennt neues Urheberrecht nicht

Das EU-Parlament hat am Mittwoch zwei richtungsweisende Entscheidungen getroffen. Die erste und aufsehenerregendere war die zur Eröffnung eines Rechtstaatsverfahrens gegen Ungarn. In der zweiten Abstimmung wurde ein neues Urheberrechtsgesetz beschlossen, das unter anderem sogenannte Upload-Filter beinhaltet. Eine der treibenden Kräfte für dieses neue Gesetz war CDU-Politiker Axel Voss. Wie sich nun zeigt, weiß er allerdings selbst nicht so recht, was da in Brüssel genau beschlossen wurde.

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Der Beschluss sorgte am Mittwoch für große Aufregung im Netz. Mit relativ deutlicher Mehrheit wurde das neue Urheberrechtsgesetz im EU-Parlament abgesegnet. Die konservative Fraktion rund um Voss jubelte, Internetaktivisten und IT-Experten verzweifelten. Insgesamt 250 Abänderungsanträge wurden in den vergangenen Monaten eingebracht, bevor das Gesetz beschlossen werden konnte.

Upload-Filter gegen Urheberrechtsverletzungen
Einer der umstittensten Punkte des neuen Gesetzes sind die sogenannten Upload-Filter. Große Websites wie etwa Facebook und YouTube werden dazu verpflichtet, solche Filter zu installieren. Sie sollen schon beim Upload von Inhalten automatisch überprüfen, ob es sich um urheberrechtlich geschütze Inhalte handelt. Satire können diese Filter aber zum Beispiel nicht erkennen. Viele Memes könnten so in Zukunft abgelehnt werden. Ebenso könnte es Kritikern zufolge passieren, dass Inhalte zwar korrekt zitiert, von den Filtern aber dennoch nicht akzeptiert werden.

Selfies aus dem Fußballstation strafbar
Auch für Sportfans wird es wegen des neuen Gesetzes erhebliche Änderungen geben. So macht man sich beispielsweise künftig strafbar, wenn man im Fußballstadion ein Selfie macht und es ins Netz stellt. Die Rechteinhaber sollen das Exklusivrecht für alle Bilder und Videos von Sportveranstaltungen bekommen.

„Werden das erst noch besprechen“
Dieser Punkt ist für Voss offenbar neu. „Wir sind überrascht, dass das im Text ist, und wir werden es erst noch besprechen“, erklärte der Deutsche in einem Interview mit einem schwedischen Journalisten. Das verblüfft. Voss hat offenbar monatelang für ein neues Gesetz geworben, dessen Inhalt er nicht genau kennt - und das, obwohl der Entwurf seinen Behauptungen zufolge von ihm selbst stammt. Dass das nur teilweise stimmen dürfte, ist schon länger bekannt. Teile des Entwurfs dürften von einer Mitarbeiterin der EU-Kommission verfasst worden sein.

Voss wird von Kritikern immer wieder fehlendes Fachwissen vorgeworfen. Diese Behauptung dürfte nicht ganz aus der Luft gegriffen sein: Erst vor wenigen Monaten war er erstaunt darüber, dass jedermann Bilder auf Wikipedia stellen kann.

Thomas Zeitelberger
Thomas Zeitelberger
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