Experte schlägt Alarm:

„Das Mittelmeer droht zur Plastikfalle zu werden“

Wissenschaft
08.06.2018 06:39

Das Mittelmeer geht laut der Umweltorganisation WWF in Plastik förmlich unter. Besonders für Mikroplastik seien wahre Rekordmengen nachgewiesen worden, wie zum Tag der Meere am Freitag mitgeteilt wurde. Die Konzentration der winzigen Kunststoffpartikel sei fast vier Mal so hoch wie im nördlichen Pazifik. Bis zu 1,25 Millionen Fragmente finden sich pro Quadratkilometer.

Der im Mittelmeer und an seinen Stränden gefundene Abfall bestehe zu 95 Prozent aus Kunststoff, hauptsächlich aus der Türkei und Spanien, gefolgt von Italien, Ägypten und Frankreich. Die Beliebtheit als Urlaubsziel verschärfe das Problem. „Während der Sommermonate steigern jährlich 320 Millionen Touristen die Abfallbelastung des Meers um 40 Prozent“, kritisierte der WWF.

„Europa muss seine Struktur für Entsorgung verbessern“
„Das Mittelmeer ist fast vollständig von besiedelten Küsten umgeben und droht zu einer Plastikfalle zu werden“, sagte Axel Hein, Meeresbiologe des WWF Österreich. „Durch ungesicherte Mülldeponien in Meeresnähe, illegale Abfallentsorgung in Flüsse, aber auch touristische Aktivitäten gelangt der Plastikmüll ins Mittelmeer.“ Hauptverantwortlich seien Lücken im Abfallmanagement der meisten Anrainerstaaten. Flüsse tragen Abfälle dann ins Meer - vor allem der Nil, der Ebro, die Rhone, der Po und die türkischen Flüsse Ceyhan und Seyhan.

„Europa produziert enorme Mengen Plastikmüll und muss seine Struktur für Abfallentsorgung und Recycling verbessern“, forderte Hein. „Auch der Tourismussektor ist gefragt und sollte den Ausbau der Infrastruktur in den Destinationen unterstützen. Hotels und Schiffe müssen wirksame interne Abfallsammelsysteme einrichten und den Müll vollständig trennen.“

Starke Belastung für die Tierwelt
In der Tierwelt des Mittelmeers habe das Problem deutliche Spuren hinterlassen. 18 Prozent der Thunfische und Schwertfische haben laut WWF Plastik im Magen, vor allem Zellophan und PET. Im Pelagos-Walschutzgebiet im nordwestlichen Mittelmeer seien mehr als 56 Prozent des Planktons schwer verunreinigt. Finnwale, die Wasser durch ihre Barten filtern, seien im Schutzgebiet fast fünfmal stärker mit Schadstoffen belastet als in weniger verschmutzen Regionen.

Weitere Fakten laut WWF: Das Mittelmeer gilt als sechstgrößtes Sammlungsgebiet für Meeresmüll. Es enthält ein Prozent des Wassers auf der Erde, aber sieben Prozent des weltweit verteilten Mikroplastiks.

Bis zu 150 Plastikfragmente in Tiermägen
134 Tierarten sind betroffen. So hätten alle im Mittelmeer lebenden Meeresschildkrötenarten Kunststoffe aufgenommen. Bis zu 150 Plastikfragmente wurden in den Mägen einiger Tiere gefunden. Im Mittelmeerraum leben 150 Millionen Menschen, die mit 208 bis 760 Kilogramm Müll pro Kopf und Jahr zu den weltweiten größten Verursachern fester Siedlungsabfälle zählen.

2016 produzierten die 28 EU-Staaten gemeinsam mit Norwegen und der Schweiz 60 Millionen Tonnen Plastik und erzeugten 27 Millionen Tonnen Plastikmüll. Nur 31 Prozent des Müllaufkommens wurden laut WWF recycelt, 27 Prozent kamen auf Deponien, der Rest wurde verbrannt.

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