Eröffnungsmarathon

Salzburger Festspiele: Mozart, Mond und Mars

Salzburg
28.07.2018 13:05

„Widersprechen wir jenen, die den europäischen Untergang herbeireden“: Mit diesem Satz bringt es Salzburgs Festspiel-Präsidentin Helga Rabl-Stadler an diesem glühend heißen Freitagmittag auf den Punkt. Die Sorge um ein friedliches Europa zieht sich den ganzen Tag über durch den Festspielmarathon, sie beherrscht auch die Gespräche mit Englands Premierministerin Theresa May, die mit Kanzler Kurz am Abend die Premiere der „Zauberflöte“ besuchte (siehe Video oben).

In der Oper findet Papageno im Tempel der Weisheit sein Glück, doch vorerst muss er mit seiner Pamina Prüfungen bestehen: Tugendhaft. Löblich. Verschwiegen. So soll er sein.

Treffpunkt um 10 Uhr das Kaffeehaus - natürlich - Mozarts. Wilfried Haslauer begrüßt seine Bürgermeister aus dem Land, die Stärke der Salzburger ÖVP. Sechs Reihen Bundesheer. In der Ferne sieht man eine Bettlerin aus dem EU-Staat Rumänien an der Mauer lehnen. Der Bundespräsident kommt. Zackige militärische Begrüßung.

Der Tross setzt sich in Bewegung, Staatsoberhaupt und Landeschef an der Spitze. Eine Hundertschaft von Polizisten bildet eine „Rettungsgasse“ in den engen Straßen der Altstadt. Vor allem Touristen applaudieren. Die Musik intoniert den „Rainermarsch“: „Wir schützten unser Vaterland, wir siegen oder sterben für unsere Heimat!“ Das neu errichtete Denkmal für die Bücherverbrennung 1938 schaut keiner an.

Am Weg, in der Galerie Welz, hat man Eduard Angelis „Lagune mit Mond“ ausgestellt, am Abend ist Jahrhundert-Mondfinsternis.

Felsenreitschule. Festakt. 206 Aufführungen. 42 Tage. 18 Spielstätten. Samstag ist hier „Salome“-Premiere. In den historischen Gemäuern werden im September die EU-Regierungschefs tagen. Die Salzburger sind stolz auf den Europa-Gipfel. Nur dass ihre traditionelle Schranne, eine Art bäuerlicher Naschmarkt, entfallen muss, das gab es noch nie.

Wilfried Haslauer philosophiert sich genial durch die Geschichte: 1918 und 1938. Stefan Zweigs Haus am Kapuzinerberg nannten sie das „Haus Europa“. Die Welt von gestern.

Der Bundespräsident ernst und dann ziemlich locker: Die Pradler Ritterspiele habe er gesehen, da werde nach Applaus das Köpfen auf der Bühne wiederholt.

Beim Essen in der Alten Residenz, ehemals Sitz der Fürsterzbischöfe, sind die Tische nach den Stücken dieses Sommers benannt: Nur die Tafel mit der Aufschrift „Hunger“ bleibt leer.

Sicherheit total am Nachmittag: Die Landtagspräsidentin holt Theresa May vom Flughafen ab. Na ja, irgendetwas über Salzburg als europäische Stadt werde sie im „Small Talk“ schon anbringen. Vielleicht. Kanzler Sebastian Kurz empfängt May im Hotel Sacher, das Bombensuchhunde vorher penibel durchschnüffelt haben.

Video: May und Kurz: Arbeitsgespräch vor den Festspielen

Während Kurz und May um 23 Uhr das gute Ende der „Zauberflöte“ erleben - die Königin der Nacht wird von Sarastro in die ewige Nacht gestürzt, Tamino und Pamina sind im Kreis der Eingeweihten aufgenommen - haben Tausende Salzburger längst die Hitze der Stadt verlassen und bei klarer Nacht auf den nahen Bergen den roten Mond und den Mars betrachtet. Ein Jahrhundertschauspiel.

Hans Peter Hasenöhrl, Kronen Zeitung

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